Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Der Kreuzgang von St. Michael in Hildesheim — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 20.2000

DOI issue:
Der Kreuzgang heute
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51152#0118
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
114

jüngeren und älteren Baugeschichte können als Fugen
von Bauabschnitten und Spuren von Veränderungen in
die Pläne mit aufgenommen werden, um schließlich zu
einem umfassenden Baualtersplan zu führen. Sowohl die
Frage der künftigen Behandlung der verbauten, in Teilen
aber noch vorhandenen Joche 9—12 (Klapptafel 1) als
auch die notwendige Diskussion zur Frage einer ange-
messenen Behandlung des gesamten ehemaligen Kloster-
komplexes unter denkmalpflegerischen, wissenschaft-
lichen, städtebaulichen und nicht zuletzt touristischen
Gesichtspunkten setzt die präzise Kenntnis der bauge-
schichtlichen Zusammenhänge voraus.
2. Verformungsgerechte Darstellung
des räumlichen Gefüges
Dabei sollen alle wesentlichen Abweichungen von Lot
und Waage erfasst werden, um die zum Teil weit reichen-
den Verformungen, wie das Nachsacken einzelner
Gewölbesteine und das Ausweichen der Hofarkaden nach
außen, auch ingenieurstatisch hinsichtlich des Status quo
sowie früherer und möglicher künftiger Entwicklungen
zu beurteilen.
3. Steingerechte Aufmaße
Die Erfassung von Wandpartien und einzelner Werkstei-
ne in großen Maßstäben von 1:20 bis 1:1 sind Grundla-
ge für Einzelbeobachtungen, Fragen zur Werksteintech-
nik, der Ursprünglichkeit von Oberflächen und ihrer
Bearbeitung bis hin zur Versetztechnik und Fragen des
baubetrieblichen Ablaufes. Die Erfassung des bauplasti-
schen Schmuckes erlaubt neue Einschätzungen zur
Form- und Stilgeschichte sowie detaillierte Kartierungen
der Schäden und restauratorischer Maßnahmen.
Darüber hinaus bedürfen die auf dem Gelände verstreu-
ten Spolien und in den Mauern verbauten Fragmente,
soweit sie überhaupt sichtbar und nicht unter den Gras-
narben und Aufschüttungen verborgen sind, dringend
einer Inventarisation. Sie wäre Grundlage zu Fragen einer
künftigen denkmalpflegerischen und restauratorischen
Behandlung der verstreuten Reste, eines Zusammentra-

gens in dazu notwendigen Lapidarien bzw. einer mög-
lichen musealen Verwendung.
4. Vergleich mit anderen romanischen Bauten
in Hildesheim
Der Kirchenbau und mit ihm auch der gesamte Baukom-
plex der ehemaligen Klosteranlage rücken zunehmend in
das Zentrum neuerer Fragestellungen der Forschung, die
Untersuchung des Wiederaufbaus nach dem Zweiten
Weltkrieg und der jüngeren Baugeschichte Hildesheims,
die auch Fragen einer Neubewertung dieser Epoche
betreffen.5 Angesichts der Anstrengungen und Erfolge zur
Erforschung und Aufarbeitung der älteren und jüngsten
Geschichte des Hildesheimer Domes werden vergleichen-
de Betrachtungen zunehmend wichtig.6 Auch in diesem
Zusammenhang sind zuverlässige Planzeichnungen
unabdingbare Voraussetzung.
Schließlich, das Projekt selbst, die bisherigen Aufmaßar-
beiten und fertig gestellten Zeichnungen lassen auch und
wieder einmal die Bedeutung der Disziplin Bauaufnahme
in der Ausbildung für Architekten deutlich werden, die in
den letzten Jahrzehnten offensichtlich immer weniger
und in nicht mehr ausreichender Qualität auf diese Dis-
ziplin vorbereitet wurden.
Vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Überma-
ßes im Fortschritt virtueller Techniken und einer Fokus-
sierung auf die Anwendung von Systemen der Datenver-
arbeitung ist eine Renaissance der Fächer, die sich mit
konkreten, sensuell und kreativ „begreifbaren“ Inhalten
auseinandersetzen, nicht zu übersehen. Gerade in der
Architektenausbildung kann in diesem Zusammenhang
die „Bauaufnahme“ eine zentrale Rolle übernehmen.
Nicht zuletzt könnte auch St. Michaelis davon profitieren.
Anmerkungen
1 Vgl. dazu den Beitrag von U. Schädler-Saub und C. Assmann in diesem
Band.
2 Vgl. dazu den Beitrag von H. Wehner in diesem Band.
3 Vgl. Braune 1995.
4 Stadlbauer u. Niemeyer 1989/90.
5 Vgl. dazu Gerlach 1999.
6 Knapp 1999 u. Kruse 2000.
 
Annotationen