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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 11 (1. Märzheft 1911)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0384
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euch so selten was von mir hören ließ, und daß ihr jetzt so lange auf mich
warten mußtet!

Frau Knees: Du hast unsere Sorge für dich vielleicht nicht hoch
genug angeschlagen, mein Kind.

Ida: Nein, so hoch nicht, Mutter. Das hab ich erst in dieser Stunde
gelernt, und deshalb ist diese Stunde ja wohl die allerbeste in meinem
ganzen Leben. Ich glaube, ich bin jetzt erst so recht euer Kind geworden.
Aber ihr müßt euer Haus wieder haben. Ihr müßt ganz so leben wie
vorher. Wer hat das Haus gekauft?

Knees: Timm an der Ecke.

Ida (resolut): Der? Das ist ein alter Verehrer von mir. Den krieg
ich rum. Wohut er selber drin?

Frau Knees: Er hat vermietet. Schrecklich sieht der Garten jetzt
aus. Da sind fünf Kinder in der Familie.

Ida: Desto lieber ist er die Last wieder los.

Knees: Ia, kaufen, kaufen. Das sagst du wohl so. Aber wer soll
es denn bezahlen?

Ida: Einfach mein Mann. Der muß es schaffeu. Kleinigkcit für ihn.
Die paar tausend Mark Schulden mehr spielen für meinen Ulh keine Rolle.

Frau Knees: Aber wenn du dich scheiden läßt?

Ida: Davon kann natürlich jetzt gar keine Nede mehr sein.

Frau Knees: Nein?

Knees: Nanu?

Ida: Die Konfektion kann ich nicht antreten. Was andres weiß ich
für den Augenblick nicht. Also bleiben wir einstweilen ruhig zusammen,
ich und mein Uly. Ich telegraphiere es ihm gleich. Ietzt ist die Uhr
zwölf. Da frühstückt er im Felsenkeller. Ich lasse das Telegramm gleich
dahin bestellen, und ich wette, er gibt was aus zur Feier des Tages.

Frau Knees (kopfschüttelnd): Das sind aber wirklich merkwürdige
Verhältnisse, Kind.

Ida: Darum sorgt euch nicht. Die Hauptsache ist: ich bleibe ver--
heiratet und ihr zieht wieder in euer Haus.

Frau Knees: Aber denn bist du doch unsertwegen unglücklich.

Ida: Bewahre! So ist das nun auch nicht. Schluß mit meinen An-
gelegenheiten. Ietzt denken wir nur an das eiue: ihr sollt nichts ent--
behren und sollt vor allen Dingen endlich nicht mehr für mich sorgen,
sondern von nun an sorge ich für euch. Darauf freu ich mich mehr als
vorher auf die Konfektion.

Knees (verletzt): Das wäre ja denn wohl die verkehrtc Welt.

Ida: Nein, es ist die richtige. Die Eltern sollen auch ihr Gutes haben
von den Kindern, zu denen sie ihr Lebtag gut gewesen sind. Und ihr erst...
Ia, wenn ich euch das zugetraut hätte, daß ihr mir je die Unwahrheit sagen
könntet, dann wäre ich ja wahrhaftig schon eher gekommen. (Sie faßt
ihren Vater um.) Vadding, schäm dich! Vadding, gib mir noch einen
Kuß. Und jetzt telegraphier ich . . . (Sie denkt nach.) „Scheidung un°
möglich. Sende sofort tauscnd Mark. Anzahlung Grundstück." Dann
weiß mein Uly schon Bescheid, daß ich einen guten Kauf machen kann.
Dcn läßt er sich nicht entgehen.

Frau Knees: Aber wenn er nun hört, daß das Haus für uns
sein soll?

(. Märzheft Ml 3(7
 
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