Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: System Denkmalpflege - Netzwerke für die Zukunft — Hannover: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 31.2004

DOI issue:
Sektion 1: Sakrale Räume im Wandel - Perspektiven der Orgaldenkmalpflege
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51150#0107
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die „Orgelakademie Stade“ - Ein Modell für die Förderung von Orgelkultur und Orgelwissenschaft

103

Die „Orgelakademie Stade“ - Ein Modell für die Förderung
von Orgelkultur und Orgelwissenschaft
Martin Böcker

In der Region der ehemaligen Herzogtümer Bremen und
Verden, der Region zwischen Elbe und Weser, befindet
sich ein Orgelschatz von größtem Wert und von interna-
tionalem Interesse.
Die Geschichte des Orgelbaus geht zurück bis in das
14. Jahrhundert, wo im Verdener Dom 1312, in der
Stader Kirche St. Wilhadi 1322 und im Dom zu Bremen
1350 Orgeln nachweisbar sind.
Erhalten ist von ihnen natürlich nichts, allein die
Tatsache des Vorhandenseins dieser Instrumente zeugt
von einer sehr frühen Entwicklung des Orgelbaus in der
benannten Region.
Die frühesten erhaltenen Zeugnisse des nord-
deutschen Orgelbaus sind in Altenbruch vorhanden.
Diese Orgel geht in ihrer Entstehung auf das Jahr 1498
zurück. Weitere Zeugnisse aus dem Beginn des 16. Jahr-
hunderts lassen sich in Steinkirchen, Harsefeld und
Belum finden.
Mit der Reformation setzt geradezu ein
Orgelbauboom ein. Bis hinein in die Schülerschaft von
Arp Schnitger, dessen Werk einen Höhepunkt in der
benannten Region bildet, hält dieser Orgelbauboom an.
Es entstehen große, repräsentative Instrumente, einige
Male sogar dreimanualige Orgeln mit mehr als 40
Registern. Dieses unterscheidet diese Region von der
bedeutenden Orgelregion Ostfrieslands, wo sich auch
viele bedeutende, aber zumeist recht kleine Instrumente
befinden.
Die Generation der Urenkelschüler Schnitgers
schafft nicht so viel Neues, aber sie bewahrt und pflegt
das Alte in hervorragender Weise. Erst mit dem Tod des
Orgelbauers Georg Wilhelm in Stade 1858 geht die
Schnitgertradition zu Ende und wird durch eine neue
Orgelbauzeit mit mechanisch und pneumatisch
gebauten, grundtönig klingenden, romantischen Orgeln
abgelöst. In hoher Qualität bauen die Stader Orgelbauer
Rover, Vater und Söhne, bemerkenswerte Instrumente.
Diese Linie des qualitätsvollen Orgelbaus in Stade
bricht erst ab, als Hinrich Rover 1928 stirbt und die
Werkstatt 1938 ihren Betrieb endgültig einstellt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstehen noch
einige romantische Instrumente in der Elbe-Weser-
Region, die eine bemerkenswerte Klangqualität
besitzen. Hier ist insbesondere die Verdener Dom-Orgel
zu nennen, gebaut durch Furtwängler und Hammer. In
den letzten 100 Jahren entstanden viele Instrumente der
Orgelbewegung, es entstanden Rekonstruktionen nicht
mehr oder nur noch zum Teil vorhandener alter Instru-
mente, aber auch symphonische Instrumente von großer
Qualität traten ergänzend zu dem alten Orgelbestand.
So besitzt die Landschaft zwischen Elbe und Weser
einen Orgelreichtum von ca. 80 qualitätvollen und zum
größten Teil hervorragend restaurierten historischen
Orgeln aus gut vier Jahrhunderten, ergänzt durch
zahlreiche positive Beispiele des modernen Orgelbaus.
An vielen Orten entstanden aus dieser Situation
besondere Aktivitäten: Orgelkonzertreihen, Orgelkurse,

Festwochen, Orgelvereine. Insbesondere sind zu
nennen:
- das „Stader Orgelforum“, ein Meisterkurs mit
Konzerten in Stade an den beiden weltbekannten his-
torischen Orgeln, veranstaltet durch die Stadt Stade,
- die „Orgellandschaft zwischen Elbe und Weser“, eine
Veranstaltungsreihe bestehend aus Konzerten,
Gottesdiensten, Exkursionen und anderem, ver-
anstaltet von dem Landschaftsverband Stade in
Zusammenarbeit mit den hauptberuflichen Kirchen-
musikern der Region,
- das Nordsee-Orgel-Festival in Cuxhaven,
- nennenswerte Konzertreihen in Altenbruch/Lüding-
worth, Cappel, Grasberg, Stade, Rotenburg, Verden
und anderen Orten.
All diese und andere Aktivitäten entstanden unabhängig
voneinander, oft finden ähnliche Angebote zur gleichen
Zeit statt, vieles wird ohne Absprache untereinander
veranstaltet.
Der bedeutende Orgel schätz Stades und die Stader
Aktivitäten waren zunächst Anlass, die Stadt Stade und
Vertreter der evangelischen Kirche, den Landschafts-
verband Stade und den Landkreis Stade einzuladen,
über eine Stärkung der Kultur um die und mit den
Orgeln nachzudenken. Die vielen Überlegungen ver-
schiedener Modelle möchte ich hier aussparen. Das
Ergebnis ist das Folgende:
In Stade wurde im Jahr 2002 der Trägerverein
„Orgelakademie Stade - Verein zur Förderung der
Orgelkultur im Elbe-Weser-Raum e.V“ gegründet.
Seit Januar besteht ein Büro der Stader Orgelaka-
demie in Stade in den historischen Räumen des
Johannisklosters, zwischen den Kirchen St. Cosmae und
Damiani sowie St. Wilhadi mit ihren berühmten Orgeln
gelegen. Das Büro wurde mit einer Arbeitsstelle für eine
Sekretärin ausgestattet. Die Stader Orgelakademie wird
geleitet von einem Vorstand, von dem Geschäftsführer
Peter Golon und mir als künstlerischem Leiter.
Ziel war und ist es, eine Einrichtung zu schaffen, die
eine ähnliche Ausrichtung hat, wie das schon über
längere Jahre erprobte ORGANEUM in Weener.
Die Aufgaben des ORGANEUM in Weener sind
bisher, den Orgeltourismus zu versorgen und die his-
torischen Orgeln der Region angemessen zu präsen-
tieren. Außerdem erscheinen Publikationen, CDs,
Videos und Ähnliches, die sich im Wesentlichen an die
Orgeltouristen und Liebhaber wenden. Sie informieren
über die Orgelregion und über einzelne Instrumente.
Außerdem werden Konzerte, Kurse und Fachtagungen
organisiert.
Ähnliche Aktivitäten wie in Ostfriesland wurden
auch in der Region zwischen Elbe und Weser von
einzelnen Personen und Organisationen durchgeführt.
Diese Voraussetzungen wären sicherlich nicht aus-
reichend gewesen, kompetente Sponsoren zu finden.
Ein Zitat der Präsidentin einer namhaften nieder-
 
Annotationen