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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 12 (2. Märzheft 1911)
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Langen, Gustav: Was nun?
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0457
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wie der Ministerialdirektor Reverdy aus München das gelegentlich
schilderte: »Ieder einzelne ist in einem Maße von den laufenden
Geschästen in Anspruch genommen, daß eigentlich in der ganzen Ver-
waltung nur sehr wenige Personen sind, die einmal Zeit haben ruhig
nachzudenken, wie etwas verbessert werden kann." Dies gilt vor allem
für den Mann, dessen Maßnahmen und Projekte auf viele Iahr-
zehnte hinaus geplant und durchdacht werden müssen, der alle Lebens-
bedürfnisse des Stadtorganismus zu studieren und mitzuerleben hat,
der ein Anwalt der wichtigsten öffentlichen Interessen gegen das ein-
zelne Privat- oder Standesinteresse zu sein hat, für den Städtebauer.

Er muß, am besten als Architekt und Künstler vorgebildet und mit
den übrigen Diszipliuen des Städtebaus technisch vertraut, als freier
Beamter zwischen den einzelnen Zweigen der Stadtverwaltung ver-
mitteln und alle Kräfte zu den großen Aufgaben vereinigen, welche
dem modernen Städtebau gesteckt sind.

Nichts gedeiht heutzutage ohne die Leitung einer lebhaft beteiligten
Persönlichkeit. Das weiß jeder Geschäftsmann. Aus unsern modernen
Großstädten ist im Wirrwarr der Interessen nichts Vesseres geworden
als ein unschönes, ungesundes und unwirtschaftliches HLuserchaos,
weil bisher das Bewußtsein fehlte, daß auch hier eine Persöulichkeit
ordnen und weitblickend organisieren müsse. Ohne Persönlichkeiten,
die nicht müde werden, für die Schönheit und Gesundheit der Stadt-
gebilde einzutreten, werden alle großzügigen Städtebaugedanken, wird
alle junge Begeisterung der Städtebaubewegung unterm grünen Tisch
der Parlamente sowohl, wie unter dem Tumult des täglichen Lebens
das bekannte lautlose Ende nehmen.

Wir haben solche Persönlichkeiten, haben Männer, die auch den
herrlichen Aufgaben des Städtebaus gewachsen sind. Die Zeit ruft
nach ihnen. Wird man's wagen, sie mit der rechten Macht an den
rechten Platz zu stellen? Gustav Langen

Lose Blätter

Neue Gedichte von Ferdinarid Avenarius

fDie sechste Auflage meiner „Stimmen und Vilder", die jetzt bei
Callwch erschienen ist, enthält eiue Anzahl alter Gedichte in recht ver-
änderter Form, aber auch eine Anzahl ganz neuer. Nun dcnken, die
Erfahrung bezeugt's, untcr unsern Lesern immerhin soundso viele: man
sollte sich einen, mit dem man sich aller vierzehn Tage zu tun macht,
auch von der, mit Verlaub zu sagen: poetischen Seite ansehen. Wäre
es nicht ein übler Dank, wenn ich diesen Edeln zumutcn wollte, sich
zu einer frühercn auch noch die neue Auflage meiner Verse zu kaufen,
da nun die alte veraltet ist? Also stell ich ihnen die neuen Gedichte
hier aufs Kunstwartpapier, soweit sie nicht etwa schon früher darauf
standen — dann haben sie die „Stimmen und Vilder" wieder „komplett".
Freilich, die vielen Änderungen sonst von den alten zur neuen Auflage!
Indesscn: es ist immer sehr die Frage, ob ein Poet beim Herumbosscln
scine Sachen besser oder schlechter macht! Und cr selber köunte das auch
als kritischer Mann nur wissen, wenn er aus der eignen Haut führe, um
sich selber mal von draußen zu besehn. A^j

272 Kunstwart XXIV, j2
 
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