Fliegende Blätter (83.1885 (Nr. 2084-2109))

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Ein Abenteuer in der Residenz.

Käserling saß im „Adler", um sich in einem Glase Bier Ruhe
und Geduld zu trinken und sein übervolles Herz konnte cs nicht
verwinden, den ihm bekannten Stammgästen Mittheilung von
seinen Hoffnungen zu machen. Alle stießen mit ihm ans frohe
Erfüllung derselben an, nur der junge Referendar Haberkorn
strich bedenklich den sprossenden Schnurrbart und bemühte sich
sein ernstestes Gesicht aufzustecken.

„Auch Ich wünsche Ihnen alles Glück, lieber Käferling",
begann er endlich, „aber, wenn Sic demnächst Sr. Excellenz
dem Kultusminister aufzuwarten beabsichtigen, so würde ich
Ihnen — hm — so würde ich Ihnen denn doch rathen —
hm —

Der Referendar schwieg scheinbar verlegen und nahm einen
tiefen Schluck Bier.

Käferling schaute ihn verwundert an und da Haberkorn
noch immer schwieg, fragte er: „Nun, was würden Sie mir
denn rathen, Herr Referendar ?"

„Ich würde Ihnen rathen — ich weiß, lieber Käferling,
daß ich da eine wunde Stelle bei Ihnen berühre — aber da
ich cs wirklich gut mit Ihnen meine und die Residenz doch
genauer kenne als Sie — "

„Nun, so reden Sic doch nur!" fuhr Nikodemus ungeduldig
dazwischen.

„Sehen Sie, lieber Käferling", begann der Referendar
wieder, „cs ist nicht gerade schön, aber in unserem Staate
hat in neuerer Zeit Alles so einen stramm militairischen Zu-
schnitt und ganz besonders bei unseren Behörden, daß ich fürchte.

Ihre Haarfrisur — über die ich mir sonst keinerlei Bemerk-
ungen erlauben würde — wird dem Kultusminister nicht eben
sehr gefallen, und ich könnte Ihnen hundert Beispiele erzählen,
>vo an einer solchen Aeußerlichkeit die schönsten und berechtigsten
Hoffnungen scheiterten."

Käferling wollte eben gekränkt antworten, als die Thüre
ausflog und der Lehrling der Hirschapotheke athemlos hcrein-
stürzte und dem Provisor eine soeben eingetroffene telegraphische
Depesche überreichte. Käferling riß mit zitternder Hand das
Papier auseinander und las laut: „Uebermorgen früh 9 Uhr
Audienz beim Minister. Dein Onkel."

Das Städtchen Messerwitz lag abseits der Eisenbahn und
die nächste Bahnstation war nur durch eine mehrstündige Post-
fahrt zu erreichen. Der Provisor mußte daher,, um in der
Residenz am nächsten Abend einzutreffen, bereits am anderen
Morgen in aller Frühe die Post benutzen; und nach kurzem Ab-
schied von den Güsten „des Adlers" stürzte Käferling in höchster
Erregung nach Hause, um seine Sachen zu packen. Die Rede,
welche Nikodemus dem Minister zu halten gedachte, hatte er
ans alle Fülle bereits fest memorirt, und während er nun den
neuen Frack nebst sonstigem Zubehör dem Reisekoffer anvertraute,
wiederholte er laut und pathetisch die Worte seiner Anrede.
Immer deklamirend probirte er dabei noch einmal den neuen

Cylinderhut vor dem Spiegel und auf einmal blieben ihm die
Worte im Munde stecken, denn so stolz Nikodemus sonst auf
seine Löwenmähne war, heute erschien sie ihm zum ersten Male
selbst ausfällig und ungewöhnlich; — das Gift, das der Refe-
rendar Haberkorn ihm eingeträufelt, begann zu wirken.

(Fortsetzung folgt.)

Widerlegt.

A: „Beim Medicinalrath
Schneidle machen sich doch
allmählich die Jahre recht
bemerkbar."

B: „Kann ich nicht finden.
Der Mann schreibt für sein
Alter noch recht kräftige
Rech nungen."

Naturspiel ä la Darwin.

Selbstgcfiihl.

Lieutenant: „Auf
Ehre, Herr Kam'rad, dieser
Dienst bei der Infanterie ist
jeradezu aufreibend; — da
könnte man fast Lust kriegen,
Civilist zu werden, wenn
auch nur — als janz j e-
w ö h n l i ch e r I e h e i m -
r a t h !"

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