Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Meyer, Hans; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Mitarb.]
Die graphische Kunst: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaiser und Königs am 27. Januar 1908 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, 1908

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70860#0014
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

Kleinkunst gegenüber bemerkbar, die hunderten und aber
hunderten von Künstlern Existenz gab. — Alles was an
Kalenderblättern, an Illustrationen in Prachtwerken, in wissen-
schaftlichen und belletristischen Werken früher den Kupfer-
stechern zufiel, riß sie allmählich an sich, auch hierbei viel
Gutes und Schönes zerstörend, wie jedermann zugeben wird,
den ich z. B. nur an das Wirken Daniel Chodowiecki’s
erinnere. — Im weiteren Verlauf ihres Siegeszuges durch
das graphische Gebiet verdrängte und beseitigte sie die
Lithographie, die wahre Perlen der vervielfältigenden Kunst
hervorgebracht hatte, und dann den Holzschnitt und nur der
eigentliche Kupferstich leistete verzweifelten Widerstand.
Aber auch dieser, soweit er reproduzierend auftrat, mußte
schließlich kapitulieren. Die letzten Vertreter dieser schweren
und aufopferungsvollen hohen Kunst saßen und — sitzen —
halbvergessen in ihrem Dachstübchen und sich still und
stolz in jahrelanger Arbeit um ihr Stückchen Kupfer
bemühend, während draußen die Dampfkolben stampften
und die elektrischen Funken von einem Ende der Welt zum
anderen flogen, glichen und gleichen sie in ihrem Weltver-
gessen und ihrer vollendeten Absonderung den Säulen-
heiligen Syriens und Palästinas. — Man verzeihe ihnen aber
ihren zähen Widerstand — es ist eben schwer ein Geliebtes
aufzugeben. —
Heute sind die reproduzierenden Künstler so gut wie
beseitigt und die Photographie beherrscht das vervielfältigende
Gebiet der Reproduktion fast als eigenste Domäne. Sie hat
ihre Technik derartig ausgebaut, daß sie veritable, geätzte
Kupferplatten herzustellen imstande ist, von denen sie mit
veritabler Druckerschwärze veritable mit Plattenrand versehene
Abdrücke herstellt, die den früheren sogenannten Schab-
kunstblättern aufs Haar gleichen. Sie nutzt diesen Umstand bei
der bedauerlichen Unkenntnis, die im großen Publikum über
 
Annotationen