Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
Handlungen, sowie von allen Postämtern und
Zeitungserpeditionen angenommen.
Erscheinen wöchentlich ein Mas Subscriptions-
^ J Preis für den Band von 24 Nummern 3 fl. 30 kr.
Zwei Nächte.
(Fortsetzung.)
Wa lag die lange weite Ebene vor ihm, vom Sternenlicht
sanft beglänzt, hie und da mit Hellen Linien durchzogen, Was-
sergräben und kleine Seen, die hervorleuchteten zwischen den
dunklen Farben deS dichten RebengewindeS und der Maulbeer-
Culturen. Auch glaubte er das Rauschen deS Flusses zu ver-
nehmen, und einige Mal den entfernten Klang eines Posthorns
auf der Straße, doch war es das Seufzen und Flüstern des
Nachtwindes in dem Wafferröhrtcht, das ihn getäuscht. Miß-
muthig wandte er sich um, um zur Chaussee und zum Stall-
gebäude niederzusteigen und bemerkte, als er auf diese Art die
Hintere Seite des einsamen Wohnhauses vor sich sah, ein klei-
nes erleuchtetes Fenster und die Lichtstrahlen, die von demselben
in die Nacht hinaus drangen, glänzten auf dem dichten Reben-
laub an dem Hause und zeigten üppige Schlinggewächse, die
die Mauern desselben umspannen in einer wahrhaft malerischen
Weise.
Der junge Offizier, erfreut von dem Gedanken, vielleicht
doch Jemand zu finden, mit dem er die Zeit deS Wartens ver-
plaudern könnte, näherte sich dem Hause so weit, bis cS ihm
möglich war, in das offen stehende Fenster hinein zu schauen.
Dann blieb er überrascht stehen. Er sah in ein Zimmer, in
welchem auf einem allen Stuhl mit hoher Lehne ein junges
und, wie er zu bemerken glaubte, sehr schönes Mädchen saß,
welches auf seinen Knieen ein kleines Kind wiegte, das es mit
allerhand Schmeichelworten und Bruchstücken von Liedern ein-
zuschläfern versuchte. Es trieb den jungen Offizier, näher zu
gehen; um aber die Kleine da unten durch das Raffeln des
Gesträuchs nicht plötzlich zu erschrecken, erhob er seine Stimme
und sang den Anfang einer bekannten italienischen Arie so
sanft und leise als möglich.
R.-W. ob. 2Nthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Schnell brach das Mädchen in ihrem Lied ab, deckte mit
der Hand den Schein der neben ihr stehenden Lampe und starrte
in das Dunkel hinaus, um den Sänger, der jetzt raschelnd
durch das Gras und Gesträuch näher schritt, zu entdecken. Zu
ihren Füßen lag wahrscheinlich ein großer Hund, denn man
vernahm in demselben Augenblicke ein paar tiefe knurrende Töne,
ein kurz abgebrochenes Gebell; doch schien ihm das Mädchen
zu wehren, sie beugte sich unerschrocken etwas aus dem Fenster
und rief hinaus: „Wer ist da?"
„Es ist ein Fremder," gab der junge Offizier zur Antwort,
„der so eben mit Ertrapost hier ankam, und auf frische Pferde
warten muß. Es war mir," setzte er galant hinzu, indem er
näher trat, „wirklich recht unangenehm, hier ein paar Stunden
bleiben zu müssen; doch wenn die Signora mir erlaubt, eine
Weile mit ihr zu plaudern, so danke ich dem Zufall, der mich
hier sesthielt."
Während der Gras so parlamentirte, ging er als tapferer
und umsichtiger Soldat Schritt vor Schritt vorwärts und zeigte
sich bei ven letzten Worten dicht am Fenster in dem Hellen
Lichtschein. Das war aber auch, um dem Mädchen allen
Schrecken zu nehmen, das beste aller Mittel, denn ein Blick in
dieses schöne, offene, jugendlich-frische Gesicht, dem der kleine
blonde Husarenbart so wohl stand, zeigte der jungen Italienerin,
mit wem sie es zu thun habe, und ehe sie noch die Husaren-
Untform erkennen konnte, sagte sie lachend:
„Ah ha! der Herr ist ein österreichischer Offizier."
Wie war jetzt die stille Nacht dem jungen Reisenden wieder
so interessant geworden, und erst das Wohnhaus, das er vor-
hin ingrimmig angeschaut! Gab es aber auch etwas Reizen-
deres, wie der Anblick, den er hier vor sich hatte? War es das
Plötzliche und Unerwartete der Erscheinung, war es der dunkle
Rahmen der Nacht, der das Märchen so wunderbar hervorhob,
genug, er gestand sich, nie etwas Schöneres gesehen zu haben.
