Dänemark eine Seemacht war, eine ungeheure Be-
deutung. Dieses Land konnte dadurch sehr schnell,
völlig ungehindert und meistens auch unbemerkt
große Truppenteile auf dem Seewege transportieren.
Dem hatten die verbündeten norddeutschen Staaten
nichts entgegen zu setzen. Nach fast dreijährigem
Ringen diktierte Dänemark am 02.07.1850 den Frie-
den, und die in Schleswig-Holstein lebende über-
wiegend deutsche Bevölkerung wurde damit wieder
einer fremden Macht unterstellt.
Am 1 5.11.1863 starb der letzte dänische König aus
dem Hause Oldenburg und sein Nachfolger Chris-
tian IX. unterzeichnete einen Verfassungsentwurf,
nach dem Schleswig zu Dänemark geschlagen wer-
den sollte. Damit wäre die Trennung Schleswigs von
Holstein vollzogen worden. Der deutsche Bund
erhob Einspruch und nunmehr mobilisierten fast
alle deutsch sprechenden Länder Europas, wodurch
eine militärische Großmacht entstand. Was aber
heute völlig in Vergessenheit geraten ist, ist die
Tatsache, dass das Kaiserreich Österreich-Ungarn
auch Seemacht war. In seinem Kriegshafen Triest
hatte dieses Land eine kleine, aber stets hochmo-
derne Flotte stationiert. Diese wurde nun größten-
teils in die Nordsee verlegt, hielt die dänische in
Schach und hob damit den strategischen Vorteil die-
ses Landes auf.
Dänemark kapitulierte sehr schnell vor dieser Über-
macht. Bereits am 20.07.1864 trat der Waffenstill-
stand ein und Dänemark musste Schleswig, Holstein
und das Herzogtum Lauenburg an die beiden deut-
schen Großmächte Preußen und Österreich abtre-
ten. Letztere übergab ein Jahr später seinen Anteil
gegen eine Geldzahlung an Preußen. Damit war das
Herzogtum Lauenburg wieder vollständig in deut-
scher Hand. Am 02.07.1876 wurde dann aus dem
ehemaligen Fürstentum der Kreis Herzogtum Lau-
enburg gebildet, der noch heute der südöstlichste
Landkreis Schleswig-Holsteins und damit direkter
Nachbar des Amtes Neuhaus ist.
Abtrennung und Rückgliederung des Amtes
Neuhaus 1945 und 1993
Nach ihrer Gefangennahme wurden höhere deut-
sche Offiziere durch die „Historical Division" der
US-Armee über den Verlauf der Gefechte aus deut-
scher Sicht befragt. Die dabei entstandenen
Berichte liegen heute auch dem deutschen
Militärischen Forschungsamt vor und sind über die
Niedersächsische Landeszentrale für politisch
Bildung zugänglich.
Der hier folgende Text fußt auf den Angaben des
Generals Blumentritt und wird von denen des
Obersten im Generalstab Geyer und des General-
leutnants Arndt weitestgehend bestätigt. Letztere
beiden Offiziere liefern aber für die nähere Umge-
bung des Amtes Neuhaus interessante und wichtige
Details, die den Bericht Blumentritts erläuternd er-
gänzen.
General Blumentritt übernahm am 10.04.1945 das
Kommando über die Front zwischen Weser und
Elbe. Sein Bericht gibt die Trost- und Aussichtslosig-
keit der Lage wieder. Es fehlte an allem. Der Stab
war klein und schlecht ausgestattet. Es gab keine
Fernsprechgeräte mehr und auch keine Luft- oder
Erdaufklärung. Am 10.04.1945 gab es keinerlei
Möglichkeiten mehr, den deutschen Zusammen-
bruch zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund hatte die deutsche Truppen-
führung nicht mehr die Absicht, das schnelle Vorge-
hen der Amerikaner und Engländer aufzuhalten. Da
nach Ansicht dieser Offiziere die wirkliche Gefahr
aus dem Osten kam, schlug General Blumentritt die
Zurücknahme der Armee auf Lauenburg und Dö-
mitz vor und Feldmarschall Busch schloss sich dieser
Meinung an.
