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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 7 (1. Januarheft 1911)
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Avenarius, Ferdinand: Handzeichnungen
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0030
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fühlen dleser Strrche. Denn das gute äußere Sehen, das Alles-Be-
merken tut es ja lange nicht allein, das innere Sehen muß ihm so sicher
folgen, wie das Saitenspiel im Flügel dem Anschlage der Hand. Der
Griffelkünstler zeichnet einen Baum links mit dünnem, rechts mit stär-
kerm Kontur, unsrer Phantasie fällt das Licht von links auf den Baum.
Lr setzt einen Kreis aufs weiße Papier, der Phantasie leuchtet damit die
Sonne auf am Firmament. Das sind alte, oft gebrauchte Beispiele.
Aber solchen Wirkungen nachzugehn, scheint einfach, wenn wir sie
mit den feineren Bewegungsgefühlen vergleichen, die aus den Andeu-
tungen der ersten Entwürfe dem erwachsen, der ihnen folgen kann.
Das wird oft nicht leicht sein, wenn man nicht vom Ausgeführteren
allmählich zu den Anfängen zurückgedrungen ist. Kann man's, so
tritt man in die Schaffenswerkstatt der Geister.

Ich halte die Äbungen im Betrachten von Handzeichnungen sür eine
der förderlichsten Abungen zum Kunstgenuß überhaupt. Aber man
kommt natürlich zum letzten Ziele nicht mit dem ersten Schritt. Der
ganz Ungeübte dürfte, wie angedeutet, wohl gut mit solchen Blättern
beginnen, die noch ziemlich durchgeführt sind und die ihn deshalb nicht
gar zu ungewohnt, nicht gar zu verwunderlich anschauen. Deshalb
begrüße ich mit so viel Freude den Kalender „Kunst und Leben", weil
er mir geeignet scheint, auch weitere Kreise an das Achten auf Hand-
zeichnungs-Schönheiten zugewöhnen. Vortrefflich geeignet ist dazu
auch die schöne Bruckmannsche Publikation „Meisterzeichnungen deut-
scher Künstler", die auch gute Begleitworte bringt. Aus diesen beiden
Uuternehmungen wählen wir unsre heutigen Proben. Samt und
sonders solche, die „Fertiges" bringen oder sich doch dem „Fertigen"
nähern. Wer andre, wer Studien, Skizzen und Entwürfe sucht, findet
manches in unsern früheren Heften, beispielsweise in dem mit den
Nachlaß-Zeichnungen von Busch. Wir kommen aber auf diesen Ge-
genstand auch noch des öfteren znrück, um ihn von verschiedenen Stellen
her anzusehn. A

Blätter

Meer

(?^urch bluterrde Heide, durch bleichen Sand
-^Die Dünen hinunter zum donnernden Strand.

Es dampft und es stampft mein schwarzer Gaul,

Es flockt ihm der Schnee vom schnaubendcn Maul.

Nun unten, nun Halt und atmende Schau.

Die stürzenden Stufen tiefgrün, tiefblan:

Ein weißes Geäder erblinkt nnd versinkt,

Änd marmorn knirscht es urrd dröhnt und zerspringt.

Doch fern r>n Meere titanenhaft
Von Wassersäulen ein doppelter Schaft,

j. Ianuarheft chft ch
 
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