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Der Landsturm fingt...
marschiert der Landsturm vorüber. — Auf die Fenster!
fÄL Wir lehnen auf der Brüstung, die vom Schritt des Land-
sturms leise zittert.
Der Schritt ist der vertraute. Nicht anders sind die ersten
Truppen, sind die Reservisten hier vorbeimarschiert. Und doch —
horch' schärfer hin: Der Landsturmtritt hat 'was Besonderes.
Wie ein Echo ist es, ein Echo von unten. Unter der Erde
marschiert es mit, ein unsichtbares fyeer. Das Land selber ist es,
das unterirdisch mitmarschiert, Horch', wie das stampft. Denn
der Landsturm ist der Sturm des Landes. Uns're Heimat mar-
schiert mit, unsichtbar, doch unhörbar nicht.
Die Felder rücken an, die Wälder zücken ihre Sperre. Die
Straßen zielen, und die Stadt formt Marschkolonnen.
Und nun singt der Landsturm. Nichts in diesem Kriege
hat uns so ergriffen, als wie der Landsturm sang.
Habt ihr ihn singen hören? Ist es euch ergangen, wie es mir
erging? Ich werde kein Konzert inehr hören können, ohne d'rin
den Landsturmsang zu hören.
Erst sang der Landsturm nicht. Dann fing einer an. Einer
mit einem weißen Bart und einer Kinderstimme. Fast schüchtern
setzten die Kameraden ein. Mein Gott, wie lange hatten die
wohl nicht mehr gesungen. — Der Gesang war schwach. Risse
gingen durch. Und durch die Risse sahen Jahre, Arbeitsjahre.
Der Gesang war falsch. Da und dort griff einer eine falsche
Note. Doch aus dem Takt kam keiner.
Der Gesang zitterte. Die Häuser tastete er ab mit Vater-
händen.
Da kam eine Mutter die Straße herauf, ein Kind am Arm,
eins au der Haud und eins am Rock.
Sie blieb stehen. Sie sah den Landsturm an. Kein Wort
sagte sie. Nur hoch hob sie das Kind am Arm, hoch mit beiden
Händen.
Da ging ein Ruck durch den alten Landsturmgesang. Ls war,
als würde knirschend ein E^ebel vorgeworfen. Der Hebel gejt.
Kein Zittern mehr, kein Schwanken, keine falsche Note und
kein Riß. Dröhnend schwoll es au. Himmelhoch spritzte der Ge-
sang. Die Fenster sangen mit, die Häuser und die ganze Stadt.
Fritz Müller.
Druckfehler.
Der Verstorbene führte ein bescheidenes, aber markel-
loses Dasein.
A u f r i ch t i g.
Onkel: „Daß ich mich noch einmal entschließen würde, Deine
sämtlichen Schulden zu bezahlen, hast Du Dir wohl nicht träumen
lassen, Junge?" — Nesse (resigniert): „Nein, wirklich nicht,
Onkel.. sonst wären f ja bedeutend mehr!"
Variiertes Sprichwort. —
„Ich bin jetzt wirklich unruhig, daß solang' vom Kriegsschauplatz keine neue Entscheidung g'meldet wird!
„Nur Geduld, lieber Freund, da heißt's eben ,Keile mit Weile'."
Der Landsturm fingt...
marschiert der Landsturm vorüber. — Auf die Fenster!
fÄL Wir lehnen auf der Brüstung, die vom Schritt des Land-
sturms leise zittert.
Der Schritt ist der vertraute. Nicht anders sind die ersten
Truppen, sind die Reservisten hier vorbeimarschiert. Und doch —
horch' schärfer hin: Der Landsturmtritt hat 'was Besonderes.
Wie ein Echo ist es, ein Echo von unten. Unter der Erde
marschiert es mit, ein unsichtbares fyeer. Das Land selber ist es,
das unterirdisch mitmarschiert, Horch', wie das stampft. Denn
der Landsturm ist der Sturm des Landes. Uns're Heimat mar-
schiert mit, unsichtbar, doch unhörbar nicht.
Die Felder rücken an, die Wälder zücken ihre Sperre. Die
Straßen zielen, und die Stadt formt Marschkolonnen.
Und nun singt der Landsturm. Nichts in diesem Kriege
hat uns so ergriffen, als wie der Landsturm sang.
Habt ihr ihn singen hören? Ist es euch ergangen, wie es mir
erging? Ich werde kein Konzert inehr hören können, ohne d'rin
den Landsturmsang zu hören.
Erst sang der Landsturm nicht. Dann fing einer an. Einer
mit einem weißen Bart und einer Kinderstimme. Fast schüchtern
setzten die Kameraden ein. Mein Gott, wie lange hatten die
wohl nicht mehr gesungen. — Der Gesang war schwach. Risse
gingen durch. Und durch die Risse sahen Jahre, Arbeitsjahre.
Der Gesang war falsch. Da und dort griff einer eine falsche
Note. Doch aus dem Takt kam keiner.
Der Gesang zitterte. Die Häuser tastete er ab mit Vater-
händen.
Da kam eine Mutter die Straße herauf, ein Kind am Arm,
eins au der Haud und eins am Rock.
Sie blieb stehen. Sie sah den Landsturm an. Kein Wort
sagte sie. Nur hoch hob sie das Kind am Arm, hoch mit beiden
Händen.
Da ging ein Ruck durch den alten Landsturmgesang. Ls war,
als würde knirschend ein E^ebel vorgeworfen. Der Hebel gejt.
Kein Zittern mehr, kein Schwanken, keine falsche Note und
kein Riß. Dröhnend schwoll es au. Himmelhoch spritzte der Ge-
sang. Die Fenster sangen mit, die Häuser und die ganze Stadt.
Fritz Müller.
Druckfehler.
Der Verstorbene führte ein bescheidenes, aber markel-
loses Dasein.
A u f r i ch t i g.
Onkel: „Daß ich mich noch einmal entschließen würde, Deine
sämtlichen Schulden zu bezahlen, hast Du Dir wohl nicht träumen
lassen, Junge?" — Nesse (resigniert): „Nein, wirklich nicht,
Onkel.. sonst wären f ja bedeutend mehr!"
Variiertes Sprichwort. —
„Ich bin jetzt wirklich unruhig, daß solang' vom Kriegsschauplatz keine neue Entscheidung g'meldet wird!
„Nur Geduld, lieber Freund, da heißt's eben ,Keile mit Weile'."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Variiertes Sprichwort"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1914 - 1914
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 141.1914, Nr. 3613, S. 200
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg