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Falke, Otto von; Lessing, Julius
Kunstgeschichte der Seidenweberei: eine Auswahl der vorzüglichsten Kunstschätze der Malerei, Sculptur und Architektur der norddeutschen Metropole, dargestellt in einer Reihe der ausgezeichnetsten Stahlstiche mit erläuterndem Texte (Band 1) — Berlin, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.19016#0073
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vornehmer und kostbarer Besatzschmuck der Tuniken verwendet. In der höheren Bewer?
tung der Seidenbesätze lag naturgemäß der Antrieb für die Wirkerei, sich dem neuen Brauch
anzupassen und mit ihren Mitteln Ähnliches zu scharren. Die Seidenstoffe waren ein Anlaß
für den Übergang zur Buntwirkerei und für die im Koptenstil vorherrschende Kreisform
der Bildfelder. Hier ist die unmittelbare Abhängigkeit ganz augenfällig, denn bei den meisten
gewirkten Rundbesätzen (wie bei den Abb. 24 u. 25) sind die einrahmenden Kreisbänder
nur mehr oder minder gut gelungene Nachbildungen jener Kreisbandmuster mit Blüten*
füllung, die ein Hauptmerkmal der alexandrinischen Seidenstoffe des 6. und 7. Jahrhun?
derts bilden. Das Kaiser Friedrich Museum und das South Kensington Museum besitzen
die Teile eines breiten Tunikabesatzes koptischen Stils, der in Buntwirkerei ein dem Ver?
kündigungsstoff des Vatikans (vgl. T. 6) gleichartiges Gewebe wiedergibt. Andere Wirk?
stücke verraten durch die Verdopplung des Musters, durch symmetrische Gegenüberstellung
von Reitern oder Tieren den Einfluß der Seidenweberei; besonders häufig sind für Streifen?
besätze Rapportmuster aus Ranken und Bändern in Rautenordnung verwendet.1) Die
gewebten Seidenvorbilder sind noch vielfach vorhanden (z. B. T. lb u. T. 5) und es ist be?
achtenswert, daß nur Gewebe ägyptischer Herkunft nachgewirkt wurden, persische Seiden?
stoffe dagegen nicht.

C. Wirkereien aus Antinoe.

Eine Ausnahme davon machen allein dieTextilfunde aus Antinoe. Die Mehrzahl ge?
hört zwar zu den aus Achmim und anderen Nekropolen bekannten Gattungen hellenisti?
sehen und koptischen Stils. Außerdem aber sind in geringerer Zahl aus den Gräbern der
Hadriansstadt Wirkereien und Seidenstoffe als Gewandbesätze zutage gekommen, die für
eine örtliche Textilkunst von eigenartigem Gepräge Zeugnis ablegen. Die Gründung Ha?
drians, des begeisterten Verehrers hellenischen Wesens, war vorwiegend von Griechen be?
siedelt, und es scheint, daß zur Blütezeit Antinoes die Kunstpflege dort auf hoher Stufe
stand. Dem Textilmuseum in Lyon ist aus Antinoe ein ansehnliches Stück einer griechischen
Wollwirkerei zugegangen, die nicht als Kleiderzierat, sondern als ein großes, bildmäßiges
Einzelstück geschaffen war. Auf blauem Grund sind in naturalistischen Farben und in freier
Anordnung gut gezeichnete Fische dargestellt, deren plastisch?realistische Wirkung durch
dunkle Schlagschatten gesteigert wird. DieVer?
wandtschaft mit griechisch ? römischen Mosaik?
bildern weist dieses Meisterstück malerischer
Wirkarbeit in die vorkonstantinische Zeit, etwa in
das 3. Jahrhundert nach Chr. Man muß es als ein
in Antinoe selbst, somit nach dem Gründungs?
jähre 122 entstandenes Werk ansehen, weil die?
selbe Farbigkeit, die hoch über der lebhaften, oft
grellen Buntheit des Koptenstils steht, in den
jüngeren Wirkereien der Hadriansstadt noch fort?
lebt. Eigentümlich bleibt hier ein tiefblauer
Grund, von dem sich die gewirkten Muster in
klaren, vielfach abschattierten Farben — hellgrün,
gelb, orange, rosa, zinnoberrot, hellblau — ab?
heben. Im 6. Jahrhundert macht sich ein starker
Einfluß der Seidenmuster von Antinoe bemerk?
bar: bald werden die griechischen Streu? und

0 Gerspach 81, 91, 97, 128.

Abb. 27. Aegyptische Buntwirkerci 6. Jahrh.
Oesterr. Mus. in Wien.

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