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Meine erste Karte.

Aus den Erlebnisse!

I.

Es war im Mai des Jahres 1842, als ich eines Sonntag
Abends auf dem freundlichen Hügel saß, an dessen Fuß das
Dörfchen Enzhaldcn, halb versteckt zwischen Baumgruppcn, sich
hindehnt. Die Natur hatte bereits alle Schönheiten entwickelt,
die irgend der Mai bieten kann: Blüthcnduft und Vogelfang,
bunte Wiesen und grüne Wälder, kurz alles, was je Dichter
an dein Wonnemond besungen haben. Die Enz, hier immer
durch die Sandstcinfclsen des Schwarzwaldcs eingeengt, schlängelte
1>ch an den mit Reben bepflanzten Hügeln in einem prächtigen
Bogen hin, an dessen Anfang Enzhaldcn lag, während das
Ende, so weit es nämlich in den Gesichtskreis fiel, durch eine
Mühle bezeichnet wurde. Dazwischen lag üppiges Wiesen- und
Ackerland, durch viele wellenförmige Erhöhungen und Ver-
I ticfungcn die mannigfaltigsten Ansichten darbictcnd. Den Hinter-
grund bildete Wald, in der Niederung frischgrünc Eichen, höher
hinaus dunkle Fichten enthaltend.

Doch, was sollten alle diese Schönheiten mir? Ganz
andere Gedanken durchzogen mein Gehirn. Die alte Leier, denkt
der wcrthc Leser, eine unglückliche Liebe! — Ach nein, weder
eine glückliche noch unglückliche Liebe hatte bis dahin die Ruhe
meines Herzens gestört. Aber ich war weder Maler, um die
Schönheit der Gegend gehörig schätzen, noch Dichter, um in
den Jubel der Natur mit einstimmen zu können: sondern ich
war einfach Geometer, angcstellt bei der Landesvermessung,
und nach Enzhaldcn gekommen, um ein Stück Erdoberfläche,
4000 Fuß lang und 4000 Fuß breit, aufzunehmen und
auf's Papier zu bringen. Die vorhin beschriebene Gegend
fiel so ziemlich in den mir zugewiesenen Rahmen. Was halsen
mir nun die blühenden Obstbäume, die das Dörfchen umgaben?

eines Ingenieurs.

Sic verdarben mir die Fernsicht. Die schönen Rebenhügel? !
Da war cs fast eine Unmöglichkeit, nur ein Instrument auf-
zustcllen. Die Wellenform des Ackerlandes? Sie verzögerte
meine Arbeit mindestens um einen Monat. Und nun gar
Fluß und Wald? Wie sollte mau denen überhaupt beikommcn?
Ein sehr verdammtes Terrain! sagte ich zu mir selbst, nachdem
ich die Gegend eine Zeit lang überblickt hatte.

Hätte man mich an jenem Abend um meine Meinung
über den Schöpfungsplan gefragt, die Weltkugel wäre viereckig
geworden und nicht rund oder gar elliptisch; alle Flüsse wären
in gerader Linie von Süden nach Norden oder von Westen
nach Osten gelaufen; kein Berg wäre höher geworden, als das
Fußgcstell meines Fernrohres und jeder Bewohner dieser regel-
mässigen Erde hätte nicht mehr und nicht weniger Land zum
Eigenthum bekommen, als 10 Morgen nach württcmbergischem
Decimalmaß. Aber freilich! an einen 22jährigen Geometer,
der brühwarm aus dem Examen kommt, und nun seine erste
selbstständige Arbeit liefern soll, wurde bei der Schöpfung nicht
gedacht.

Ich war des Anblicks bald satt und machte mich auf den
Heimweg, d. h. Enzhaldcn zu. Eben bog ich um die Ecke

einer Wcinbcrgmaucr, als ein ftisches „Grüß Gott!" mir
entgegen tönte und zwei schwarze Augen mich freundlich, aber
dabei doch so fest aublickten, daß ich erröthcnd die mcinigen
nicdcrschlug und fast zu danken vergaß. Erst als das Mäd- !
che», denn ein solches hatte mich gegrüßt, an mir vorbei war, :
wagte ich, cö genauer zu bewachten. Es war eine schlanke,

ziemlich hohe Gestalt, die mit sichern, elastischen Schritten de»
Weinbergpfad hinab wandelte. Ihr hellblaues Kleid hatte
einen städtischen Schnitt, aber die breiten Zöpfe, in die ihr

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