22
Günther Binding
7 Hildesheim, St. Michaelis, Ostseite vor der Zerstörung 1945.
waren die Querhausarme nach Ausweis der Domab-
bildung im Hillinus-Codex (1007/08 oder 1025) nied-
riger als das Mittelschiff; diese im Niederrhein-Maas-
Gebiet verbreitete Eigenheit bestimmt die dortigen
Kirchenneubauten im 11. Jahrhundert. Ferner ist auf
die zwei gleich großen Querhäuser der Stiftskirche
Memleben, mit der die Kaiser von Otto dem Großen
bis Heinrich II. aufs Engste verbunden waren, zu ver-
weisen, auch wenn hier weder die Frage nach der
ausgeschiedenen Vierung noch nach der Höhe der
Transepte zu beantworten ist. Schließlich ist der 955
bis circa 968 errichtete Magdeburger Dom Ottos I. zu
nennen, sofern die Rekonstruktion auf der Grundlage
nur geringer Grabungsfunde zutrifft. In der sorgfälti-
gen Durchgestaltung dürfte der Kölner Dom am
nächsten zu St. Michaelis stehen, und Köln ist mit sei-
nen Beziehungen zu Hildesheim und in seiner Bedeu-
tung als Sitz eines Erzbischofs auch als Vorbild beson-
ders zu bevorzugen. Köln hat Bernward in seiner Zeit
am Hof der Theophanu als Erzieher Ottos III. sicher
häufiger besucht. Die besondere Leistung Bernwards
in Hildesheim ist die über Köln hinausgehende Aus-
formung der raumvereinheitlichenden ausgeschiede-
nen Vierung, die für die romanische Architektur be-
stimmend wurde.
Ulrich Rosner hat 1991 einen Forschungsbericht über
die Krypta geliefert und sie von sächsischen Krypten
abgeleitet;68 Günther Binding hat 2008 wie schon
Hartwig Beseler 1954 auf französische Vorbilder, vor-
rangig Saint-Aignan in Orleans, hingewiesen.69 Wer-
ner Ueffing hat sich 1974 bemüht, die Annahme von
Alois Fuchs 1933 und anderen zu bestätigen, dass der
umlaufende Kryptastollen und der halbrunde Westab-
schluss der Hallenkrypta das Ergebnis eines nachbern-
wardinischen Umbaus, vermutlich unter Bischof Ade-
log bis 1186, sind und dass die beiden Bronzeportal-
flügel im Dom ursprünglich im Westeingang eines
quadratischen Westwerks hingen.70 Die Nachgrabung
2006 hat eindeutig den Bauverband von Quadrat und
Halbkreis und damit die Auffassung von Karl Mohr-
mann, der 1907/10 den Wiederaufbau des südwestli-
chen Querschiffarmes geleitet hat, und von Beseler/
Roggenkamp bestätigt, dass die gesamte Krypta ein
Werk unter Bernward war.71 Die Arkadendurchbrüche
setzte Mohrmann wie schon vorher Conrad Wilhelm
Hase und Adolf Zeller in das 18. Jahrhundert.72
Für die Klärung dieser Probleme und überhaupt für
die Baugeschichte wird die Vorlage der Grabungs-
ergebnisse von 2006 dienlich sein, die die Beobach-
tungen von Beseler/Roggenkamp weitgehend bestäti-
gen, wie Helmut Brandorff in seinem Vorbericht zu
Günther Binding
7 Hildesheim, St. Michaelis, Ostseite vor der Zerstörung 1945.
waren die Querhausarme nach Ausweis der Domab-
bildung im Hillinus-Codex (1007/08 oder 1025) nied-
riger als das Mittelschiff; diese im Niederrhein-Maas-
Gebiet verbreitete Eigenheit bestimmt die dortigen
Kirchenneubauten im 11. Jahrhundert. Ferner ist auf
die zwei gleich großen Querhäuser der Stiftskirche
Memleben, mit der die Kaiser von Otto dem Großen
bis Heinrich II. aufs Engste verbunden waren, zu ver-
weisen, auch wenn hier weder die Frage nach der
ausgeschiedenen Vierung noch nach der Höhe der
Transepte zu beantworten ist. Schließlich ist der 955
bis circa 968 errichtete Magdeburger Dom Ottos I. zu
nennen, sofern die Rekonstruktion auf der Grundlage
nur geringer Grabungsfunde zutrifft. In der sorgfälti-
gen Durchgestaltung dürfte der Kölner Dom am
nächsten zu St. Michaelis stehen, und Köln ist mit sei-
nen Beziehungen zu Hildesheim und in seiner Bedeu-
tung als Sitz eines Erzbischofs auch als Vorbild beson-
ders zu bevorzugen. Köln hat Bernward in seiner Zeit
am Hof der Theophanu als Erzieher Ottos III. sicher
häufiger besucht. Die besondere Leistung Bernwards
in Hildesheim ist die über Köln hinausgehende Aus-
formung der raumvereinheitlichenden ausgeschiede-
nen Vierung, die für die romanische Architektur be-
stimmend wurde.
Ulrich Rosner hat 1991 einen Forschungsbericht über
die Krypta geliefert und sie von sächsischen Krypten
abgeleitet;68 Günther Binding hat 2008 wie schon
Hartwig Beseler 1954 auf französische Vorbilder, vor-
rangig Saint-Aignan in Orleans, hingewiesen.69 Wer-
ner Ueffing hat sich 1974 bemüht, die Annahme von
Alois Fuchs 1933 und anderen zu bestätigen, dass der
umlaufende Kryptastollen und der halbrunde Westab-
schluss der Hallenkrypta das Ergebnis eines nachbern-
wardinischen Umbaus, vermutlich unter Bischof Ade-
log bis 1186, sind und dass die beiden Bronzeportal-
flügel im Dom ursprünglich im Westeingang eines
quadratischen Westwerks hingen.70 Die Nachgrabung
2006 hat eindeutig den Bauverband von Quadrat und
Halbkreis und damit die Auffassung von Karl Mohr-
mann, der 1907/10 den Wiederaufbau des südwestli-
chen Querschiffarmes geleitet hat, und von Beseler/
Roggenkamp bestätigt, dass die gesamte Krypta ein
Werk unter Bernward war.71 Die Arkadendurchbrüche
setzte Mohrmann wie schon vorher Conrad Wilhelm
Hase und Adolf Zeller in das 18. Jahrhundert.72
Für die Klärung dieser Probleme und überhaupt für
die Baugeschichte wird die Vorlage der Grabungs-
ergebnisse von 2006 dienlich sein, die die Beobach-
tungen von Beseler/Roggenkamp weitgehend bestäti-
gen, wie Helmut Brandorff in seinem Vorbericht zu