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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0014
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Papiererzeugung und Papierhandel. 119

Papiermühle in Betrieb gewesen ist. Wir erfahren so, daß um 1500 in
rascher Folge entlang den Hauptstraßen des von Westen und von Süden
nach Wien strebenden und von ihm ausgehenden Handelsverkehrs Pa-
piermühlen entstehen. In den nächsten Jahrzehnten setzt sich die Papier-
erzeugung vielenorts in den Alpenländern fest: 1517 ist die Papiermühle
in der Au zu Leuzendorf bei Graz urkundlich nachweisbar; 1520 wurde
bei Braunau, damals zu Bayern gehörig, die Papiererzeugung begründet;
1529 wird eine Papiermühle zu St. Magdalena bei Linz erwähnt; 1534,
1536 und 1549 wurden Papiermühlen im Erzbistum Salzburg erbaut; vor
1540 errichtete das Stift Kremsmünster eine Papiermühle; um 1550
dürfte eine solche auch in Steyr errichtet worden sein, 1553 richtete
Jakob Stallegger aus Salzburg die Papiermühle in Wels ein. Im gleichen
Jahre erstand die Papiermühle in St. Veit an der Glan, die älteste in
Kärnten; zehn Jahre später (1563) jene in St. Ruprecht bei Klagenfurt.
Vermutlich bestand schon 1551 auch in Villach eine Papiermühle. 1559
begann man in Wattens Papier zu erzeugen; um 1570 erstand eine Papier-
mühle in Schöndorf bei Vöcklabruck; 1601 eine andere in der Au bei
Vöcklabruck. In Krain ist erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
eine Papiermühle nachzuweisen. 1580 stellt Erzherzog Karl dem Hof-
kammerpräsidenten Khisl ein Privileg auf die von ihm erbaute Papier-
mühle bei Kaltenbrunn aus, die aber schon 1596 als abgeödet erscheint75).

Eine bedeutsame Rolle nahm die Frankfurter Messe ein. Gewiß
haben Beziehungen des italienischen Buchhandels zu Frankfurt am Main
schon im 15. Jahrhunderte bestanden76). So war reichlich Anregung-ge-
geben, Papier im Lande selbst zu erzeugen. 1539 wird eine Papiermühle
in Bonamer bei Frankfurt als im Betriebe erwähnt; sie hatte wohl schon
länger bestanden. Papiererzeugung läßt sich auch in Oberkaufungen
1572 und Frankenberg 1578 nachweisen77).

In Erfurt betrieb das Erzstift Mainz schon vor 1500 eine Papier-
mühle, die 1635 als „eingefallen" bezeichnet wird78). Um die Wende
vom 16. zum 17. Jahrhundert werden Papiermühlen in Weida genannt,
deren Inhaber Jacob Beuttner 1592 Papier nach Leipzig liefert, ferner
in Oberweimar, deren Inhaber Hans Esteier 1609/10 blaues Papier nach
Leipzig sendet79).

In der Lausitz, welche bis 1636 zu den Ländern der böhmischen
Krone gehörte und damals von Kaiser Ferdinand II. an Sachsen abge-
treten wurde, dürfte die Papiererzeugung am frühesten in Bautzen auf-
gekommen sein, wo günstige Wasserwege einen Fernhandel ermöglichten.
Hier soll eine Papiermühle schon 1443 bestanden haben, doch dürfte ein
Irrtum vorliegen; die älteste Erweisung stammt aus dem Jahre 151180).

7ö) Vgl. Thiel, Geschichte der Papierer.zeugung und des Papierhandels in
Kärnten, sowie: Geschichtliche Nachrichten über die Papiererzeugung in Krain,
Oörz und Fiume, im „Zentralblatt für Papierindustrie" 1931.

76) Kirchhoff, Frankfurter Meßbeziehungen zu Italien im 15. Jahrhundert,
im „Archiv" IV, 215f. — G. Buchwald, Archivalische Mitteilungen über Bücher-
bezüge der kurfürstlichen Bibliothek und Georg Spalatins in Wittenberg, im „Ar-
chiv" XVIII, 12.

") Hössle, Alte Papiermühlen in Hessen, in: Der Papierfabrikant XXVI. —
78) Ders., ebd. 798. — ™) Archiv XI, 323f.; vgl. Archiv X, 65.

80) Briquet a. a. O. Nr. 2023—41. Bautzener Papier war im 16. Jahr-
hundert in ganz Norddeutschland verbreitet, gelangte aber auch nach Wien und
 
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