Zeitungsexpeditionen angenommen. ___ob. 2 Rthtr. 5 Sgr- Einzelne Nummern 9 kr. od. 2>/, Sgr.
Erzieh» ngsmethodcn.
Der alte Herr Baron von Schwachhausen war eben
kein sehr verständiger, doch ein zärtlicher Vater. Seinem ge-
; liebten einzigen Söhnlein Jacob eine tüchtige Erziehung geben
zu lassen, daran lag ihm um so mehr, als er den Mangel
an eigner Bildung bitter empfand. „Und sollte es mich das
ganze Rittergut kosten," pflegte er oft Zusagen, „mein Junge
soll mir was Rechtschaffnes lernen."
Als nun die Zeit kam, wo das Jacöbchen über die
ABC-Wissenschaften hinaus war und eines höhern Cursus
! bedurfte, da verschrieb ihm der Herr Papa ein Paar neue
Höschen tlnd einen renommirten Hauslehrer aus der Stadt.
Es dauerte auch gar nicht lange, so kam der Herr Kan-
didat Himmelschwcber — so hieß der Verschriebene — mit
einem großen Sack voll guter Zeugnisse und Empfehlungs-
briefe an.
Es war ein hagerer, blasser Jüngling mit süßem Wesen
und geschmeidigem Rücken.
„Trichtern Sie mir dem Jungen ja ein, was Zeug
hält," befahl der Herr Papa.
„Strengen Sie mir den Kleinen ja nicht zu sehr an,"
j bat leise die Frau Mama.
„Ich will's schon machen," lispelte der Herr Candidat
mit einem beruhigenden Blick nach beiden Seiten, „ich will
ihn erziehen zu allem Guten und Schönen; ich will ihn er-
ziehen zur Humanität."
Die Erziehung begann; das kleine Barönchcn zeigte sich
höchst gelehrig. Zwar galt es viel Sitzen und Schwitzen,
und das Jünglein getraute sich kaum, sich zu räuspern, ohne
den gestrengen Herrn Pädagogen erst zu fragen, ob es dürfte
und wie man's machte. Dafür aber haspelte es schon nach
wenigen Wochen seine lateinischen und griechischen Conjuga-
tiönchen ab, daß es eine wahre Lust war; nach einigen Mo-
naten wußte cs bereits, wie viel Silben Homer enthält und
wie viel Partikelchcn Cicero; alle Haupt- und Nebendogmen
der Kirche, alle Principien der Ethik und der Moral hatte
es am Schnürchen inne; Mythologie und Archäologie waren
sein Steckenpferd, griechische Bauart und römischer Styl seine
Erholung; lateinische Verse machte cs im Traume und bald
schwatzte es sogar von nichts Geringerem, als von Absolut
und Relativ, von Transscendent und Immanent, von Sub-
jectiv und Objectiv, daß der Papa verwundert Maul und
Nase aufsperrte.
Bei alledem aber,..hatte der Bube weder Hafer von
Gerste, noch Zwetschenbäume von Kirschbäumen unterscheiden
gelernt und' wußte wenig, was um ihn her vorging. J„ der
Gesellschaft war er scheu und eckig und zu allem Thun, das
nicht Schreiben oder Lesen war, alle Tage unbeholfener. Auch
mit der Gesundheit ging's zurück. War er früher frisch und
vollwangig gewesen, so sah er jetzt fast aus wie ein kurz-
Erzieh» ngsmethodcn.
Der alte Herr Baron von Schwachhausen war eben
kein sehr verständiger, doch ein zärtlicher Vater. Seinem ge-
; liebten einzigen Söhnlein Jacob eine tüchtige Erziehung geben
zu lassen, daran lag ihm um so mehr, als er den Mangel
an eigner Bildung bitter empfand. „Und sollte es mich das
ganze Rittergut kosten," pflegte er oft Zusagen, „mein Junge
soll mir was Rechtschaffnes lernen."
Als nun die Zeit kam, wo das Jacöbchen über die
ABC-Wissenschaften hinaus war und eines höhern Cursus
! bedurfte, da verschrieb ihm der Herr Papa ein Paar neue
Höschen tlnd einen renommirten Hauslehrer aus der Stadt.
Es dauerte auch gar nicht lange, so kam der Herr Kan-
didat Himmelschwcber — so hieß der Verschriebene — mit
einem großen Sack voll guter Zeugnisse und Empfehlungs-
briefe an.
Es war ein hagerer, blasser Jüngling mit süßem Wesen
und geschmeidigem Rücken.
„Trichtern Sie mir dem Jungen ja ein, was Zeug
hält," befahl der Herr Papa.
„Strengen Sie mir den Kleinen ja nicht zu sehr an,"
j bat leise die Frau Mama.
„Ich will's schon machen," lispelte der Herr Candidat
mit einem beruhigenden Blick nach beiden Seiten, „ich will
ihn erziehen zu allem Guten und Schönen; ich will ihn er-
ziehen zur Humanität."
Die Erziehung begann; das kleine Barönchcn zeigte sich
höchst gelehrig. Zwar galt es viel Sitzen und Schwitzen,
und das Jünglein getraute sich kaum, sich zu räuspern, ohne
den gestrengen Herrn Pädagogen erst zu fragen, ob es dürfte
und wie man's machte. Dafür aber haspelte es schon nach
wenigen Wochen seine lateinischen und griechischen Conjuga-
tiönchen ab, daß es eine wahre Lust war; nach einigen Mo-
naten wußte cs bereits, wie viel Silben Homer enthält und
wie viel Partikelchcn Cicero; alle Haupt- und Nebendogmen
der Kirche, alle Principien der Ethik und der Moral hatte
es am Schnürchen inne; Mythologie und Archäologie waren
sein Steckenpferd, griechische Bauart und römischer Styl seine
Erholung; lateinische Verse machte cs im Traume und bald
schwatzte es sogar von nichts Geringerem, als von Absolut
und Relativ, von Transscendent und Immanent, von Sub-
jectiv und Objectiv, daß der Papa verwundert Maul und
Nase aufsperrte.
Bei alledem aber,..hatte der Bube weder Hafer von
Gerste, noch Zwetschenbäume von Kirschbäumen unterscheiden
gelernt und' wußte wenig, was um ihn her vorging. J„ der
Gesellschaft war er scheu und eckig und zu allem Thun, das
nicht Schreiben oder Lesen war, alle Tage unbeholfener. Auch
mit der Gesundheit ging's zurück. War er früher frisch und
vollwangig gewesen, so sah er jetzt fast aus wie ein kurz-
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Erziehungsmethoden"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
Unterschiedliche Schreibweisen: Erziehungs-Methoden
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)