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Prinzhorn, Hans
Bildnerei der Geisteskranken: ein Beitrag zur Psychologie und Psychopathologie der Gestaltung — Berlin, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.11460#0267
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Fall 50.

Abb. 130.

Landschaft (Aquarell).

29 x 21

gelben Tisch". (Abb. 131). Man
kann einfach die kindliche Un-
fähigkeit des Zeichners darin
sehen, daß er dieTischplatte nicht
perspektivisch verkürzt darstellt,
sondern in die Bildfläche klappt.
Aber hier wie sonst ist darauf zu
erwidern, der Charakter der „Un-
fähigkeit" könne nur dann ent-
scheidend in Rechnung gestellt
werden, wenn das Individuum
sich bewußt ist, solche perspek-
tivische Verkürzung sei „richtig"
und zu erstreben, aber nicht imstande, dieser Absicht nachzukommen. Anders
ausgedrückt: man muß sich hüten, von Unfähigkeit schlechthin zu sprechen,
wenn jemand nicht tut, was der Betrachter will. Nur Diskrepanz zwischen
Wollen und Können in einer Person ist Unfähigkeit in diesem wertenden Sinne.
Hier kommt es vielmehr darauf an, welche Tendenzen den Zeichner geleitet
haben mögen (psychologische Frage) und dann, inwieweit sein Werk künst-
lerische Qualitäten erreicht habe (ästhetische Frage). Bei dem ,, Kaffeeh aus-
Bild" können wir alle drei Arten von Einheitstendenzen wiederfinden: die linear-
dekorative, die farbig-dekora-
tive und die des Striches.
Ganz beherrschend steht das
starkgelbe Oval des Tisches
im Zentrum. Die Figur rechts
ragt in einen leeren Raum und
wird im Rücken von einer
dunklen Senkrechten gestützt-
Nach links ergießt sich ein
Strom von Linienkurven um
das Tischoval. Strenger ist
die Farbverteilung abgewo-
gen. Der Frau in Rot und

Grün ist links oben ein Recht- Fall 50. Abb. 131. 21 x 16

eck in den gleichen Farben

Abb. 131.
Frau am Tisch (Buntstift).

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