Ein Angriff der Westalliierten auf die Elblinie wurde
Ende April erwartet. Tatsächlich begann am
28729.04. Artilleriefeuer, das erhebliche Schäden
an den Gebäuden im Amt Neuhaus anrichtete und
große Opfer in der Bevölkerung und den Flüchtlin-
gen forderte. Die Engländer überquerten am
29.04.1945 bei Lauenburg die Elbe, ohne auf Ge-
genwehr zu stoßen. Mit dabei waren auch zwei
amerikanische Divisionen unter englischem Befehl,
die dann Neuhaus einnahmen.
Die weiteren Folgen sind bekannt. Bei der Festle-
gung der Demarkationslinien wurde, zwecks Begra-
digung der Grenzen, diesmal das Amt Neuhaus an
den Osten abgetreten, während der Kreis Herzog-
tum Lauenburg beim Westen blieb. Nach dem
Zusammenbruch der DDR im Jahre 1989 wünschten
sich die Bürger des Amtes Neuhaus wieder nach
Hannover, dem heutigen Niedersachsen, zurückzu-
kehren, was im Jahre 1993 vollzogen wurde.
Nach dem allmählichen Aufbau einer Verwaltung
westlichen Stils zeigte sich, dass man zu Zeiten der
DDR die Opfer des schaurigen Kriegsendes einfach
vergaß oder vergessen musste. Auf dem Neuenhäu-
ser Friedhof hat der seit 1995 dort amtierende
Pastor mittlerweile einen Kriegsfriedhof angelegt,
der bis heute mit etwa 300 namenlosen Opfern
belegt ist. Die entsetzlichste Entdeckung, die der
Pastor machen musste, war ein unter dem Schulhof
gelegener, verschütteter Bunker mit den sterblichen
Überresten toter Kinder.
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deutung. Dieses Land konnte dadurch sehr schnell,
völlig ungehindert und meistens auch unbemerkt
große Truppenteile auf dem Seewege transportieren.
Dem hatten die verbündeten norddeutschen Staaten
nichts entgegen zu setzen. Nach fast dreijährigem
Ringen diktierte Dänemark am 02.07.1850 den Frie-
den, und die in Schleswig-Holstein lebende über-
wiegend deutsche Bevölkerung wurde damit wieder
einer fremden Macht unterstellt.
Am 1 5.11.1863 starb der letzte dänische König aus
dem Hause Oldenburg und sein Nachfolger Chris-
tian IX. unterzeichnete einen Verfassungsentwurf,
nach dem Schleswig zu Dänemark geschlagen wer-
den sollte. Damit wäre die Trennung Schleswigs von
Holstein vollzogen worden. Der deutsche Bund
erhob Einspruch und nunmehr mobilisierten fast
alle deutsch sprechenden Länder Europas, wodurch
eine militärische Großmacht entstand. Was aber
heute völlig in Vergessenheit geraten ist, ist die
Tatsache, dass das Kaiserreich Österreich-Ungarn
auch Seemacht war. In seinem Kriegshafen Triest
hatte dieses Land eine kleine, aber stets hochmo-
derne Flotte stationiert. Diese wurde nun größten-
teils in die Nordsee verlegt, hielt die dänische in
Schach und hob damit den strategischen Vorteil die-
ses Landes auf.
Dänemark kapitulierte sehr schnell vor dieser Über-
macht. Bereits am 20.07.1864 trat der Waffenstill-
stand ein und Dänemark musste Schleswig, Holstein
und das Herzogtum Lauenburg an die beiden deut-
schen Großmächte Preußen und Österreich abtre-
ten. Letztere übergab ein Jahr später seinen Anteil
gegen eine Geldzahlung an Preußen. Damit war das
Herzogtum Lauenburg wieder vollständig in deut-
scher Hand. Am 02.07.1876 wurde dann aus dem
ehemaligen Fürstentum der Kreis Herzogtum Lau-
enburg gebildet, der noch heute der südöstlichste
Landkreis Schleswig-Holsteins und damit direkter
Nachbar des Amtes Neuhaus ist.
