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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 11 (1. Märzheft 1911)
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Lose Blätter
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0385
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Allgemeineres

Ida: Meinen Uly überlaßt nrir. Den wickel ich um den kleinen
Finger. Ach, wißt ihr, wenn ich jetzt so an ihn denke: es ist eigentlich gar
nicht so schlimm, daß wir zusammenbleiben. Schöncr Mann ist er doch.
(Sie umarmt die Eltern noch und zieht sich rasch an.) So! Fertig! Gleich
bin ich wieder da. (Ab)

N

Frau Knees (nach einer langen Pause): Mein klein Pappa, warum
sagst du gar kein Wort?

Knees: Ich weiß nicht, Mamma. Mir ist so eigen zumute.

FranKnees: Es hat dich wohl alles so angestrengt?

Knees: Das ist es nicht. Aber, klein Mamma, — ich mnß mir das
erst klarmachen. Unser Kind braucht uns ja gar nicht.

Frau Knees: Nein. Das scheint so.

Knees: Und wir haben all die Zeit gedacht, daß Ida nicht ohne uns
leben könnte.

Frau Knees: Ia, . . . das haben wir.

Knees: Wir haben uns das alles ganz anders vorgestellt mit demKind,
als es in Wirklichkeit ist. Wir haben uns gesorgt und gegrämt für sie. Und
jetzt müssen wir einsehen, daß wir ganz was Aberflüssiges getan haben.

Fran Knees: Ia, nun will nnser Kind für uns sorgen.

Knees: Mein klein Mamma, ich weiß nicht, mir ist beinahe so, als
hätten wir unser Kind jetzt . . . wie soll ich sagen? . . . als hätten wir
sie jetzt verlorcn. Als wäre das das Allerschwerste von dem, was wir
schon durchgemacht haben.

Frau Knees: Ia, mein klein Pappa. Ich fühl es auch fast so:
immer war das Kind bei uns, so lange sie noch weg war, aber jetzt, wo
sie da ist, da kommt es mir so vor, als sind wir ganz allein.

Knees: Komm dicht zu mir hcr, Mamma. So kalt ist mir noch
nie gewesen. Ganz nah an mich rücken, mein klein Mamma. Wir
beiden Alten . . . ja, ja . . . so allein. (Sie umfassen sich weinend.)

Ende

Nundschau

Monumentalität im
Geistigen

ine der bedenklichsten Vorstel»
lungen unsrer Zeit ist die, daß
alle Struktur der nicht in Bild
odcr Bau, sondern in Rede oder
Schrift ausgedrückten Wahrheit
»logisch" sein müsse.

Uns verwirrt hier die Doppel--
deutigkeit des Wortes „logisch".
Im eigentlichen Sinn bezeich--
net es die Negeln der Urteilsbil-
dung des analytischen Verstandes.
„Alle Menschen sind sterblich, Ca-

jus ist ein Mensch, also ist Cajus
sterblich." Im übertragenen
Sinn aber bedeutet es alles geistig
Gesetzmäßige überhaupt: die „Lo-
gik" cines Kunstwerks, einer Hand-
lung, ja eines Gefühls. Die Ver-
mischung oder Verwechslung von
Logik im eigentlichen und „Logik"
im übertragenen Sinne birgt aber
Gefahrcn in sich. Denn die „Logik"
einer innerlichen Lrfahrnng oder
eines Kunstwerkes ist ungefähr der
Gegensatz zur wissenschaftlichen Lo-
gik. So ist auch die „Logik" aller
Weltanschauung oder Religion

3(8

Kunstwart XXI V, ((
 
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