Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
handlungen, sowie von allen Postämtern und
Zeitungsexpeditionen angenommen.
-wr-n Erscheinen wöchentlich. Subskriptionspreis XII. Äd.
=" W • für den Band von 24 Nummern 3 fl. 54 kr.
2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. ob.2'/, Sgr.
Brief eines Kranken ans einer Kaltwasserheilanstalt.
yAptax6v p.sv 5oo)p.
Lieber Freund!
Du kennst meine jahrelangen Leiden, Du weißt, wie ich stets Blutan-
drang nach dem Kopfe hatte, der mir Ohrensausen verursachte, daß ich in
Wahrheit sagen konnte: „der Kopf brummt mir." Ich habe mich bereits
auf gastrische Leiden, auf nervöse Zufälle, auf Leberbeschwerden und Hämor-
rhoiden curiren lassen, bin aber bis dato noch nicht gesund geworden. Ich
nahm bittere und süße, saure und salzige Arzneien, es half nichts, der Kopf
brummte mir immerfort. Endlich habe ich mich zur Wassercur entschlossen
und befinde mich seit acht Tagen hier in ***, von wo aus ich Dir schreibe,
um Dir einen Begriff von dieser höchst wohlthuenden Heilmethode beizu-
bringen. Die Methode besteht in folgender Behandlungsweise.
Des Morgens liegt man gewöhnlich in
den süßesten Träumen, allein Träume sind
dem Körper nachtheilig, also werde ich —
wie alle Andere — Punkt 4 Uhr geweckt.
Ich reibe die Augen aus, finde mich sehr
behaglich in der Bettwärme, allein auch diese
ist dem Körper nachtheilig. Der Badewärter
bringt also ein Leintuch, in eiskaltes Wasser
getaucht, ich entledige mich meines letzten
Feigenblattes und werde in dieses nasse Tuch
eingewickelt. Schade, daß Muhamed das
nicht gekannt hat, er hätte seinen Gläubigen
auch diese wonnige Empfindung dereinst im
Paradiese verheißen. Der Frostschauer, der
angenehme, der sich in etwas Zähncklappern
kund thnt, verschwindet indessen allmählig
und ich gerathe in einen gelinden, nach und
nach heftiger werdenden Schweiß. In diesem
Zustande läßt man mich drei bis vier Stun- j
den liegen und ich ergötze mich während der-
selben mit Nachdenken über allerhand erfreu-
liche Gegenstände, z. B. über eine Tasse
Kaffee, die ich nicht bekomme, über die Be-
haglichkeit einer Morgenpfeife im Schlafrocke
auf dem Sopha, die mir so, eingewickclt wie
eine Mumie, im rosigsten Lichte erscheint. Ist
das Schwitzen auf den höchsten Punkt ge-
stiegen, kommt der Badewärter, hebt mich auf,
packt mich auf einen kleinen Wagen und
führt mich nach einer Versenkung. Rasch
wie Samiel im Freischütz fahre ich auf dieser
in die Unterwelt und gelange in ein Zimmer
mit einem großen Behälter eiskalten Wassers.
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handlungen, sowie von allen Postämtern und
Zeitungsexpeditionen angenommen.
-wr-n Erscheinen wöchentlich. Subskriptionspreis XII. Äd.
=" W • für den Band von 24 Nummern 3 fl. 54 kr.
2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. ob.2'/, Sgr.
Brief eines Kranken ans einer Kaltwasserheilanstalt.
yAptax6v p.sv 5oo)p.
Lieber Freund!
Du kennst meine jahrelangen Leiden, Du weißt, wie ich stets Blutan-
drang nach dem Kopfe hatte, der mir Ohrensausen verursachte, daß ich in
Wahrheit sagen konnte: „der Kopf brummt mir." Ich habe mich bereits
auf gastrische Leiden, auf nervöse Zufälle, auf Leberbeschwerden und Hämor-
rhoiden curiren lassen, bin aber bis dato noch nicht gesund geworden. Ich
nahm bittere und süße, saure und salzige Arzneien, es half nichts, der Kopf
brummte mir immerfort. Endlich habe ich mich zur Wassercur entschlossen
und befinde mich seit acht Tagen hier in ***, von wo aus ich Dir schreibe,
um Dir einen Begriff von dieser höchst wohlthuenden Heilmethode beizu-
bringen. Die Methode besteht in folgender Behandlungsweise.
Des Morgens liegt man gewöhnlich in
den süßesten Träumen, allein Träume sind
dem Körper nachtheilig, also werde ich —
wie alle Andere — Punkt 4 Uhr geweckt.
Ich reibe die Augen aus, finde mich sehr
behaglich in der Bettwärme, allein auch diese
ist dem Körper nachtheilig. Der Badewärter
bringt also ein Leintuch, in eiskaltes Wasser
getaucht, ich entledige mich meines letzten
Feigenblattes und werde in dieses nasse Tuch
eingewickelt. Schade, daß Muhamed das
nicht gekannt hat, er hätte seinen Gläubigen
auch diese wonnige Empfindung dereinst im
Paradiese verheißen. Der Frostschauer, der
angenehme, der sich in etwas Zähncklappern
kund thnt, verschwindet indessen allmählig
und ich gerathe in einen gelinden, nach und
nach heftiger werdenden Schweiß. In diesem
Zustande läßt man mich drei bis vier Stun- j
den liegen und ich ergötze mich während der-
selben mit Nachdenken über allerhand erfreu-
liche Gegenstände, z. B. über eine Tasse
Kaffee, die ich nicht bekomme, über die Be-
haglichkeit einer Morgenpfeife im Schlafrocke
auf dem Sopha, die mir so, eingewickclt wie
eine Mumie, im rosigsten Lichte erscheint. Ist
das Schwitzen auf den höchsten Punkt ge-
stiegen, kommt der Badewärter, hebt mich auf,
packt mich auf einen kleinen Wagen und
führt mich nach einer Versenkung. Rasch
wie Samiel im Freischütz fahre ich auf dieser
in die Unterwelt und gelange in ein Zimmer
mit einem großen Behälter eiskalten Wassers.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Brief eines Kranken aus einer Kaltwasserheilanstalt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Kaltwasserheilanstalt