Die Tankstelle „Das Gute hat unser Betrieb: je mehr wir
pumpen müssen, desto besser geht's Geschäft."
Kleiner Vorfall mit einem Lunde
kommt, mit seinem Lunde zu erscheinen. Denn es handelt sich doch um eine wichtige
Besprechung, bei der noch manche Aeberlegungen anzustellen und Zahlen zu prüfen
sind, worauf Prätzel zum Schluß etwas Bedeutsames geben soll, nämlich seine ihn
verpflichtende Anterschrift. Dazu bringt man doch nicht seinen Lund mit, das gehört
sich nicht, zumal Natzmann hier nur als Anterhändler auftritt. Prätzel ist verdrossen;
am Ende wird er doch noch andere Bedingungen stellen und nicht gleich unter-
schreiben. Ja, solche Kleinigkeiten mischen sich manchmal in ganz
ernste geschäftliche Erwägungen.
Unter dem Schreibtisch liegt ei» Ziegenfell, das dickflockige
Fell einer Angoraziege. Der Lund beißt hinein, reißt es hoch
und schüttelt es sich um die Ohren.
„Er wird das Fell zerreißen!" sagt Prätzel ernst.
„Sieht ganz danach aus!" stimmt Ratzmann bei. Er denkt:
„Unglaublich, was der Mann sich von seinem Köter gefallen läßt!"
Prätzel aber denkt: „Ist ja toll! Wahrscheinlich ruft er den
Lund nicht, weil er Angst hat, sich zu blamieren, wenn er nicht
gehorcht. Schön — soll der Lund machen, was er will! Aber
bezahlt muß es werden!"
Rabautz -- der Lund, mit dem Ziegenfell herumwirbelnd,
hat ein Rauchtischchen umgeworfen; ein Rauchverzehrer ist zer-
trümmert.
„Das Ding hat mindestens zwanzig Mark gekostet!" erklärt
Prätzel.
„O, das wird nicht reichen! War ja ein kostbares Stück!"
Ratzmann grinst vor Freude. „Ja, so ist das, wenn man einen
Lund hat."
Prätzel hat das Grinsen nicht bemerkt, sonst würde er doch
stutzig werden. So denkt er: „Mit dem Mann ist etwas nicht
richtig; der scheint ja mit Vergnügen blechen zu wollen." Laut
bemerkt er: „Der Lund wird noch manchmal was anstellen."
„Aber sicher!" triumphiert Natzmann. „Mit dem kann das noch
ganz gewaltige Sachen geben. Nehmen Sie mal an, er reißt auf
der Straße jemand um, vielleicht einen Familienvater, der für
Frau und zehn Kinder zu sorgen hat. Der Mann kriegt einen
Schädelbruch und wird dauernd erwerbsunfähig. Das gibt einen
Schadenersatzanspruch, da ist eine Rente zu zahlen!" Ratzmann,
der Lundefeind, schnalzt vor Vergnügen bei dieser Vorstellung.
„Der Kerl ist verrückt!" denkt Prätzel. „Mit dem lasse ich mich
nicht weiter ein. Und ein unmanierlicher Patron ist er. Wenigstens
müßte er sich doch entschuldigen, wenn sein Lund so was anstellt."
Er klingelt nach dem Mädchen, daß es die Scherben
fortkehre und das Wasser aufwische, das sich aus dem
Rauchverzehrer ergossen hat.
Der Lund scheint anznnehmen, das Mädchen
bringe das Wischtuch als Spielzeug für ihn; er springt
darauf zu. Das Mädchen kreischt: „Er will mich
beißen!"
Jetzt ist Prätzels Geduld erschöpft. „Raus mit
ihm!" schreit er.
„Raus mit ihm!" jauchzt Natzmann. „Raus mit
ihm!"
Nun wundert sich Prätzel über das Jauchzen.
„Ja, warum haben Sie ihn denn überhaupt mit-
gebracht?"
„Mitgebracht? Aber bitte: wenn Ihr Lund
draußen auf der Treppe ist und dann mit in die
Wohnung kommt --— "
„Mein Lund?" — — —
Zwei Minuten später ist der Lund auf die Treppe
hinausgescheucht — bums, schlägt das Mädchen die
Tür hinter ihm zu. Prätzel und Ratzmann trinken
einen Schnaps auf das Mißverständnis, und dann
gehen sie an ihre Besprechung, die nun glatt ver-
läuft. In zehn Minuten ist die Sache erledigt.
Als dann Ratzmann die Treppe wieder hinunter-
kommt, steht der Lund da — an der Laustür; jetzt
hat er erkannt, wo es hinausgeht. Natzmann möchte
ihm einen Fußtritt geben, aber er wagt es nicht;
da könnte der Lund vielleicht zuschnappen. Auf ein
Schimpfwort hin ist das nicht zu erwarten. „Raus,
du Brest!" sagt Natzmann roh.
Auf der Straße steht in der Nähe eine junge
Dame, eine reizende junge Dame. Der Lund stürzt
mit Freudengeheul aus sie zu, und sie ruft entzückt:
Kritik
„Wenn er so gut schmeckt, wie er riecht —
dann ist er zu klein!"
