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Als ein sehr beachtenswerthes junges Talent trat Wilhelm
Rief stahl auf mit einer „nordischen Heide", zu der das Motiv
von Rügen genommen war. Dunkler DünenvorgrUnd mit Ge-
büsch, ein grauer Himmel mit einem aufleuchtenden weissen
Streiflicht am Horizont und düsteres Meer, ein Stück Ossian-
schauplatz mit poetischem Sinn und Naturwahrheit wiedergegeben.

Uns bleibt nun noch, die Düsseldorfer zu nennen, die uns
mit Zusendungen erfreut hatten. J. W. Schirmer zeigte uns
in zwei Bildern „ Morgenheiterkeit" und „Waldesdämmerung",
denn mit solchen oder ähnlichen Ausdrücken muss man seine
landschaftlichen Sedierten bezeichnen, wie der Katalog es auch
ungefähr that. Wer wüsste nicht, mit welchem Erfolg der
Meister solche Stimmungen, die Seelenaffecte der Natur, wie
wir die Veränderungen von Licht, Luft u. s. w. kurz nennen
wollen, dass er diese mit dem sorgfältigsten Studium der Na-
turformen, mit einer fast botanischen Genauigkeit seiner kräuter-
und Pflanzenreichen Vordergründe in den glücklichsten Einklang
zu bringen versteht?

Andreas Achenbach bewährte sich durch zwei Meister-
stücke, eine „Marine" und den „Wener See" in Schweden.
Letztere Landschaft gehörte mit zu den Perlen der ganzen Aus-
stellung. Es war eine Fülle von Beobachtungsgabe und Natur-
wahrheit darin niedergelegt und der Uebergang von einer Stim-
mung in die andere dargestellt: von der Sonnenheiterkeit zum
Sturm, der die dunklen Wolken hinter den dunklen Tannen
heraufbeschwört, die grauen Wellen kräuselt und den Sonnen-
streifen bald aus den Büschen jagen wird. — Auch Oswald
Achenbach lieferte ein vortreffliches Stück: „Waldlandschaft
im Mondschein", dessen ausgezeichnete Haltung und poetischen
Reiz wir bewunderten. Dasselbe gilt von der „ Winterlandschaft
im Mondschein" von A.Weber. Wir werden in unserer näch-
sten Nummer Gelegenheit haben, auf diesen ausgezeichneten
Coniponisten landschaftlicher Scenerie zurückzukommen, und
führen schliesslich noch Gustav Lange's höchst gelungene
Leistung, eine „Landschaft, bei herannahendem Gewitter" mit
der grössten Anerkennung an. (Schluss folgt.)

lieber ein Gemälde von Lukas Kranach, im Museum der
Stadt Leipzig.

Als die Gemälde - Sammlung des Leipziger Kunstvereins im
vorigen Jahre der Stadt Leipzig übereignet und dadurch das
städtische Kunst-Museum begründet worden war, wurden die-
sem neuen Museum auch einige ältere Gemälde einverleibt,
welche sich, zeither auf der Stadtbibliothek zu Leipzig befunden
halten. Unter Letzteren befindet sich ein kleineres Bild von
Lukas Kranach, welches sowohl als vortreffliche Kunstleistung
dieses Meisters, wie auch wegen seiner Eigenthümlichkeit eine
besondere Beachtung verdient, und welches zwar schon ver-
schiedentlich rühmend erwähnt, aber nirgends so ausführlich
und kritisch geschildert worden ist, wie in der nachstehenden
Beschreibung eines hiesigen Kunstfreundes, welche wir daher
in ihrem ganzen Umfange hier wiedergeben.

Im städtischen Museum zu Leipzig verweilen die Beschauer
besonders gern bei einem kleineren Gemälde von Lukas Kra-
nach d. ä., mit dessen Zeichen es versehen und dessen Manier
darin auf das unverkennbarste ausgesprochen ist.

