98 Der schwerhörige Bauer.
sichter von der Anstrengung kirschroth werden. — Vergeblich. Der Notzenbauer
hat wieder nicht verstanden.
Postbeamter: „Himmelkreuzdonnerwetter! Huber, gehen Sie 'mal in der
Post herum! Alles, was Beine hat, bringen Sie mit!" — Huber geht aus dem
Bureau und kommt nach einigen Minuten in Begleitung von sechs Postillons,
fünf Briefträgern und zwei weiteren Bureaudiencrn zurück. Die beiden Post-
beamten, sowie die anderen herbeigerufenen Personen gehen aus dem Bureau
heraus auf den vor dem Schalter stehenden Notzenbauer zu. Auf das Geschrei
von vorhin sind noch eine Menge anderer Leute in die Postvorhalle geeilt.
Diese, die zwei Postbeamten, die sechs Postillons, die fünf Briefträger und die
drei Bureaudiener gruppiren sich in einen Kreis um den tauben Bauer herum.
Postbeamter: „Jetzt paßt Alle auf! Ich zähl'bis auf drei, dann schreit
Ihr Alle: „Zwanzig Pfennig'!" Zählt: „Eins — zwei — drei!" Nach „drei"
ertönt durch die Postvorhalle: „Zwanzig Pfennig'!" mit solcher Vehemenz, daß
das Postgebäude in seinen Fugen erzittert. Ein Grinsen des Notzenbauern be-
zeugt, daß er endlich verstanden hat. Er legt das Geld auf den Schalter.
Der Postbeamte athmet erleichtert aus. Die Versammlung löst sich unter all-
gemeiner Heiterkeit aus. _
Aus dem Gcrichtssaal.
Richter (zum Angeklagten): „Sie sind wegen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt angeklagt worden; waren Sie etwa angetrunken?" — An-
geklagter: „Leider nein, hoher Gerichtshof!" — Richter: „Wieso?" —
Angeklagter: „Na, wenn ich betrunken gewesen war', wär so was gar
nicht vorgekommen!" _
Hiiiausgcgcbcn.
Anwalt: „G'rad wie die Maurer: Wenn's Zwölf schlägt, wird die
Feder weggeworfen!" — Schreiber: „Jawohl, Herr Doctor, g'rad wie die
Maurer — nur daß die per Tag vier und wir blos zwei Mark haben."
Crinolin-Jeremiade.
H|k ist da!
fp» Sie ist wieder da —
Die vielverspottete,
Nie ansgerottete,
Seidenzeug rauschende,
Röcke aufbauschende,
Schändlich entstellende,
Höher stets schwellende,
Wege verengende,
Männer bedrängende,
Wahrhaft abscheuliche,
Künstlern ganz gräuliche
Mode des Rcifrocks!
Wieder umgürtet
Bald sich die Jugend —
Nicht mit der Tugend,
Nein, mit den steifen,
Stählernen Reifen,
Und uns're Frauen
Sind wie gewaltige,
Biel Eimer-haltige
Fässer zu schauen!
Ueberall schweben
Wandelnde Glocken —
Drinnen als Schwengel
Weibliche Engel —
Bringen das Leben
Der Straße in's Stocken,
Und im Theater
Sitzet der Vater,
Sitzet der Gatte,
Gleich einer Platte,
Kläglich gequetscht! —
sichter von der Anstrengung kirschroth werden. — Vergeblich. Der Notzenbauer
hat wieder nicht verstanden.
Postbeamter: „Himmelkreuzdonnerwetter! Huber, gehen Sie 'mal in der
Post herum! Alles, was Beine hat, bringen Sie mit!" — Huber geht aus dem
Bureau und kommt nach einigen Minuten in Begleitung von sechs Postillons,
fünf Briefträgern und zwei weiteren Bureaudiencrn zurück. Die beiden Post-
beamten, sowie die anderen herbeigerufenen Personen gehen aus dem Bureau
heraus auf den vor dem Schalter stehenden Notzenbauer zu. Auf das Geschrei
von vorhin sind noch eine Menge anderer Leute in die Postvorhalle geeilt.
Diese, die zwei Postbeamten, die sechs Postillons, die fünf Briefträger und die
drei Bureaudiener gruppiren sich in einen Kreis um den tauben Bauer herum.
Postbeamter: „Jetzt paßt Alle auf! Ich zähl'bis auf drei, dann schreit
Ihr Alle: „Zwanzig Pfennig'!" Zählt: „Eins — zwei — drei!" Nach „drei"
ertönt durch die Postvorhalle: „Zwanzig Pfennig'!" mit solcher Vehemenz, daß
das Postgebäude in seinen Fugen erzittert. Ein Grinsen des Notzenbauern be-
zeugt, daß er endlich verstanden hat. Er legt das Geld auf den Schalter.
Der Postbeamte athmet erleichtert aus. Die Versammlung löst sich unter all-
gemeiner Heiterkeit aus. _
Aus dem Gcrichtssaal.
Richter (zum Angeklagten): „Sie sind wegen Widerstandes gegen die
Staatsgewalt angeklagt worden; waren Sie etwa angetrunken?" — An-
geklagter: „Leider nein, hoher Gerichtshof!" — Richter: „Wieso?" —
Angeklagter: „Na, wenn ich betrunken gewesen war', wär so was gar
nicht vorgekommen!" _
Hiiiausgcgcbcn.
Anwalt: „G'rad wie die Maurer: Wenn's Zwölf schlägt, wird die
Feder weggeworfen!" — Schreiber: „Jawohl, Herr Doctor, g'rad wie die
Maurer — nur daß die per Tag vier und wir blos zwei Mark haben."
Crinolin-Jeremiade.
H|k ist da!
fp» Sie ist wieder da —
Die vielverspottete,
Nie ansgerottete,
Seidenzeug rauschende,
Röcke aufbauschende,
Schändlich entstellende,
Höher stets schwellende,
Wege verengende,
Männer bedrängende,
Wahrhaft abscheuliche,
Künstlern ganz gräuliche
Mode des Rcifrocks!
Wieder umgürtet
Bald sich die Jugend —
Nicht mit der Tugend,
Nein, mit den steifen,
Stählernen Reifen,
Und uns're Frauen
Sind wie gewaltige,
Biel Eimer-haltige
Fässer zu schauen!
Ueberall schweben
Wandelnde Glocken —
Drinnen als Schwengel
Weibliche Engel —
Bringen das Leben
Der Straße in's Stocken,
Und im Theater
Sitzet der Vater,
Sitzet der Gatte,
Gleich einer Platte,
Kläglich gequetscht! —
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der schwerhörige Bauer" "Hinausgegeben" "Crinolin-Jeremiade"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum (normiert)
1885 - 1885
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 83.1885, Nr. 2096, S. 98
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg