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Jellinek, Max Hermann
Friedrich von Schwaben: aus der Stuttgarter Handschrift (Deutsche Texte des Mittelalters, Band 1) — Berlin, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.2058#0003
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Die 'Deutschen Texte des Mittelalters7, deren Reihe das vorliegende Heft eröffnet,
sollen in rascher Folge und in weitem Umfange diejenigen bisher ungedruckten,
prosaischen und 'poetischen Literaturiverke des 13. bis 16. Jahrhunderts 'publizieren,
die nach Inhalt, Sprache oder künstlerischer Form einen Anspruch darauf haben, der
wissenschaftlichen Arbeit leicht zugänglich zu sein. Bis in die Blütezeit der mhd.
Dichtung hinein mit zuverlässigen und vollständigen Ausgaben gut gerüstet, empfindet
die literar- und sprachgeschichtliche Forschung schon bei den Epigonen der höfischen
Kunst peinlich den Mangel erschöpfender Publikationen: sind doch sogar die Werke
eines so einflußreichen Dichters wie Rudolfs von Ems nur zum kleinsten Teile gedruckt.
Mit jedem weiteren Jahrzehnt, je mannigfacher und reichlicher die literarische Produktion
in deutscher Sprache sich entwickelt, je zufälliger und ärmlicher stellt sich die Aus-
wahl dar, die den Weg unter die Presse gefunden hat: einen leidlichen Überblick über
die Fülle des geistigen und sprachlichen Lebens, das sich während des 14. und 15. Jahr-
hunderts in der deutschen Literatur abspielt, kann heute nur der gewinnen, der auf
Schritt und Tritt Einkehr hält in die handschriftlichen Schätze Münchens und Wiens,
Heidelbergs und Wolfenbüttels. Darin liegt eine schwere Hemmung der Arbeit. Gerade
Jahrhunderte, die so viel reicher sind an gärenden Tendenzen, an keimenden Ideen,
drängenden Bildungsbedürfnissen, als an bedeutenden Schöpfungen, in denen sich das
dumpfe Wollen zur klaren Gestalt durchringt, gerade solche Jahrhunderte bedürfen,
um wissenschaftlich erfaßt zu werden, einer besonders umfassenden Kenntnis der
allgemeinen Bildungs- und Sprachzustände, die nur auf breitester Basis zu ge-
winnen ist. Das große, bis in die geistigen Kämpfe der Gegenwart nachwirkende
Problem, wie in Deutschland die neue Zeit aus dem Schöße des Mittelalters geboren
wurde, läßt sich nur lösen, wenn wir die zukunftsschwere Periode deutschen Geistes-
lebens, in der die eigentlich mittelalterliche Kultur abblüht und die kommenden
Phänomene, Humanismus, Reformation, Schriftsprache heranreifen, durch alle Schichten
bis in die Tiefen und Breiten ihrer Alltags- und Durchschnittsliteratur herein er-
forschen.

Die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften will, wie sie eine um-
fassende Handschriftenkunde des deutschen Mittelalters vorbereitet, so auch durch die
'Deutschen Texte des Mittelalters' helfen, das Material zu erschließen und bereit zu
stellen, dessen es zur fruchtbaren Erforschung der deutschen Literatur- und Sprach-
geschichte während der letzten Jahrhunderte des Mittelalters bedarf. Demgemäß soll
in diesen Bänden neben der Dichtung insbesondere auch das weite Gebiet der spät-
 
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