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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 8 (2. Januarheft 1911)
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Avenarius, Ferdinand: Kinderzeichnungen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0138
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heute der Nachweis einer Anrichtigkeit den Stab übers ganze Bild,
wie man seinerzeit Böcklin damit zu erledigen glaubte, daß er Zeichen-
sehler mache! Wie viele freuen sich ihres „Kunstverständnisses", wenn
sie entdecken, daß irgendwo die Perspektive nicht stimmt, als wenn
es nicht ewige Kunst (ich nenne nur Giotto) mit höchst mangelhafter
Perspektive gäbe! Für wie viele bricht ein falscher Wirbel nicht nur
einer Gestalt, sondern einem Künstler den tzals! Nun ist's gewiß
eine feine Zucht, auf all derlei zu achten und sich der Vollkommenheit
anzunähern auch dabei. Aber deshalb, weil sich das Aussagen aus
dem Innern heraus wandelte unter der Aufnahme von außen her
in dieses Innere, deshalb sind die alten Kräfte aus der Kinderzeit
in uns nicht erloschen, sie, in denen nicht die Amwelt, sondern die
Persönlichkeit sich ausdrückt. Daß sie in der Karikatur noch weiter-
leben, sieht jeder, sie walten aber auch noch weiter in der Monumen-
talität. Sie walten im feierlichen Ernst geradeso gut noch fort,
wie im Scherz, sie walten überall, wo der erwachsene Menschengeist
etwas betont. Denn alles Betonen ist über das natürlich Gegebene
hinaus ein Merkzeichensetzen des Menschengeistes. Sie walten auch
im Spiel, das ein Äben der persönlichen Kräfte ist, indem es ausliest,
verbindet, umformt, und somit walten sie vom Monumente bis zum
Ornament. Nicht Nachahmen allein, sondern zugleich freies Bilden
mit all den Mitteln, die im Keim schon die Kindheit vorbildet, ist dann
die gesamte Griffelkunst bis zu den erhabensten Schöpsungen Klingers,
und deshalb in ihren Tiefen unergründlich einem, der nur dcm Nach-
ahmer der Wirklichkeit folgen kann. So wirft die Beschäftigung mit
dem Krikel-Krakel unsrer Kleinen Schlaglichter hinaus über alle Ge-
lände der Kunst. A

Kasperletheater. Nach „Was Kinder sagen und fragen" (München, R. Piper L Eo )

Lose Blätter

Aus „Glaube und Heimat" und aus dem „Königreich"
von Karl Schönherr

fSchönhcrrs „Tragödie cines Volkes" ist in Wien mit beispiellosem
Iubel aufgenommen worden. Man wird uns nicht verübeln, daß uns nach
unsrer viel angefochtenen früheren „Schönherrpropaganda" (Kw. XXI, (9
und XVI, 2) diese Tatsache besonders freut. Wir geben aber um sö
lieber von ihr Kcnntnis und von dem neuen Werk auch durch unsre
Probe eine Vorstellung, als das Stück über zahlreiche von den bedeutend-
sten Bühnen deutscher Zunge geben wird. Man darf hoffen, daß der

(06 Kunstwart XXIV, 8
 
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