Das Bild, welches wir mit der Benennung
„der Sterbende"
bezeichnen wollen, ist von massiger Grösse (kaum 4 Fuss hoch

und nicht ganz 2 Fuss breit, ohne den Rahmen) und war für
eine Familie bestimmt. Hierüber geben die (lateinischen) Worte
Auskunft, welche den oberen Abschnitt in einem Halbkreise
umlaufen:
„Zum Andenken an seinen guten Vater Hess dies fertigen Hein-
rich Schmidtburg, der Rechte Doclor zu Leipzig, 1518."
Den Horizontalstreifen des Halbkreises bilden die Worte:

„Seine Barmherzigkeit ist grösser als seine Werke. Psalm 144."
Dieser Psalm enthält zu Anfang den auf den Gegenstand des
Gemäldes anwendbaren Hauptgedanken: „dass Schutz und Erret-
tung von Gott komme, der Mensch aber ein Nichts sei und
seine Lebenszeit vorüberfliege, wie der Schatten einer Wolke
über die Flur."

Der erwähnte Halbkreis schliesst eine besondere Darstel-
lung ein. Wir erblicken fünf Personen vor einer Kirche knie-
end, in welcher der Küster eine Glocke zieht. Die mittelste
Person ist unstreitig der Dr. Schmidtburg, vor ihm vermuth-
lich seine Frau und Tochter, hinter ihm vielleicht sein Schwie-
gervater und Schwager. Sie beten, jedoch ohne Rosenkränze,
für die Seele des Verstorbenen und ihre Fürbitte ist an die
Himmelskönigin gerichtet, welche von geflügelten Engelsköpf-
chen umgeben über ihnen thront.

Die Hauptdarstellung befindet sich unter jenem Horizon-
talstreifen und zerfällt wieder in eine himmlische und irdische
Scene, welche in einander so verwebt sind, dass sie ein un-
trennbares Ganze bilden. In der Mitte der Himmelsscene be-
findet sich die Dreieinigkeit, von einem goldgelben eirunden
Nimbus umgeben. Gott-Vater, mit dreifacher Krone auf dem
Haupte, hält den nackten Christus in den Armen, dessen Kreu-
zeswunden noch bluten und welcher die durchbohrten Hände
ausgebreitet zeigt. Ueber seiner Dornenkrone schwebt die hei-
lige Taube. In seinem Schoosse ruht ein Lämmchen mit der
Siegesfahne, wie ein Bild im Bilde, denn Christus selbst ist ja
symbolisch das Lamm, welches der Welt Sünden trägt. — Die
Gruppe der Dreieinigkeit spricht den Gedanken aus, dass durch
Christus, welcher für die Sünden der Menschen am Kreuze
starb, der reuige Sünder Gnade bei Gott finden könne. — Am
Umfassungsrande läuft die (lateinische) Inschrift doppelt hinan:

„Heiliger Herr Gott Sabaot."
Zur Rechten Gottes (links im Bilde) tritt Maria von sechs Frauen
begleitet heran. Sie erscheint als Himmelskönigin, also in ihrer
ganzen Würde. Ueber ihr befinden sich die (griechischen) Worte:

„Unsere Errettung durch Gott."
Auf der andern Seite nähert sich Johannes der Täufer mit sechs
Männern (Heiligen) und darüber stehen (lateinisch) die Worte:

„Erlösung durch das Lamm."
Ueber beiden Gruppen schweben je 3 Engel und ringsherum
Engelsköpfe, so dass sich eine arithmetische Uebereinstimmung
kundgiebt. Es bedarf übrigens kaum der Andeutung, dass in
den zwei Seitengruppen die heiligen Fürsprecher dargestellt
sind, welche sich für die Begnadigung der Seele verwenden.

Diese Seele ist die des älteren Schmidtburg, wel-
chen wir unten in der Erdenwelt auf dem Sterbebette er-
blicken. Er ist eben im Verscheiden und fasst mit beiden Hän-
den die geweihte Kerze, inbrünstig nach dem Crucifix blickend,
welches ihm ein Priester vorhält. Die Kerze sollte sinnbildlich
den dunkeln Pfad des Todes erhellen und der Anblick des Ge-
kreuzigten Entsühnung hoffen lassen, während der Geistliche
ihm die (im Bilde übergeschriebenen) Worte zuruft:
„Bereue Deine Sünde, flehe um Vergebung, und hoffe auf
Barmherzigkeit!"
Die Physiognomie des Geistlichen, welcher dem Sterbenden
Trost spendet, hat ein so markirles Individualgepräge, dass
wir in ihm einen Freund des Lukas Kranach zu sehen glauben,
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