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Ein bedenkliches 31 nfinnen.

U'J

„Und ist es denn so Großes, so Ungeheuerliches, was ich
begehre?" rief der jnngc Gelehrte.

„Nicht weiter, Herr Doktor," flehte die Fron, „nicht
weiter; ich bitte Sie, wenn Ihnen der Friede eines Franen-
herzens, wenn Ihnen mein Herzensfriede nicht gleichgiltig ist,
■— Sic fordern, was ich nicht gewähren kann — nicht darf."

„Der Friede Ihres Herzens?" war die erregte Antwort.
„Sollte derselbe denn in Wahrheit durch Erfüllung meiner Bitte
ernstlich in Frage kommen?"

„O, bedenken Sic," erwiderte die Wirthin fast heftig,
„ich bin Frau, mein Mann ist so gut mit mir, er liebt mich
und" — damit fand sie endlich die Kraft, ihre Hand zu
befreien und ihre» Blick von dem Versucher abzuwenden —
j „und," vollendete sie, „er wird von mir geliebt."

„Ich habe mir das längst gedacht," cntgegncte der junge
Mann düster, „habe mir das längst gedacht. Sic lieben Ihren
Man» — warum auch nicht! sei es darum. Aber ist denn
dies ein so ernstlicher Grund, meine» Wunsch mir nicht zu
erfüllen? Die Gefühle Ihres Mannes, ich achte sic, weil sie
so natürlich sind, — indessen kan» auch ich nicht für mein
Empfinden, auch dieses ist dem Lause der Natur gemäß."

„Aber meine Ehre! mein guter Ruf!" stöhnte die Wirthin.
„O, o! von Ihnen hätte ich das nicht erwartet."

„Ihre Ehre?" rcplicirte der hartnäckige Versucher, „Ihr
unbescholtener Name! wie sollte denn der gefährdet werden? Ich
wüßte nicht — und wir sind doch auch allein. Noch einmal,
wollen Sic mir die eine zu stellende Bitte im Voraus gewähren,
wollen Sic?"

Die junge Frau überlegte. Sic war sich bewußt, daß
dieser Vorgang, wie sic sich auch entscheide, für ihren Mann
ein Geheimniß bleiben müsse; ja auch, wenn sie den verwegenen
Bitter schroff zurückwiese. Die Eifersucht, die leicht erregte, erblickt
ja überall Gespenster und nicht allein bei Nacht, sondern auch am
Hellen Tage; und, durfte sie es mit dem jungen 'Manne so ganz
verderben? würde er nicht sofort ihr Haus verlassen und nie wieder-
kommcn? — Nie wicdcrkommcn! Und er war keine alltägliche
Natur, die alles gleich in den Wind schlägt; nein, er würde
beschämt, zerknirscht, erbittert von hinnen gehen, sich gcdcmüthigt
und unglücklich fühlen. Sic fühlte ihr weiblich Herz von Mitleid
bewegt. — Ein so kenntnißreicher hochgebildeter Geist gedemüthigt
von ihr, der simplen Frauenseele! Mußte nicht auch ein
gewisser Stolz sic erfüllen, daß sie auf diesen Mann solchen
Eindruck gemacht habe? Zudem eine bescheidene Bitte, das
! waren seine Worte gewesen, — eine bescheidene. Er hat Recht,
dachte sic, ein Kuß — was ist cs im Grunde denn auch
Großes und Schweres (mein Mann erfährt cs ja nicht), wenn
es ihn glücklich macht! — Wenn es ihn glücklich macht und —
sie selbst? Es drängte sic wiederum, ihn anzuschauen, dessen
Blick entscheidungsbang an ihren Zügen hing.

Tic Sonne war hinabgcgangen und die Abcndröthc verblaßt.
Dämmerung beherrschte die Gegend und gab den Dingen, halb
verhüllend, halb entschleiernd ein gchcimnißvolles anziehendes
Aussehen. Ringsum war es still geworden-, nur durch die

Wipfel der Bäume ging ei» vertrauliches Rauschen und Flüstern.

I — Was war das? Die jnngc Frau hatte doch drei volle Jahre
der Ehe Leid und Lust gekostet, eine Zeit, lang genug für der
Gewohnheit abstnmpfendc Macht; und jetzt war's ihr wiederum
so jungfräulich, so mädchenhaft zu Muthe und des ersten innigen
Kusses langvergessene Wonne belebte sich von Neuem und durch-
rieselte sic mit ahnungsvollem Schauer.

„Wenn ich nun nachgeben sollte," sagte sie leise und
bedeutungsvoll, „was würden Sie hernach von mir denken?
Würden Sic nicht meinen, ich sei eine leichtfertige Frau, die —"

„O gewiß nicht!" versicherte der junge Mann eifrig, in-
dem er wieder ihre Hand ergriff, die sie ihm nicht mehr entzog.

„Und," fuhr sie fort, „wiederum, wenn ich mm nach-
gebcn sollte, würden Sie sich nicht hinterher Ihres Sieges rühmen,
sich über mich lustig machen? Und wenn dies auch nicht —
denn das wäre schlecht — aber würden Sic cs nicht am Ende
irgend einem Freunde anvertranen?"

„Besorgen Sic nichts, liebe Frau," sagte der junge
Mann feierlich, „ich verspreche cs! Und Sic wollen mir meine
Bitte gewähren? mein Verlangen erfüllen? ich sehe cs Ihnen
an: Sie wollen es!"

„Ich will es!" hauchte sie innig.

Da blitzte cs wie Triumph aus seinen Augen. „Dann,
liebe Frau," rief er, und eine Gier, die ihrer nahen Sättigung

gewiß ist, lebte in dem Klange seiner Worte, „dann verkaufen
Sic mir noch ein Glas von diesem vortrefflichen Bier!"

G. B»sch-


13*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

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Titel/Objekt
"Ein bedenkliches Ansinnen"
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Wagner, Erdmann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Bank <Möbel>
Bierkrug
Bestellung
Gaststätte <Motiv>
Wortspiel
Gelehrter <Motiv>
Kuss <Motiv>
Missverständnis <Motiv>
Tisch <Motiv>
Gastwirtin
Gespräch <Motiv>
Karikatur
Stricken
Garten <Motiv>
Wolle <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Heimliche Liebe

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Fliegende Blätter, 62.1875, Nr. 1549, S. 99

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