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Wa lag die lange weite Ebene vor ihm, vom Sternenlicht
sanft beglänzt, hie und da mit Hellen Linien durchzogen, Was-
sergräben und kleine Seen, die hervorleuchteten zwischen den
dunklen Farben deS dichten RebengewindeS und der Maulbeer-
Culturen. Auch glaubte er das Rauschen deS Flusses zu ver-
nehmen, und einige Mal den entfernten Klang eines Posthorns
auf der Straße, doch war es das Seufzen und Flüstern des
Nachtwindes in dem Wafferröhrtcht, das ihn getäuscht. Miß-
muthig wandte er sich um, um zur Chaussee und zum Stall-
gebäude niederzusteigen und bemerkte, als er auf diese Art die
Hintere Seite des einsamen Wohnhauses vor sich sah, ein klei-
nes erleuchtetes Fenster und die Lichtstrahlen, die von demselben
in die Nacht hinaus drangen, glänzten auf dem dichten Reben-
laub an dem Hause und zeigten üppige Schlinggewächse, die
die Mauern desselben umspannen in einer wahrhaft malerischen
Weise.
Der junge Offizier, erfreut von dem Gedanken, vielleicht
doch Jemand zu finden, mit dem er die Zeit deS Wartens ver-
plaudern könnte, näherte sich dem Hause so weit, bis cS ihm
möglich war, in das offen stehende Fenster hinein zu schauen.
Dann blieb er überrascht stehen. Er sah in ein Zimmer, in
welchem auf einem allen Stuhl mit hoher Lehne ein junges
und, wie er zu bemerken glaubte, sehr schönes Mädchen saß,
welches auf seinen Knieen ein kleines Kind wiegte, das es mit
allerhand Schmeichelworten und Bruchstücken von Liedern ein-
zuschläfern versuchte. Es trieb den jungen Offizier, näher zu
gehen; um aber die Kleine da unten durch das Raffeln des
Gesträuchs nicht plötzlich zu erschrecken, erhob er seine Stimme
und sang den Anfang einer bekannten italienischen Arie so
sanft und leise als möglich.
R.-W. ob. 2Nthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Schnell brach das Mädchen in ihrem Lied ab, deckte mit
der Hand den Schein der neben ihr stehenden Lampe und starrte
in das Dunkel hinaus, um den Sänger, der jetzt raschelnd
durch das Gras und Gesträuch näher schritt, zu entdecken. Zu
ihren Füßen lag wahrscheinlich ein großer Hund, denn man
vernahm in demselben Augenblicke ein paar tiefe knurrende Töne,
ein kurz abgebrochenes Gebell; doch schien ihm das Mädchen
zu wehren, sie beugte sich unerschrocken etwas aus dem Fenster
und rief hinaus: „Wer ist da?"
„Es ist ein Fremder," gab der junge Offizier zur Antwort,
„der so eben mit Ertrapost hier ankam, und auf frische Pferde
warten muß. Es war mir," setzte er galant hinzu, indem er
näher trat, „wirklich recht unangenehm, hier ein paar Stunden
bleiben zu müssen; doch wenn die Signora mir erlaubt, eine
Weile mit ihr zu plaudern, so danke ich dem Zufall, der mich
hier sesthielt."
Während der Gras so parlamentirte, ging er als tapferer
und umsichtiger Soldat Schritt vor Schritt vorwärts und zeigte
sich bei ven letzten Worten dicht am Fenster in dem Hellen
Lichtschein. Das war aber auch, um dem Mädchen allen
Schrecken zu nehmen, das beste aller Mittel, denn ein Blick in
dieses schöne, offene, jugendlich-frische Gesicht, dem der kleine
blonde Husarenbart so wohl stand, zeigte der jungen Italienerin,
mit wem sie es zu thun habe, und ehe sie noch die Husaren-
Untform erkennen konnte, sagte sie lachend:
„Ah ha! der Herr ist ein österreichischer Offizier."
Wie war jetzt die stille Nacht dem jungen Reisenden wieder
so interessant geworden, und erst das Wohnhaus, das er vor-
hin ingrimmig angeschaut! Gab es aber auch etwas Reizen-
deres, wie der Anblick, den er hier vor sich hatte? War es das
Plötzliche und Unerwartete der Erscheinung, war es der dunkle
Rahmen der Nacht, der das Märchen so wunderbar hervorhob,
genug, er gestand sich, nie etwas Schöneres gesehen zu haben.
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