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pumpen müssen, desto besser geht's Geschäft."
Kleiner Vorfall mit einem Lunde
kommt, mit seinem Lunde zu erscheinen. Denn es handelt sich doch um eine wichtige
Besprechung, bei der noch manche Aeberlegungen anzustellen und Zahlen zu prüfen
sind, worauf Prätzel zum Schluß etwas Bedeutsames geben soll, nämlich seine ihn
verpflichtende Anterschrift. Dazu bringt man doch nicht seinen Lund mit, das gehört
sich nicht, zumal Natzmann hier nur als Anterhändler auftritt. Prätzel ist verdrossen;
am Ende wird er doch noch andere Bedingungen stellen und nicht gleich unter-
schreiben. Ja, solche Kleinigkeiten mischen sich manchmal in ganz
ernste geschäftliche Erwägungen.
Unter dem Schreibtisch liegt ei» Ziegenfell, das dickflockige
Fell einer Angoraziege. Der Lund beißt hinein, reißt es hoch
und schüttelt es sich um die Ohren.
„Er wird das Fell zerreißen!" sagt Prätzel ernst.
„Sieht ganz danach aus!" stimmt Ratzmann bei. Er denkt:
„Unglaublich, was der Mann sich von seinem Köter gefallen läßt!"
Prätzel aber denkt: „Ist ja toll! Wahrscheinlich ruft er den
Lund nicht, weil er Angst hat, sich zu blamieren, wenn er nicht
gehorcht. Schön — soll der Lund machen, was er will! Aber
bezahlt muß es werden!"
Rabautz -- der Lund, mit dem Ziegenfell herumwirbelnd,
hat ein Rauchtischchen umgeworfen; ein Rauchverzehrer ist zer-
trümmert.
„Das Ding hat mindestens zwanzig Mark gekostet!" erklärt
Prätzel.
„O, das wird nicht reichen! War ja ein kostbares Stück!"
Ratzmann grinst vor Freude. „Ja, so ist das, wenn man einen
Lund hat."
Prätzel hat das Grinsen nicht bemerkt, sonst würde er doch
stutzig werden. So denkt er: „Mit dem Mann ist etwas nicht
richtig; der scheint ja mit Vergnügen blechen zu wollen." Laut
bemerkt er: „Der Lund wird noch manchmal was anstellen."
„Aber sicher!" triumphiert Natzmann. „Mit dem kann das noch
ganz gewaltige Sachen geben. Nehmen Sie mal an, er reißt auf
der Straße jemand um, vielleicht einen Familienvater, der für
Frau und zehn Kinder zu sorgen hat. Der Mann kriegt einen
Schädelbruch und wird dauernd erwerbsunfähig. Das gibt einen
Schadenersatzanspruch, da ist eine Rente zu zahlen!" Ratzmann,
der Lundefeind, schnalzt vor Vergnügen bei dieser Vorstellung.
„Der Kerl ist verrückt!" denkt Prätzel. „Mit dem lasse ich mich
nicht weiter ein. Und ein unmanierlicher Patron ist er. Wenigstens
müßte er sich doch entschuldigen, wenn sein Lund so was anstellt."
Er klingelt nach dem Mädchen, daß es die Scherben
fortkehre und das Wasser aufwische, das sich aus dem
Rauchverzehrer ergossen hat.
Der Lund scheint anznnehmen, das Mädchen
bringe das Wischtuch als Spielzeug für ihn; er springt
darauf zu. Das Mädchen kreischt: „Er will mich
beißen!"
Jetzt ist Prätzels Geduld erschöpft. „Raus mit
ihm!" schreit er.
„Raus mit ihm!" jauchzt Natzmann. „Raus mit
ihm!"
Nun wundert sich Prätzel über das Jauchzen.
„Ja, warum haben Sie ihn denn überhaupt mit-
gebracht?"
„Mitgebracht? Aber bitte: wenn Ihr Lund
draußen auf der Treppe ist und dann mit in die
Wohnung kommt --— "
„Mein Lund?" — — —
Zwei Minuten später ist der Lund auf die Treppe
hinausgescheucht — bums, schlägt das Mädchen die
Tür hinter ihm zu. Prätzel und Ratzmann trinken
einen Schnaps auf das Mißverständnis, und dann
gehen sie an ihre Besprechung, die nun glatt ver-
läuft. In zehn Minuten ist die Sache erledigt.
Als dann Ratzmann die Treppe wieder hinunter-
kommt, steht der Lund da — an der Laustür; jetzt
hat er erkannt, wo es hinausgeht. Natzmann möchte
ihm einen Fußtritt geben, aber er wagt es nicht;
da könnte der Lund vielleicht zuschnappen. Auf ein
Schimpfwort hin ist das nicht zu erwarten. „Raus,
du Brest!" sagt Natzmann roh.
Auf der Straße steht in der Nähe eine junge
Dame, eine reizende junge Dame. Der Lund stürzt
mit Freudengeheul aus sie zu, und sie ruft entzückt:
Kritik
„Wenn er so gut schmeckt, wie er riecht —
dann ist er zu klein!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die Tankstelle" "Kritik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1935 - 1935
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 185.1936, Nr. 4762, S. 293
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg