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D»!- riitfiiK Mittel. ^r-

Du könntest glücklich jein, o Vaterland,

Und mit vergnügten Blicken um dich schauen.
Vom Moselstuß bis an den Ostseestrand
Mehr oder minder lachen deine Auen.

Viel Städte zählst du, herrlich auzusehn,

Werth, daß von fern her man zu ihnen wandre:
Zielenzig, Potsdam, Neustadt, Spree-Athen,

Die beiden Straßburgs, und noch tausend andre.

Dir wird nicht bange, wenn du Durst bekommst,
Daß ungestillt er wieder sich verliere;

Der Weinbau blüht von Rüdesheim bis Bonist,
Und weiter noch nach Norden gehn die Biere.

An Sängern, deinen Ruhm zu künden, fehlt
Es dir wahrhaftig nicht in unfern Tagen.
Fünftausend Dichter hast du, schlecht gezählt,

Die fast unausgesetzt die Leier schlagen.

Dich quält eS nicht, was Frankreich raubt die Kraft:
Der Wunsch, sich immer wieder z» verändern;

Dich ängstigt nicht, was England Sorgen schafft,
Denn deine Wacht steht treu in fernen Ländern.

Wie könntest glücklich du, o Deutschland, sein,
Erfreuend dich an Machtbesitz und Ehre,

Wenn nicht — ein jeder ja hat seine Pein —
Wenn nicht der gräuliche Culturkampf wäre!

Der wankt und weicht nicht — ach, kein Mittel nützt,
Das du versucht hast, manche» Arzt befragend.

Wie eine Reblaus an der Wurzel sitzt,

Sitzt er auf dir, beständig an dir nagend.

Wie wirst du los ihn? Ach, der Papst sogar,
Wenn du ihn fragst, so schüttelt er in trüber
Rathlosigkeit den Kopf; denn offenbar
Ist Windthorst ihm in diesen Dingen über.

So weiß ich nur ein Mittel eigner Art,

DaS noch vielleicht als einziges auf Erden
Dir helfen könnte — freilich klingt eS hart:

Bismarck muß fort, und Windthorst Kanzler werden!


Der 1IT a fri) = £1 f> c n ö.

Unter diesem Titel bringen wir eine Einrichtung in Vorschlag, welche
geeignet ist, in außerordentlicher Weise die Arbeiten unserer Parlamente zu
fördern.

Es.kann dem unbefangenen Beobachter nicht entgehen, daß unsere parla-
mentarischen Verhandlungen durch Dinge, welche nicht nothwcndig dazu
gehören, aufgchalteu und gestört werden. Dahin rechnen wir z. B. die Er-
örterungen über die Frage, wer den Culturkampf angefangen habe und die
persönlichen Auseinandersetzungen und Sticheleien zwischen den Mitgliedern
verschiedener Fractionen. Welch einen ungeheueren Raum in dem Sitzungs-
bericht nahm erst neulich die Unterhaltung zwischen den Herren Windthorst
und Stöcker ein, die sich darum drehte, ob Herr Stöcker Culturkämpfer
und ob Herr Windthorst cvnservativ sei. Mit dieser vollkommen glcich-
giltigcn Sache wurden kostbare Stunde» vertrödelt, während die Geschäfte
des Landes liegen blieben. Zu diesen ganz unnöthigc» Dingen gehören
auch die Bemerkungen über dicke Köpfe gewisser Abgeordneten, die giftigen
Ausfälle auf de» Gegner, die hämischen Zwischenrufe, die Belehrungen über
bekannte Dinge und unzähliges andere, womit unsere Parlamente einen
großen Theil ihrer Zeit hinbringen und zum Leidwesen des vernünftige»
Lesers die Spalten der Blätter füllen, welche über die Sitzungen berichten.

Alles dieses könnte sehr wohl außerhalb des Reichs- und Landtages in
einer freien parlamentarischen Abend-Unterhaltung erledigt werden. Wir
schlagen vor, daß eine solche unter dem Namen „Wasch-Abend" ein oder
zwei Mal in jeder Woche, so lange die Parlamente in Berlin versammelt
find, veranstaltet werde. Ein geräumiger Saal dafür mit einer Gallerie,
auf der ein zahlreiches Publicum Platz hat, wird sich ja schon finden. Das
Publicum bezahlt natürlich Einttittsgeld.

