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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 34.1914

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Behrendt, Walter Curt: Das Pathos des Monumentalen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7447#0227

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ARCHITEKT PAUL THIERSCH BERLIN.

LANDHAUS SYLA—NEUMARK«

DAS PATHOS DES MONUMENTALEN.

Auf allen Gebieten künstlerischen Schaffens,
1\. in der Malerei und Plastik sowohl wie in
der Architektur, zeigt sich heute ein reges
Streben nach Ausdruck, nach Rhythmus und
Monumentalität, mit einem Wort nach großem
Stil. In der Malerei haben diese Bestrebungen be-
reits zu einer sehr eigenartigen Fortentwicklung
des Impressionismus geführt, zu einer neuen
Art von künstlerischer Abstraktion, in der die
Zufälligkeiten der organischen Erscheinung, das
Wechselnde und Momentane des darzustellen-
den Gegenstands zu Gunsten einer gewollten
Charakteristik oder eines ornamentalen Rhyth-
mus absichtlich unterdrückt sind. Das Natur-
vorbild wird nur noch als Mittel zur Darstel-
lung irgend einer künstlerischen Erregung ge-
nützt, es wird in einen stark empfundenen
farbigen oder linearen Rhythmus umgesetzt,
der sich in der Gesamtkomposition zu einem
ausdrucksvollen ornamentalen Gebilde zu-
sammenschließt. Die Natur wird entnatu-
ralisiert, dekorativ umgedeutet und stilisiert

zum Zwecke vergeistigter Monumentalwir-
kungen. In der Plastik verfolgen Minne, Haller
und vor allem Barlach ähnliche Ziele. Was die
Architektur betrifft, so steckt die von gleichen
Ideen getragene Bewegung noch in den An-
fängen. Hier wird noch immer in akademischer
Weise mit fertigen Formen gearbeitet. Zwar
werden auch diese Formen der Darstellung
eines klangvollen Rhythmus nutzbar gemacht;
doch anstatt sie umzubilden und zu Trägern
eines neuen, starken Ausdrucks zu machen,
wird mit ihrer Hilfe die klotzige Kraft, die schon
der nackten Darstellung derBauidee innewohnt,
nur verhüllt, es wird das gewaltige Pathos des
kubischen Formgedankens durch banale deko-
rative Zutaten verniedlicht, abgeschwächt und
soweit ins Gefällige herabgemindert, daß es für
den verweichlichten Geschmack des Bürgers
erträglich und annehmbar bleibt. Die großen
Bauaufgaben der Zeit, für die sich weder der
Art noch dem Maßstab nach in der Vergangen-
heit irgendwelche Vorbilder finden lassen, ver-

1914. IX. 8.

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