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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 7 (1. Januarheft 1911)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0031
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Sie strudeln vom Grund zu deu Wolken empor,

Ein lebeudes dunkles gewaltiges Tor.

Uud drüber Gewölbe in schwärzlichem Dunst.

Ietzt Schwertblitz uud Speere urrd feurige Brunst
Und brechende Halleu, zerberstend Gestein —

Und nuu ein heilig froher Schein.

Traumhaft heb ich die Hand empor.

Da flügeln vier hohe Vögel hervor.

Die Schwingen weiß, weit, still

Sind um mein Haupt, wie mein Herz es will.

And langsam hinauf das Marmorgestuf.

Es klirrt wie in Glas der cherne Hnf.

Verrast ist der Kampf, dort glüht das Licht:

Ob Tod, ob Liebe, ich frag es nicht. Hans Böhm

Aus Verner von HeidensLams Werken

s^Als erstes Zeugnis vom Schaffen des schwedischen Dichters Heiden-
stam kam vor eiuigen Iahren sein umfänglicher, bunter, überfüllter
Roman „Hans Mienus" zu uns. Er gab von einem neuen Ringenden
und Suchenden aus dem Nordeu Kunde und erwarb dem Autor nicht
allzuviele, doch einige warm begeisterte Freunde. Gerade weil darin
aber ein Stück vom Denken und Fühlen, Dichten uud Trachteu des
Menschen Verner von Heidenstam fortzuleben schien, wcnden wir dcn
Blick zu dem Erstling zurück, che wir seiu fernercs mit größerer Reife und
Sicherheit gcstaltetes Werk betrachten.

Hans Alienus wuchs im frostigen Gegensatz zur wortkargen Gelahrt--
heit seines schwedischen Vaters auf uud ging, da die erste männliche
Kraft es crlaubte, von ihm fort zu der italienischen Lebedame, die seine
Mutter war. Fast gegen den Willen seiner aller Bücherwcisheit ab-
holden Natur, jedoch uuter Absolvierung einer tüchtigen Lehrzcit iu
der weltstädtischen Luft Roms, ist er päpstlicher Bibliothekar geworden.
Solcherweise zahlt er nun der verhaßtcn „Iehtzeit" durch alltägliche
Arbeit seinen Tribut, arbeitscheu, sonderlingisch, töricht, eitel, wenn
man ihn von außen betrachtet — lebcnsdurstig, selbstherrlich, weise, über-
legen, wie er selbst und anscheinend mit ihm der Dichter meint (es ist
einer der charakteristischen Züge Heidenstams, daß er über seine eigne
Stellung zu den tragenden Gestalten seiner Werke zwar uicht schweigt,
aber doch zumeist eine schillernde Dunkclheit liegen läßt). Hans Alienus,
zu deutsch: Hans der Fremde, will glücklich und schön lebeu, will das
Leben nicht mit der Gelehrtcnbrille sehen, nicht aus Büchern und Papier
erkennen und mit beschwerenden Abstraktionen leitcn, nur leben will
er mit voller Kraft, Tag für Tag, Sturide für Stunde die Lust des
Daseins auskosten. Er gründet mit zwei italienischen Mädchen, ihrem
Vater, einer Ausländerin und einem päpstlichen Kastraten einen Bund,
um „in größtmöglichem Frohsinn uud Glück zu leben". Doch es kommt

(6 Knnstwart XXIV, 7
 
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