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Ehrgeiz!

(täflen, aber ich sehe wirklich nichts — - —. hier wurde

ich vorgestern unterbrochen. Ich habe seither ein paar schwere
Stunden durchlebt! Es kam ein Brief des Verlegers mit dem
Vorschlag, Arthur möge zu „Nutz und Frommen des Ganzen"
eine Episode kürze». Mein lieber Mann war empört und
gerieth beinahe außer sich. Er las mir die Episode vor, und
f nun, da ich darauf ausmcrksam gemacht worden war, kam sic
mir auch, zwar sehr schön, doch aber etwas lang vor. Denke
nur, Arthur betrachtete mich dasür als Vercätherin und meinte:
was ich sagen würde, wenn man unserer kleinen Else ein Glied
amputiren würde? Bei dieser Vorstellung wurde mir so jämmer-
lich zu Muthe, daß der gute, liebe Mann ganz erschrocken um
mein Flacon lies. Wie gut, wie zärtlich, wie liebevoll er ist!
Sonst besitzen geistig hervorragende Menschen wenig Gcmüth.
Er aber hat Alles. Ware nur die Corrcclur jchon fertig!

In alter Freundschaft die Deine.

Meine theu're Agathe! Hier sende ich Dir das Schönste
und Beste, das ich zu geben vermag: meines Arthurs Dichtung.
Als ich sie, ein schmuckes Bändchen, vor mir liegen sah, da
wurde mir gar eigen zu Muth. Wahrhaftig, cs erscheint
mir jetzt wie ei» lebendig gewordenes Wesen, und ich bcgrcise
Arthurs Bewegung, als er das Buch zur Hand nahm. Unter
uns — er arbeitet schon ivieder an einem andern. Mit fieber-
hafter Spannung erwartet er jetzt die Kritiken über sein Kind.
Nun, jeder Mensch ivciß aus Erfahrung, wie nervös das Warten
niacht, und ich warte von ganzem Herzen mit. Ach ja, er
hatte recht, der gute, alte Professor: „Des Weibes Ehrgeiz ist
die Liebe". Ich hätte nie gedacht, daß man eine Zeitung mit so
argem Herzklopfen erwarten könne. Wenn Du Elbach wählst,
wirst Du das auch erfahren. Natürlich kann die Kritik nur günstig
sein, allein man ist doch merkwürdig gespannt und ausgeregt.

__ Deine Constanze.

Es ist unglaublich, meine liebe Agathe! Die Zeitungen
befassen sich niit dem albernsten Zeug, Fachblätter besprechen
das Unbedeutendste in ellenlangen Artikeln, und über Arthurs
Epos ist iwch keine Besprechung erschienen, obwohl es nun schon
beinahe drei Wochen auslicgt. Nun ja, so geht cs einem, wenn
man das Unglück hat, ein Deutscher zu sein. In Frankreich
wird schon der erste Flügelschlag des Genies mit Jubel begrüßt.

Arthur meint, di- seßhaften Literaten hätten sich mit ein-
ander verschworen, ihn todt zu schweigen. Du kannst Dir vor-
stellen, in welcher Stimmung er sich befindet. Natürlich kann l
er in solcher Auftcgung auch nicht arbeiten. Diese Kritiker !
sind wahre Talentmördcr, auch wenn sic schweigen. Ich dachte,
wir seien nun in den Hasen der Ruhe eingelaufcn, aber mein
armer Arthur ist ausgeregtcr als je, und somit ist es auch Deine
Freundin. I
30. Juli 1880. I

Theurc Agathe! Was wir so lange vergeblich ersehnten, !
haben wir nun, man könnte sagen in Uebcrsüllc, Krittke» nämlich. |

ge Liebe. 115

Ich hätte cs gar nicht für möglich gehalten, daß cs so viele
Standpunkte gebe für die Beurtheilung ein und derselben Sache.
Gott sei Dank, die große Mehrzahl ist ehrenvoller Anerkennung
voll — (wenngleich Arthur behauptet, kein einziger unter all'
diesen Kritikern habe ihn verstanden), manche aber sind offenbar

tadclsüchtig, und eine --eine — — !! Ein Schmähartikel

der boshast-gemeinstc» Art. Ich danke den, Himmel, daß mir
das Zcilungsblatt in Abwesenheit meines Mannes zu Händen
gekommen, und ich cscamotirle es. Da speiste vorgestern Herr
Bärbach, Du weißt, Arthurs bester Freund, nebst einem halben
Dutzend anderer Gäste bei uns. Beim Dessert bracht- Bärbach
das Gespräch aus den unseligen Artikel, und all' mein Augen-
zwinkern und Scrvicltcnsächcl» hals nichts. Und denke nur, als
Arthur seine Uukenntniß dieser Besprechung erwähnte, zog der
„beste Freund" das Blatt aus der Tasche und regalirte uns
damit vom Ansang bis zum Ende. Welch' peinliche Verlegen-
heit für Alle! Ich bewunderte Arthurs Fassung. Aber welche
Nacht verbrachte er! Ob die Leute wohl so schrieben, wenn sie
wüßten, welche Rächte es kostet? Wen» Du Elbach wählst, so
möge ihn der Himmel vor diesem Kritiker bewahren. Freilich
bars man den Schatten nicht scheuen, wo man auch so helles
Licht genießt, und ich bin gar stolz, die Frau eines Dichters
zu sein. Sollte aber Dein Herz noch nicht entschieden, noch
keine Wahl getroffen haben, so wäre es doch vielleicht besser,
wenn Du den Gutsbesitzer heirathen würdest. Lebe wohl, und sei
nicht exaltirt; cs meint cs so gut mit Dir Deine alte Freundin

_ Constanze.

Traum und Wirklichkeit.

„Du, Kathi, jepl Hab' ich g'rad einen schrecklichen Traun, g'habl;
mir hat 'träumt, ich sei mit mei'm Borg'jetzlcu in Streit 'komme»
und hab',1 in der Hitz' 'n Esel g'heiß'n; d'rauj hat'« an Donner-
schlag 'Ihan, und fünf Minuten darnach war ich brodloS!"

„Mach' Dir nix d'rau» aus dem Traum, d' Wirklichkeit iS ja
net so traurig, — sieh'. Du hast ja von gestern noch a' Fastcnbrehcn
in Dei'm Ueberziehcr!" _
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Traum und Wirklichkeit"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1884
Entstehungsdatum (normiert)
1879 - 1889
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 81.1884, Nr. 2046, S. 115

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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