Fliegende Blätter (127.1907 (Nr. 3232-3257))

90

Solon.

er weise Solon ging eines Tages in Athen spazieren. Es
regnete. Und da er seinen Regenschirm zufällig bei sich
hatte, spannte er ihn auf. In der Strasse ,,Unter den Ölbäumen“
gesellte sich ihm plötzlich sein alter Freund Kleon, Proteus Sohn,
bei. Dieser hatte, wie stets, so auch heute sein Paraplui ver-
gessen und hoffte, unter dem Schutze des Solonischen Regen-
daches trockenen Hauptes weiterwandeln zu können. Munter
plaudernd schritt er rechts neben Solon her, und rieselnd tropfte
es vom Schirme rechts dem Kleon, links dem Solon auf die Ärmel.

Das ärgerte den weisen Solon. Da kam ihm ein guter Einfall.
Gerade vor der Akademia bemerkte er im strömenden Regen
den Professor Stephanos. „Würdiger Stephanos, Philippos Sohn,“

rief er ihn an, ,,mich dauert Deiner, der Du dem männermorden-
den Regenwetter schutzlos preisgegeben bist. Tritt her zu meiner
Linken, auch Du sollst des schützenden Regendaches gemessen!“
Mit Freuden tat Stephanos also und trat an Solons linke Seite. Und
während die drei Bürger Athens unter dem Regenabwehrer weiter-
wandelten, tropfte es von dem Schirm rechts dem Kleon, links