zur Bestrafung auf. Lin vorübergehender Mil-
lionär nahm demütig den kfut ab und focht
einen drehorgelspielenden Blinden an. Zwei
Advokaten beschworen auf dem Wege zu Ge-
richt händeringend den Streithansl und den
Prozeßmeier, sie »nächten sich doch uni den
kfals fallen und endlich ein für allemal ihre
nachbarliche Lehde einstellen.
Da kam eine Amme ballsxieleud gelaufen,
mährend das Baby im wagen mit einem Sol-
daten anbandelte und sich schäkernd mit ihm für
nächsten Sonntag zur Tanzmusik zusammen-
bestellte. Der Bürgermeister blies auf dem
dumpfen lforn „Leurio!" und der Turmwächter
sah zum Lenster des Rathauses heraus, rauchte
die Pfeife und winkte gnädig dem Volk zu, das
unten vorüberging. Die Marktfrauen beschrver-
ten sich mit stummen Gebärden über die Schwatz-
haftigkeit der Polizeiwache. Beim Kaffeekränz-
chen lobten die Damen die abwesende Lrau
Notar dermaßen, daß diese, als sie davon hörte,
vor Rührung dem Buchhalter lauter falsche lfy-
pothekennummern diktierte, während ihr Mann
vor dem Spiegel einen neuen Sominerhut auf-
probte und die Putzmacherin inständig bat,
doch über der knallroten Samtschleife noch eine
wehende Reiherfeder einzusetzen.
Der Packträger Knallnasl fühlte im Bräu-
haus dem Sanitätsrat Gbermeier den Puls
und riet ihm mit strenger Miene von der vier-
ten Maß ab. Lin Dichter, der daneben faß, zog
seine fettgespickte Börse hervor, bezahlte gönner-
haft die Konsultation und beteuerte, daß ihm
nichts zuwiderer fei als der Lrühling, weil sich
der fürs versmachen durchaus nicht eignen
wolle. Die Turmuhr ging rückwärts. Die
Menschen setzten sich um Mitternacht zum
Kalbsbraten, ließen beim bfähnekrähen müde
die Augen zufallen und träumten, wenn es
zwölfe läutete, von dem großen Los oder
schnierzhaften bfühneraugenoxerationen.
... Da stieß wischnu ein kurzes heftiges
Lachen aus und ließ die Weltkugel mit einen»
Ruck wieder in ihrem alten Geleise surren.
Lin „Ah!" der Erleichterung ging über
die ganze Erde hin und der tfausdacke!
lvaldl riß dem verblüfft gackernden kfendl
den Schwanz aus.
Schlagfertig.
Fräulein Ella tvird in der Gesellschaft von
einem Gecken schon längere Zeit belagert und
mnß immer noch geistlose Unterhaltung aus»
stehen. Jetzt fallt ihm endlich gar nichts mehr
ein rmd er sagt in der Verlegenheit: „Fräu-
lein — gnädiges Fräulein — so eigentümlich
das klingen mag, wissen Sie schoil — merk-
würdig, was?! — meine Lieblingspflanze ist die
Distel." — Da neigt sie zum Abschied kühl
das Haupt und erwidert lächelnd nichts als:
„Mahlzeit!"
Ans der T a n z st u n d c.
Die Jugend des Städtchens lernte tanzen. In den ersten Stunden waren die
Herren noch allein. Also mußte sich jedes Paar erst einigen, wer als Herr und wer
als Dame tanzen »vollte. Wie daun später znm erstenmal auch weibliche Gäste kamen,
fragte ein schüchterner Jüngling seine erste Tänzerin stotternd: „Entschuldigen Sie,
Fräulein, sind Sie die Dame?!"
Msrrum?
Vy V enn der träume bunter Reigen
Nachts an mir vorüberwallt,
UJarum will sich niemals zeigen
Deine freundliche gestalt?!
Meiner tage stetes Denken,
(Die ein kostbar gut bewacht,
Warum kann es mir nicht schenken,
Kch, ein holder trug der Nach!?!
MUsite ich zu sehr mich härmen,
Wenn beim grauen Morgenschein
Und im wüsten tageslärmen
Wieder ich so ganz allein?!
Wär’ mir zu viel glück beschieden,
Lächelten vereint mir zu
ln des Ubends stillem Frieden
Schlaf, Dergessen — und auch Du?
tn. ßoltl)au{en.
Genau.
„. . Mir hat heute nacht geträumt, ich
wäre in Norderney."
