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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 29.1931

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Heft 5
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München
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Post, Hermann: Neues aus Amerika
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Scheffler, Karl: Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.7610#0244
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erfaßt, zeugt nicht von einer überragenden Malergenialitat,
wohl aber hat es Einzelnes (wie jene kleine südfranzösische
Landschaft von Perquerolles) aufzuweisen, das der Vergessen-
heit entrissen zu werden verdient. — Gleichzeitig werden bei
Heinemann Bilder von Hans Böhler-Wien gezeigt: eine aparte
Malerei von verhaltener Farbigkeit, zu deren dekorativem
Charakter die Aufteilung der Bildfläche in große, breite,
ziemlich derb aufgetragene Farbflecken wesentlich beiträgt.

Hans Eckstein

NEUES AUS AMERIKA

Auf der Auktion derSammlung der Comtesse de la Beraudicre
(A.A.A.A. Galleries) brachte eine Büste Houdons 80000 Dol-
lars und ein Selbstbildnis
Prud'hons 19000 Dollars. Der
Gesamterlös betrug 277455
Dollars für 476 Objekte.

Die Versteigerung derSamm-
lung Ambroise Monell ebenda
brachte im Ganzen 355465
Dollars.

Das Metropolitan Museum
plant eine Vergrößerung des
Museumsgebäudes. Kosten et-
wa dreiundeinhalb Millionen
Dollars.

In den Goldschmidt Galle-
ries und Reinhardt Galleries
ist nunmehr der Weifenschatz
ausgestellt. Die großen Zeitun-
gen brachten lange Berichte.
Der „New York American"
bringt in Fettdruck die Über-
schrift: „$ 5000000 — Art
Treasure. Saints' Bones seen"
(man kann die Knochen von
Heiligen sehenj. Der Eintritt
kostet einen Dollar.

Eine Lautrec-Ausstellung (35
Bilder) findet im Art Institute
von Chicago statt.

BERLIN
In der Kunsthandlung Viktor
Hartberg macht der Gesamt-
eindruck der Ausstellung Otto Nagels zunächst betroffen. Man
tritt in eine Welt, die schwarz ist wie ein Sarg. Schwarze
Landschaft, schwarze Interieurs, schwarze Menschen mit
fahlen Gesichtern und schwarze Bilderrahmen. Dazu große
Formate, so daß das Schwarz an den Wänden auch quanti-
tativ wirkt. Das Lebenswerk dieses aus dem Arbeiterstand
zur Malerei Gelangten ist ein Bekenntnis und als solches
eindrucksvoll. Ein Bekenntnis zu einer hoffnungslosen Auf-
fassung großstädtischer Industriearbeit und Berliner Proletarier-
elends. Das Ganze ist eine Klage, eine Anklage, ein Manifest.

Nagel hält es offenbar für die Pflicht seines Lebens, so zu
malen, ihm würde es offenbar Verrat andeuten, als Künstler
aus der Front seiner Genossen herauszutreten und sie zu
verlassen. Hier malt ein aufs tiefste überzeugter Mensch.
Leider versteht er nicht, auch andere zu überzeugen. Nicht
künstlerisch und darum auch nicht menschlich. In unserer
Zeit nimmt seine Stoffwahl die öffentliche Meinung sehr für
ihn ein. Ungefähr so, wie vor dreißig Jahren einem Maler
Vorgabe zugebilligt wurde, der Majestäten und dergleichen
malte. Darüber hinaus versteht Nagel aber die ihm entgegen-
gebrachte Sympathie nicht zu steigern. Sein Schwarz bleibt
tot, es ist stumpf und rußig; in seinen Bildern ist keine Form,

die durch sich selbst spricht.
Es sind ein paar zeichneri-
sche Ansätze zu spüren, ein
paar Köpfe und Körper, in
denen wenigstens leise ein Ge-
staltungsinstinkt sichtbar wird;
das aber geht unter im trost-
losen Einerlei des künstle-
risch nicht genügend Empfun-
denen. Oder es läßt allzu
deutlich an Vorbilder denken.
Da die Form nicht einmal
sensationell zugespitzt ist —
das liebt Gesinnungskunst
sonst zu tun —, so bleibt zu-
letzt im Betrachter Teilnahms-
losigkeit und Unbehagen we-
gen der lauten, peinlichen
Mahnung an das soziale Ge-
wissen. Nagel begann pri-
mitiv als Autodidakt; im Laufe
der Jahre hat er sich eine
Fertigkeit des Pinsels ange-
eignet, die eigentlich schon
etwas wie Verrat an seinen
Prinzipien ist. Wie soll das
nun weitergehen? Soll es eine
starre Manier werden, eine
schwarze Eintönigkeit aus viel
Charakter und zu wenig Ta-
lent"' Ist es nicht möglich,
den Maler, der unsere ganze
Achtung hat, zu überreden, weniger an die proletarische Ge-
sinnung und mehr an die Kunst zu denken? Auf dem Parnaß
gibt es kein soziales Problem. K. Sch.

An verschiedenen Stellen war junge deutsche Kunst aus-
gestellt: bei den Juryfreien, in zwei Ausstellungen des Künstler-
hauses und im Reckendorf haus. Auch die Ausstellung
Schlemmers in der Galerie A. Flechtheim kann hinzugezählt
werden. Alles dieses wird Curt Glaser im nächsten Heft
zusammenfassend besprechen.

MAX LIEBERMANN, BILDNISZEICHNUNG
HOFSTEDE DE GROOT

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