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LivIzM Leirtung siir veutrcklsntl

lVir lasen in diesen Tagen die Telegramme L>er livländischen Ritterschaft
und der deutschen profcssoren und Studenten der alten deutschcn Hochschule
Dorpat mit worten des heißen Dankes für die Errettung aus Drangsal
und Not, mit der Bitte um dauernden Schutz des Deutschen Rciches für
seine älteste Äolonie, mit dem Gclöbnis, in unwandclbarer Treue, mit Gut
und Blut immerdar eintreten zu wollen für dic Größe des deutschen Vatcr-
landes; wir lascn die huldvolle Antwort des Raisers — und lasen auch dic
unhuldvolle dcs Abgeordneten Lrzberger.

„Dank der Livländer" lautete in den Zeitungen die Ueberschrift. Ls
wird an der Zeit sein, daß auch das Muttcrland srch darauf bcsinne, welchen
Dank es seinerseits seiner alten Rolonie schuldct. Lennten wir etwas besser
die deutsche Geschichte, so würden Herr Lrzberger und Genossen iricht
wagen dürfen, deren deutliche und starkc Tatsachen durch öde Doktrinen
niederschlagen zu wollen.

Ls war in der Zeit der staufischen Laifer, als unser volk die Ostsee
wiedergewann, an der es in graucr vorzeit schon gescssen hatte. Das
Laisertum brach zusammcn, Deutschland zersplitterte in Hunderte von
Territorien, und so blieb die politischc Hrucht des großen Iahrhunderts
der Lolonisation unvollkommen. Dic zurückgedrängte slawische welle
flutete wieder vor, die polen crreichten wieder die Ostsee, preußen und
Livland wurden voncinander und bcide vom Rcich abgeschnitten. was cs
für spätere Iahrhunderte der deutschcn Geschichtc bcdeutet hat, daß preu-
ßen, wenn auch geschwächt, nicht gänzlich untcrging, wciß heute jedermann
— viclleicht sogar in Biberach. Abcr nur wenigen ist es klar bewußt, was
der zähcn Selbstcrhaltungskraft der livländischen Lolonie zu dankcn ist.
Schon um die Zeit, als sie gegründet wurde, hattcn die Großrussen und die
griechische Lirche ihre Händc nach diesem Teil der baltischcn Lüstc ausge-
streckt. Man stclle sich vor, was gcworden wäre, wenn damals Liv-, Lst-
und Lurland anstatt von Deutschcn von Russen kolonisiert worden wäre.
Der livländische üvrdensstaat hat zunächst im ?3. Iahrhundcrt die Russcn
zurückgeworfen. Lr hat dann in preußen immer wiedcr dcn Lampf mit
ihncn aufnchmen müssen. Auf den deutschen Reichstagen des zö. Iahr-
hunderts hörtc man seinc Hilferufe. Abcr nichts geschah, ihn zu stützen.
So brach auch er zusammen. polen, Schweden, Russen haben dann andert-
halb Iahrhunderte lang um den Besitz des Landes, das der Schlüssel zum

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