Diese Wasch - Abende können nun ganz der persönlichen Polemik ge-
widmet sein. Alles Unangenehme, was nicht zur Sache gehört, kann vor-
gebracht werden, und jede gereizte Stimmung sich auStobcn, und zwar ohne
Furcht vor Ordnungsrufen, den» diese sind natürlich von vornherein aus-
geschlossen. So werden sich die Herzen erleichtern, und das versammelte
Publicum, welches natürlich auch danach ist, wird ein großes Vergnügen
an der Sache haben und demselben theils durch Beifallssalven, theils durch
Oho- und Pfui-Rufe, sowie durch Werfen mit leichteren Gegenständen Aus-
druck geben.

Musik darf an den Wasch-Abenden nicht fehlen. Sie spielt zwischen den
einzelnen Reden und macht es sich besonders zur Aufgabe, komische Effecte
hervorzurufen. Hat z. B. Bebel oder ein anderer Socialdemokrat eben stark
an den Säulen des Staates gerüttelt, so fällt sie ein mit der Volkshymnc;
hat Windthorst in steinerweichcnden Worten die drangvolle Lage des
heiligen Vaters geschildett, so intonirt sie die Weise: „Der Papst lebt herr-
lich in der Welt" ». s. w. Den Abschluß des Abends biloet der Bierwalzcr.

Wann auf diese Weise das unsachliche Redebedürfniß und die Gereizt-
heit Gelegenheit finden, sich anderwärts abzulagcrn, so werde» die parla-

mentarischen Verhandlungen sofort an Ruhe und Sachlichkeit gewinnen und
die Arbeiten der Volksvertreter werden so sehr gefördert und beschleunigt
werde», daß es wahre Lust sein wird, für den Reichskanzler, für das Land
und endlich auch für den Parlamentarier selbst, er gehöre zu welcher Partei

Die Toterniitc».

Spricht Herr Stöcker: „Wehe! tief
Steckt ihr i» Verschuldung!

Von dem Papst bis zum Caplan
Fehlt es euch an Duldung."

Spricht Herr Windthorst: „Wer da will
Fremdem Unrecht wehren,

Vor der eignen Thüre mag
Er zuerst doch kehren!"

Seh' ich beide so im Streit,

Herzlich lachen muß ich:

Topf und Kessel schelten sich
Allen Ernstes nissig!

Der Erzbischof von Freiburg macht seine Geistlichen auf eine schon
länger bestehende Vorschrift aufmerksam, welche den Mitgliedern des CleruS
den Besuch von Witthshäuseru und die Anstellung von Haushälterinnen
unter 45 Jahren verbietet.

Die Geistlichen sind ja hierdurch in der Auswahl einer passenden Haus-
hälterin erheblich beschränkt, aber es ist doch anzuerkennen, daß wenigstens
»ach oben hin'keine Altersgrenze gezogen ist.

Ein neuer Schutzzofs.

Auf der letzten Auktion wilder Thicre, welche in London statifaud, waren
die Preise außerordentlich gedrückt. Krokodile sahen sich umsonst nach Käufern
um, Löwe» wurden für Butterbrote weggegeben und ei» Tiger, welcher nach-
weislich zwei Menschen gefressen hatte, holte kaum tausend Mark.

Es ist klar, daß bei solche» Preisen die Züchtung wilder Thiere, welche
früher mit so viel Erfolg im Berliner zoologischen Garten betrieben wurde,
nicht mehr als lohnend angesehen werden kann.

Sollte cs sich nicht empfehlen, in Anbetracht dieser Umstände einen Zoll
auf den Import reißender Thiere zii legen ? Derselbe dürfte nicht unter einer
Mark auf das Pfund Löwe oder Tiger, nicht unter 25 Pf. auf den Centi-
meter Schlange betragen.
 
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