Kladderadatsch: Humoristisch-satirisches Wochenblatt (32.1879)

Berlin, den 4, Mai 1879.

XXXII. Jahrgang.

Nr. 2«.

Humoristisch=fatiri sches 11» ochriitiloll.

Dieses Blatt erscheint täglich mit Ausnahme der Wochentage. Man
abonnirt bei den Post-Anstalten des In- und Auslandes, sowie in
den Buchhandlungen.

Der vierteljährliche Abonnements-Preis mit sämmtlichen
beträgt für In- und Ausland 2 M. 25 Pf.
Einzelne Nummern 25 Pf.

Beilagen

»blich bringt der Draht die Lunde, daß das große werk geschehen!
Endlich haben die üulgaren einen Fürsten sich ersehen!

Als man sämmlliche Notablen cingeschloffen mit einander,

Scholl es bald durch Thür und Wände: „Lril dem Fürsten
Alexander I"

Wenn auch jubelnd auf den Händen jetzo trägt dein treues Land dich,
Setze nur mit halber Sasis prüfend auf des Thrones Rand dich!
Ach, gar oft sind junge Throne schlecht geleimt nur, und die treusten
Rnterthanenhände ballen oftmals sich zu schnöde» Fäusten.

Heil dir, junger Fürst! Der üaiser gibt dir gnädig feinen Segen,
von den Höfen von Europa strömt ein Telegrammenregen,

Ghne Neid, von ganzem Herzen gratulirl dir selbst der Sultan;

Nimm, o Herrscher der üulgaren, nimm auch meinen Gruß in Huld an!

Laß aus Gold und lichten Steinen immer dir rin Lrönlcin baue»!
welchen Sterblichen vrrdrölf' es. sich in solchem Schmuck zu schauen?
Doch versorge auch bei Zeiten dich mit einer Rrisemützr;

Oftmals ist bei rafchem Aufbruch dieses schlichte Diiu, gar nütze.

And gestatte mir — du weißt ja, daß ich's redlich mit dir meine —
Daß ich mit dem Wunsch des Glückes einen guten Uath vereine;
Manchen Helden sah ich fallen, manchen Tyron auch sah ich brechen,
Laß darum ein wort der Weisheit mich zu deinem Ghre sprechen.

Wenn du einzogst in Ttrnowa, wenn du deinen Thron bestiegen,

Laß, was dir nicht dringend nöthig, ruhig in den Soffern liegen!
Gstmals folgt dem schönsten Glücke schnell Las Unglück auf den Hacken;
Lieh, dann brauchtest du den Loffer nicht aufs Neue erst zu packen.

So im klugen Sinn gewärtig auch des nllerfchlimmstcn Falles,

Magst das Ding getrost du wagen; denn versuchen läßt sich Alles.
Gerne fleh' ich treulich rathenü dir zur Seite und berichte
Jedes fröhliche Ereigniß aus des jungen Reichs Geschichte.

Magst als Greis du noch gebielrn in dem Lande der üulgaren,
Magst zur Heimat bald als simpler Prinz von Sattenberg du fahren:
Heil uns I Großes Glück nach langem schwerem Leid ist uns befchiedcn;
Senn üulgarirn ist befürstct, und Europa bleibt in Frieden!

Maddersdatsch.