Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ü-a-u



9-4X

Georg Lufiny, Die Ebene von Kethe

KRIEGSZEICHNUNGEN VON GEORG LÜHRIG.

Die mittelbaren und unmittelbaren Einflüsse dieses Krieges auf die Kunst zu untersuchen,
dafür ist die Zeit natürlich noch nicht gekommen. Der Krieg von 1870 bietet auch keine Analogie,
da, wie wir ja heute klar übersehen können, die damals von Frankreich ausgehenden künstlerischen
Anregungen ohne jede Hemmung über die Kriegszeit hinüberflossen und in Wirkung blieben. Unser
heutiger Kampf ums Dasein ist eben nicht mit jenem verhältnismäßig kurzen, lückenlosen Sieges-
zuge zu vergleichen. Es ist vielmehr anzunehmen, daß die ungeheuerlichen Opfer, die heute aus-
nahmslos jeder einzelne darbringt, auf den Charakter und die Weltanschauung unseres ganzen Volkes
wesentlich einwirken werden. In welcher Weise sich diese Einflüsse geltend machen werden, ist, wie
gesagt, zurzeit noch nicht erkennbar; vielleicht dürften sogar einige Jahrzehnte nötig sein, um den
rechten Abstand zur objektiven Beurteilung gewinnen zu können. Das Einzige, was uns bereits jetzt
schon zugänglich ist, sind die nackten Tatsachen, die der Krieg selbst geboren hat. Es ist nicht
unwahrscheinlich, daß sich das Bedeutendste erst nach dem Kriege formen wird, wenn die beäng-
stigende Fülle der Erlebnisse sich klärt und sondert, wenn die Kräfte sich wieder in ungestörter Ruhe
zur höchsten Arbeitsleistung sammeln und anspannen können.

41
 
Annotationen