„So? Haben Sic auch Seebäder
geiwmmen, gnädige Frau?"
lionär nahm demütig den kfut ab und focht
einen drehorgelspielenden Blinden an. Zwei
Advokaten beschworen auf dem Wege zu Ge-
richt händeringend den Streithansl und den
Prozeßmeier, sie »nächten sich doch uni den
kfals fallen und endlich ein für allemal ihre
nachbarliche Lehde einstellen.
Da kam eine Amme ballsxieleud gelaufen,
mährend das Baby im wagen mit einem Sol-
daten anbandelte und sich schäkernd mit ihm für
nächsten Sonntag zur Tanzmusik zusammen-
bestellte. Der Bürgermeister blies auf dem
dumpfen lforn „Leurio!" und der Turmwächter
sah zum Lenster des Rathauses heraus, rauchte
die Pfeife und winkte gnädig dem Volk zu, das
unten vorüberging. Die Marktfrauen beschrver-
ten sich mit stummen Gebärden über die Schwatz-
haftigkeit der Polizeiwache. Beim Kaffeekränz-
chen lobten die Damen die abwesende Lrau
Notar dermaßen, daß diese, als sie davon hörte,
vor Rührung dem Buchhalter lauter falsche lfy-
pothekennummern diktierte, während ihr Mann
vor dem Spiegel einen neuen Sominerhut auf-
probte und die Putzmacherin inständig bat,
doch über der knallroten Samtschleife noch eine
wehende Reiherfeder einzusetzen.
Der Packträger Knallnasl fühlte im Bräu-
haus dem Sanitätsrat Gbermeier den Puls
und riet ihm mit strenger Miene von der vier-
ten Maß ab. Lin Dichter, der daneben faß, zog
seine fettgespickte Börse hervor, bezahlte gönner-
haft die Konsultation und beteuerte, daß ihm
nichts zuwiderer fei als der Lrühling, weil sich
der fürs versmachen durchaus nicht eignen
wolle. Die Turmuhr ging rückwärts. Die
Menschen setzten sich um Mitternacht zum
Kalbsbraten, ließen beim bfähnekrähen müde
die Augen zufallen und träumten, wenn es
zwölfe läutete, von dem großen Los oder
schnierzhaften bfühneraugenoxerationen.
... Da stieß wischnu ein kurzes heftiges
Lachen aus und ließ die Weltkugel mit einen»
Ruck wieder in ihrem alten Geleise surren.
Lin „Ah!" der Erleichterung ging über
die ganze Erde hin und der tfausdacke!
lvaldl riß dem verblüfft gackernden kfendl
den Schwanz aus.
Schlagfertig.
Fräulein Ella tvird in der Gesellschaft von
einem Gecken schon längere Zeit belagert und
mnß immer noch geistlose Unterhaltung aus»
stehen. Jetzt fallt ihm endlich gar nichts mehr
ein rmd er sagt in der Verlegenheit: „Fräu-
lein — gnädiges Fräulein — so eigentümlich
das klingen mag, wissen Sie schoil — merk-
würdig, was?! — meine Lieblingspflanze ist die
Distel." — Da neigt sie zum Abschied kühl
das Haupt und erwidert lächelnd nichts als:
„Mahlzeit!"
Ans der T a n z st u n d c.
Die Jugend des Städtchens lernte tanzen. In den ersten Stunden waren die
Herren noch allein. Also mußte sich jedes Paar erst einigen, wer als Herr und wer
als Dame tanzen »vollte. Wie daun später znm erstenmal auch weibliche Gäste kamen,
fragte ein schüchterner Jüngling seine erste Tänzerin stotternd: „Entschuldigen Sie,
Fräulein, sind Sie die Dame?!"
Msrrum?
Vy V enn der träume bunter Reigen
Nachts an mir vorüberwallt,
UJarum will sich niemals zeigen
Deine freundliche gestalt?!
Meiner tage stetes Denken,
(Die ein kostbar gut bewacht,
Warum kann es mir nicht schenken,
Kch, ein holder trug der Nach!?!
MUsite ich zu sehr mich härmen,
Wenn beim grauen Morgenschein
Und im wüsten tageslärmen
Wieder ich so ganz allein?!
Wär’ mir zu viel glück beschieden,
Lächelten vereint mir zu
ln des Ubends stillem Frieden
Schlaf, Dergessen — und auch Du?
tn. ßoltl)au{en.
Genau.
„. . Mir hat heute nacht geträumt, ich
wäre in Norderney."
„So? Haben Sic auch Seebäder
geiwmmen, gnädige Frau?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Genau"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Verschlagwortung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1918
Entstehungsdatum (normiert)
1913 - 1923
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 150.1919, Nr. 3847, S. 155
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg