122 Populär-wissenschaftlicher Wander-Vortrag
Die besten Leiter sind die Metalle,
besonders das Gold, welches der Hanpt-
leiter aller menschlichen Handlungen ist.
Auch der Mensch kann als Leiter dienen
bei Einbrüchen und bei der Elektrisir-
maschine, und ist oft in dieser Eigenschaft
brauchbarer, als sonst.
Einen mit Nichtleitern umgebenen
Körper nennen wir isolirt, und die ihn
umgebenden Nichtleiter heißen Isolatoren.
Es ist das dasselbe, was man im Leben
zuweilen Hofstaat nennt, Nichtleiter, die
keinen elektrischen Funken von sich geben,
trockene Naturen, die die Fürsten isoliren.
Wie Alles in der Welt, so hat auch die
Elektricität zwei Seiten. Wir unterscheiden nämlich Glas-
elektricität und Harzelektricität. Die erstere wird positive,
die zweite negative genannt. Die positive wird mit dem Plus-,
die negative mit dem Minus-Zeichen ausgedrückt. Es verhält sich
mit der Elektricität ebenso, wie mit der Philosophie, wo wir
auch positive und negative philosophische Systeme unterscheiden.
Die Glasphilosophen stehen auf positivem Boden und haben in
der Regel ein Plus, ohne gerade immer zu Viel zu haben,
während die Harzphilosophcn nur negiren, wobei sich von selbst
ein geistiges Minus ergibt.
Da sich mit gleichnamiger Elektricität geladene Körper ab-
stoßen, darf es uns nicht wundern, wenn wir bei Ehegatten
die ja den gleichen Namen führen, oft ein abstoßendes Benehmen
der Frau gegen den Mann oder umgekehrt beobachten. Un-
gleichnamige Elektricitäten ziehen sich an, was auch Damen,
sogar oft mehrmals des Tages, zu thnn Pflegen.
Durch Vereinigung zweier Elektricitäten entsteht ein elek-
trischer Schlag. Es ist dies besonders bei der sogenannten
Leydner Flasche der Fall. Schläge gibt cs jedoch auch bei
andern Flaschen, ja sogar bei Maßkrügen und entstehen dieselben
nicht immer durch Elektricität, sondern oft durch väterliche Liebe,
Eifersucht, Zorn und andere Leidenschaften, ja bei der Pauke
sogar ans musikalischem Bedürfnis;.
Die Verbindung mehrerer Leydner Flaschen bildet eine
elektrische Batterie, welche einen Ochsen Niederschlagen kann,
weshalb wir Gelehrte sehr behutsam damit umgehen. Die
großartigsten Experimente der Elektricität darf sich natürlich
des Dr. Sulphurius über Physik.
nur die Natur gestatten; ihre. Mittel erlauben ihr das. Sie
macht davon bei Gewittern oft ausgiebigen Gebrauch. Der
Blitz, welcher weiter nichts ist, als ein elektrischer Funke, der
wie ein schlechter Politiker von einem Extrem in's andere springt,
entsteht, sobald sich zwei verschiedene Elektricitäten vereinigen,
ebenso wie der Witz durch rasche Vereinigung zweier Gegensätze
herbeigcführt wird. Der Witz wie der Blitz können einschlagen
und zünden. Thun sie es nicht, so nennt man den Blitz kalt,
den Witz aber schlecht. Die Zielscheiben des gesellschaftlichen
Witzes nennt man Blitzableiter, welche den Namen Ableiter
daher haben, daß sie den Blitz anziehen. Wenn sich einer
einen schlechten Witz erlaubt, der nicht einschlägt, so sagt man
„er ist abgeblitzt". Dem Blitze folgt, wie der Schatten dem
Licht, der Donner. Der schrecklichste Donner ist der Kanonen-
donner, welcher aber auch bei
festlichen und frohen Gelegen-
heiten angewendet wird und
als Böller gewöhnlich zerplatzt.
Die gefährlichsten Donnerwetter
kommen bei glücklichen Ehen
und in Schulen vor, nur daß
da gewöhnlich der Donner
vorher hörbar wird, ehe es
einschlägt.
Sehr verwandt, ja beinahe
verschwägert mit der Elektricität
ist der Magnetismus. Auch dieser ist eine Erfindung der
alten Griechen, die in der Stadt Magnesia zuerst magnetisches
Eisenerz fanden. Wir verstehen unter Magnet ein Metall, das
eine große Anziehungskraft ausübt. Die größte Anziehungs-
kraft auf den Menschen üben Gold und Liebe aus und dieser
Magnetismus beherrscht die Welt und ihre Geschichte. Der
Magnetstein findet sich hauptsächlich • in Schweden, dem Vatcr-
landc der schwedischen Zündhölzchen, welche, >vie Alles, nach-
gcmacht werden und dann nicht brennen, >vas man Industrie
nennt. Die Magnetnadel ist für Näherinen und Schneider
weniger brauchbar, als für Naturforscher und Seefahrer. Der
größte Magnet ist die Erde selbst, welche für uns Menschen
eine so große Anziehungskraft besitzt, daß wir uns nur schwer
von ihr trennen können. Der Vereinigung von Elektricität
und Magnetismus verdankt der Telegraph seine Entstehung und
dürfen wir erwarten, daß noch weitere wichtige Anwendungen
dieser beiden geheimnißvollen Kräfte der Zukunft Vorbehalten sind.
Damit hätten wir das Gebiet der Physik erschöpft und
fürchten, die Geduld der Zuhörer ist es schon, d'rum schnell
nur noch einen Gedanken! Wenn cs auf dem nicht mehr un-
gewöhnlichen Wege populär-wissenschaftlicher Vorträge gelungen
sein wird, die Wissenschaft zum Gemeingut aller Gebildeten
und Ungebildeten zu machen, dann kommt die Zeit, wo Jeder
einsieht, daß hinter dem ziemlich durchsichtigen Vorhang, der
uns Gelehrte von dem gemeinen Volke trennt, noch ein dichterer
ist, den Menschenhand nie heben wird und den auch wir deshalb
vorläufig nicht lüften wollen. .
Die besten Leiter sind die Metalle,
besonders das Gold, welches der Hanpt-
leiter aller menschlichen Handlungen ist.
Auch der Mensch kann als Leiter dienen
bei Einbrüchen und bei der Elektrisir-
maschine, und ist oft in dieser Eigenschaft
brauchbarer, als sonst.
Einen mit Nichtleitern umgebenen
Körper nennen wir isolirt, und die ihn
umgebenden Nichtleiter heißen Isolatoren.
Es ist das dasselbe, was man im Leben
zuweilen Hofstaat nennt, Nichtleiter, die
keinen elektrischen Funken von sich geben,
trockene Naturen, die die Fürsten isoliren.
Wie Alles in der Welt, so hat auch die
Elektricität zwei Seiten. Wir unterscheiden nämlich Glas-
elektricität und Harzelektricität. Die erstere wird positive,
die zweite negative genannt. Die positive wird mit dem Plus-,
die negative mit dem Minus-Zeichen ausgedrückt. Es verhält sich
mit der Elektricität ebenso, wie mit der Philosophie, wo wir
auch positive und negative philosophische Systeme unterscheiden.
Die Glasphilosophen stehen auf positivem Boden und haben in
der Regel ein Plus, ohne gerade immer zu Viel zu haben,
während die Harzphilosophcn nur negiren, wobei sich von selbst
ein geistiges Minus ergibt.
Da sich mit gleichnamiger Elektricität geladene Körper ab-
stoßen, darf es uns nicht wundern, wenn wir bei Ehegatten
die ja den gleichen Namen führen, oft ein abstoßendes Benehmen
der Frau gegen den Mann oder umgekehrt beobachten. Un-
gleichnamige Elektricitäten ziehen sich an, was auch Damen,
sogar oft mehrmals des Tages, zu thnn Pflegen.
Durch Vereinigung zweier Elektricitäten entsteht ein elek-
trischer Schlag. Es ist dies besonders bei der sogenannten
Leydner Flasche der Fall. Schläge gibt cs jedoch auch bei
andern Flaschen, ja sogar bei Maßkrügen und entstehen dieselben
nicht immer durch Elektricität, sondern oft durch väterliche Liebe,
Eifersucht, Zorn und andere Leidenschaften, ja bei der Pauke
sogar ans musikalischem Bedürfnis;.