Abtrennung und Rückgliederung des Amtes
Neuhaus 1945 und 1993
Nach ihrer Gefangennahme wurden höhere deut-
sche Offiziere durch die „Historical Division" der
US-Armee über den Verlauf der Gefechte aus deut-
scher Sicht befragt. Die dabei entstandenen
Berichte liegen heute auch dem deutschen
Militärischen Forschungsamt vor und sind über die
Niedersächsische Landeszentrale für politisch
Bildung zugänglich.
Der hier folgende Text fußt auf den Angaben des
Generals Blumentritt und wird von denen des
Obersten im Generalstab Geyer und des General-
leutnants Arndt weitestgehend bestätigt. Letztere
beiden Offiziere liefern aber für die nähere Umge-
bung des Amtes Neuhaus interessante und wichtige
Details, die den Bericht Blumentritts erläuternd er-
gänzen.
General Blumentritt übernahm am 10.04.1945 das
Kommando über die Front zwischen Weser und
Elbe. Sein Bericht gibt die Trost- und Aussichtslosig-
keit der Lage wieder. Es fehlte an allem. Der Stab
war klein und schlecht ausgestattet. Es gab keine
Fernsprechgeräte mehr und auch keine Luft- oder
Erdaufklärung. Am 10.04.1945 gab es keinerlei
Möglichkeiten mehr, den deutschen Zusammen-
bruch zu verhindern.
Vor diesem Hintergrund hatte die deutsche Truppen-
führung nicht mehr die Absicht, das schnelle Vorge-
hen der Amerikaner und Engländer aufzuhalten. Da
nach Ansicht dieser Offiziere die wirkliche Gefahr
aus dem Osten kam, schlug General Blumentritt die
Zurücknahme der Armee auf Lauenburg und Dö-
mitz vor und Feldmarschall Busch schloss sich dieser
Meinung an.
Ein Angriff der Westalliierten auf die Elblinie wurde
Ende April erwartet. Tatsächlich begann am
28729.04. Artilleriefeuer, das erhebliche Schäden
an den Gebäuden im Amt Neuhaus anrichtete und
große Opfer in der Bevölkerung und den Flüchtlin-
gen forderte. Die Engländer überquerten am
29.04.1945 bei Lauenburg die Elbe, ohne auf Ge-
genwehr zu stoßen. Mit dabei waren auch zwei
amerikanische Divisionen unter englischem Befehl,
die dann Neuhaus einnahmen.
Die weiteren Folgen sind bekannt. Bei der Festle-
gung der Demarkationslinien wurde, zwecks Begra-
digung der Grenzen, diesmal das Amt Neuhaus an
den Osten abgetreten, während der Kreis Herzog-
tum Lauenburg beim Westen blieb. Nach dem
Zusammenbruch der DDR im Jahre 1989 wünschten
sich die Bürger des Amtes Neuhaus wieder nach
Hannover, dem heutigen Niedersachsen, zurückzu-
kehren, was im Jahre 1993 vollzogen wurde.
Nach dem allmählichen Aufbau einer Verwaltung
westlichen Stils zeigte sich, dass man zu Zeiten der
DDR die Opfer des schaurigen Kriegsendes einfach
vergaß oder vergessen musste. Auf dem Neuenhäu-
ser Friedhof hat der seit 1995 dort amtierende
Pastor mittlerweile einen Kriegsfriedhof angelegt,
der bis heute mit etwa 300 namenlosen Opfern
belegt ist. Die entsetzlichste Entdeckung, die der
Pastor machen musste, war ein unter dem Schulhof
gelegener, verschütteter Bunker mit den sterblichen
Überresten toter Kinder.
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