Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Italien / Governo [Hrsg.]; Akademie der Künste [Hrsg.]
Ausstellung italienischer Kunst von 1800 bis zur Gegenwart: November-Dezember 1937 — Berlin, 1937

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.49345#0015
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ihre italienische Eigenart steht also außer Frage, und wenn
man ihr einen Vorwurf machen kann, dann ist es eher der, daß
sie zu sehr in sich verschlossen geblieben ist und nicht genügend
an den Versuchen teilgenommen hat, denen sich die Kunst jener
Zeit hingab. Angesichts der Ergebnisse, zu denen diese Ver-
suche in der Nachkriegszeit geführt haben, muß man sich fragen,
ob jene Spur von Provinzialismus nicht sogar nützlich gewesen
ist. Auf alle Fälle vermittelt es heute jener Malkunst einen
heimischen Charakter, einen gesunden, wahrheitsgetreuen Sinn,
der sie zu einer mustergültigen stempelt und sie uns so lieb ge-
winnen läßt. Dasselbe gilt von der Bildhauerkunst, die hier
nicht viel berücksichtigt werden konnte, die aber in den Bronze-
Statuen von Dupre, Rivalta und Gemito und in den Büsten von
Verdi und Garibaldi dieselben Eigenschaften zeigt.
Der folgende Saal beschließt das 19. und eröffnet das 20. Jahr-
hundert, Die Künstler, die hier vereinigt sind, wurden im
ersteren geboren und setzten ihre Werke im letzteren fort. Sie
sind somit zum Teil die Fortsetzer einer schwindenden Tradition
und zum Teil Vorläufer und Schöpfer einer neuen. Dies trifft
für Michetti und Mancini zu, die aus der neapolitanischen Schule
hervorgegangen sind, ebenso für Carcano, Gola und Previati, die
aus der lombardischen Schule stammten, desgleichen für Boldini
und Spadini, die der toskanischen Schule angehören. Von
allen diesen stehen die beiden letzteren uns am nächsten wegen
ihrer ganz aktuellen Art, die Formen und Farben in Über-
einstimmung miteinander zu empfinden. Gleichfalls trifft dieses
unter den hier ausgestellten Bildhauern außer auf Medardo
Rosso, auch auf den Florentiner Libero Andreotti zu, dessen
sehr feine Kunst in vielen Schülern weiterlebt.
Unter diesen, die leider zu früh verstorben sind, befindet sich
auch ein anderer: Boccioni, der der typische Vertreter der
futuristischen Bewegung in den bildenden Künsten bleibt. Wenn
er mit den anderen auf einer Stufe steht, so rührt das daher,
daß der Futurismus in Italien einen anderen Charakter gehabt
hat als anderwärts. In Italien war er tief durchtränkt von
patriotischem Sinn, ohne jene jüdische Tendenz, die er in
anderen Ländern aufweist. Man konnte ihn daher nicht über-

13
 
Annotationen