Die Verbindung mehrerer Leydner Flaschen bildet eine
elektrische Batterie, welche einen Ochsen Niederschlagen kann,
weshalb wir Gelehrte sehr behutsam damit umgehen. Die
großartigsten Experimente der Elektricität darf sich natürlich
des Dr. Sulphurius über Physik.
nur die Natur gestatten; ihre. Mittel erlauben ihr das. Sie
macht davon bei Gewittern oft ausgiebigen Gebrauch. Der
Blitz, welcher weiter nichts ist, als ein elektrischer Funke, der
wie ein schlechter Politiker von einem Extrem in's andere springt,
entsteht, sobald sich zwei verschiedene Elektricitäten vereinigen,
ebenso wie der Witz durch rasche Vereinigung zweier Gegensätze
herbeigcführt wird. Der Witz wie der Blitz können einschlagen
und zünden. Thun sie es nicht, so nennt man den Blitz kalt,
den Witz aber schlecht. Die Zielscheiben des gesellschaftlichen
Witzes nennt man Blitzableiter, welche den Namen Ableiter
daher haben, daß sie den Blitz anziehen. Wenn sich einer
einen schlechten Witz erlaubt, der nicht einschlägt, so sagt man
„er ist abgeblitzt". Dem Blitze folgt, wie der Schatten dem
Licht, der Donner. Der schrecklichste Donner ist der Kanonen-
donner, welcher aber auch bei
festlichen und frohen Gelegen-
heiten angewendet wird und
als Böller gewöhnlich zerplatzt.
Die gefährlichsten Donnerwetter
kommen bei glücklichen Ehen
und in Schulen vor, nur daß
da gewöhnlich der Donner
vorher hörbar wird, ehe es
einschlägt.
Sehr verwandt, ja beinahe
verschwägert mit der Elektricität
ist der Magnetismus. Auch dieser ist eine Erfindung der
alten Griechen, die in der Stadt Magnesia zuerst magnetisches
Eisenerz fanden. Wir verstehen unter Magnet ein Metall, das
eine große Anziehungskraft ausübt. Die größte Anziehungs-
kraft auf den Menschen üben Gold und Liebe aus und dieser
Magnetismus beherrscht die Welt und ihre Geschichte. Der
Magnetstein findet sich hauptsächlich • in Schweden, dem Vatcr-
landc der schwedischen Zündhölzchen, welche, >vie Alles, nach-
gcmacht werden und dann nicht brennen, >vas man Industrie
nennt. Die Magnetnadel ist für Näherinen und Schneider
weniger brauchbar, als für Naturforscher und Seefahrer. Der
größte Magnet ist die Erde selbst, welche für uns Menschen
eine so große Anziehungskraft besitzt, daß wir uns nur schwer
von ihr trennen können. Der Vereinigung von Elektricität
und Magnetismus verdankt der Telegraph seine Entstehung und
dürfen wir erwarten, daß noch weitere wichtige Anwendungen
dieser beiden geheimnißvollen Kräfte der Zukunft Vorbehalten sind.
Damit hätten wir das Gebiet der Physik erschöpft und
fürchten, die Geduld der Zuhörer ist es schon, d'rum schnell
nur noch einen Gedanken! Wenn cs auf dem nicht mehr un-
gewöhnlichen Wege populär-wissenschaftlicher Vorträge gelungen
sein wird, die Wissenschaft zum Gemeingut aller Gebildeten
und Ungebildeten zu machen, dann kommt die Zeit, wo Jeder
einsieht, daß hinter dem ziemlich durchsichtigen Vorhang, der
uns Gelehrte von dem gemeinen Volke trennt, noch ein dichterer
ist, den Menschenhand nie heben wird und den auch wir deshalb
vorläufig nicht lüften wollen. .
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Populär-wissenschaftlicher Wander-Vortrag des Dr. Sulphurius über Physik"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 71.1879, Nr. 1786, S. 122
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg