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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 7 (1. Januarheft 1911)
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0100
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Unsre Bilder und Noten

as ganz meisterliche Hafenbild von Wilhelm Oertel, das der

Steindruck vor unserm Hefte reproduziert, schildert eine Schönheit

des Winters, die groß, die aber nicht „populär" ist. Nach meinen
Erfahrungen wenigsteus scheint der Mehrheit nur der heitere Winter
schön, der silberig glitzernde, womöglich mit Rauhreif, und klar beschieuen
von Sonue odcr Mond. Gehen wir mit irgendeinem spaziereu, während
solcher Winter waltet, so können wir sicher sein, darüber sind wir ohne
weiteres eins. Aber wenn es dämmerig, neblig, dunstig, düster ist? In
dcr rußigen Stadtluft gar über fröstelig nassen Straßen? Die meisten
sind sehr erstaunt, wenn man sie dann darauf aufmerksam macht, mit wie
großartiger Stimmuug das tiefdunkelrote Licht droben im Rauchdunst
waltet, wie malerisch schön die Silhouetten darin stehn, wie reich sich ein
Licht-- und Farben-Bilderspiel in den Pfützen auf dem Pflaster entfaltet.
Und erst im Freien, und erst an den Flüssen oder gar an den Seen!
Oertels Bild gibt eine ganz andre Stimmung als die von Lie geschilderte,
an die der Lingang uusres heutigen Leiters erinnert, aber schön ist sie
auch. Ruhig, einfach, groß, feierlich. Und dem Künstler ist es vollständig
gelungen, durch die malerische Schönheit hindurch solcher Natur-
stimmung genießen zu lassen.

Was dcm Winter schon die Photographie abgewinnen kann,
das können wir heute den Lesern au nicht weniger als acht Blättern
zweier wirklicher Meister ihrer Kunstmittel zeigen, des Photographen
Karl Heller in Samaden und des Hofphotographen Meiche in
Annaberg. Hier Hochalpen des Engadins, dort unberühmtes mittel-
deutsches Land — und doch wäre schwer zu sagen, woher die mächtigeren
Eindrücke gewonnen sind! Trägt doch tatsächlich der Winter das Freie,
das Ursprüugliche, das Große wenigstens fürs Auge auch in bescheidenere
Landschaften. Ich für mein Teil kann mich in jedes dieser Blätter
halbe Stuuden lang mit immer wachsendem Genuß versenken.

Die Bilder zu dem Aufsatze über Handzeichnungen sind, wie
im Texte bcmerkt, teils dem schönen Bruckmannschen Werke „Meister-
zeichnungen deutscher Künstler", teils dem an dieser Stelle schon oft
empfohlenen Kalender „Kunst und Leben" entnommen. Sie geben, der
Absicht des Aufsatzes gemäß, meist fast „fertige" Zeichnuugen wieder, da
es dem Ungeübten leichter geliugt, von solchen aus in die Wcrte der ersten
Entwürfe vorzudringen. Wir werden künftig andre Proben bringen.
Aber auch an unsern heutigen schon ist der Wert des „Strichs als Aus-
druck" oft genug zu sehn. Man prüfe daraufhin beispielsweise die Strich-
führung in der Zeichnung von Käthe Kollwitz. A

>, j nsre Notenbeilage nach Hugo Wolf ergänzt durch das Beispiel den
^-Rundschaubeitrag über Kcller und Wolf. Wie alle schwierigen Lieder
wird man auch dieses erst dann mit Sicherheit spielen und verstehcn, wenn
man den Text mühelos gegenwärtig hat. Das versteht sich für den
Säng er von selbst, iu diesem Fall aber wird mau es auch dem Beglciter
uicht ohne Schaden erlassen. Da der Einsatz ziemlich hoch licgt und
ciue vollkommen reine, ebenmäßige Tonbildung crforderlich ist, dabei
abcr das pp gewahrt werden muß, wird der gute Portrag dcs Liedes

s. Ianuarhest
 
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