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Michael Brandt
Stuck vom Westchor: Ein neuer Fund und alte Fragen*
Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wurde der ottoni-
sche Gründungsbau von St. Michaelis erneut zur
Großbaustelle. So wie Bernward der von ihm zu
Beginn des 11. Jahrhunderts gegründeten Kirche sei-
nen Stempel aufdrückte war es nun die vom Benedik-
tinerkonvent erwirkte Heiligsprechung des verehrten
Fundators, die zu einer durchgreifenden Neuge-
staltung führte, mit der sich auch reiche Stiftungen
für den Kirchenschatz verbanden.1 Im Zuge dieser
gewaltigen, den gesamten Klosterkomplex umfassen-
den Maßnahme wurde der Mönchschor über dem
Stiftergrab eingewölbt und bis in die Westvierung
erweitert.2 An der Wende zum 13. Jahrhundert müs-
sen die Arbeiten hier vollendet worden sein. Das lässt
sich aus einer für 1197 zu erschließenden Neuweihe
des Marienaltares ableiten, der an der Nahtstelle zwi-
schen der ottonischen Westkrypta und der neuen Vie-
rungskrypta unter dem erweiterten Hochchor liegt.
Umgrenzt wurde die Chorerweiterung in der Vierung
nun von einer aufwändig in Stuck errichteten Schran-
kenanlage. Von diesem einzigartigen Ensemble steht
heute nur noch die Nordwand aufrecht (Abb. 1). Dem
Besucher, der die Kirche vom Kreuzgang her betritt,
vermittelt die 6 m hoch aufragende Bilderwand aus
dieser Perspektive immer noch einen greifbaren Ein-
druck von der monumentalen Wirkung der verlorenen
Gesamtanlage.
2 Hildesheim, St. Michaelis, Stuckfragmente (Fundskizze).
Michael Brandt
Stuck vom Westchor: Ein neuer Fund und alte Fragen*
Um die Mitte des 12. Jahrhunderts wurde der ottoni-
sche Gründungsbau von St. Michaelis erneut zur
Großbaustelle. So wie Bernward der von ihm zu
Beginn des 11. Jahrhunderts gegründeten Kirche sei-
nen Stempel aufdrückte war es nun die vom Benedik-
tinerkonvent erwirkte Heiligsprechung des verehrten
Fundators, die zu einer durchgreifenden Neuge-
staltung führte, mit der sich auch reiche Stiftungen
für den Kirchenschatz verbanden.1 Im Zuge dieser
gewaltigen, den gesamten Klosterkomplex umfassen-
den Maßnahme wurde der Mönchschor über dem
Stiftergrab eingewölbt und bis in die Westvierung
erweitert.2 An der Wende zum 13. Jahrhundert müs-
sen die Arbeiten hier vollendet worden sein. Das lässt
sich aus einer für 1197 zu erschließenden Neuweihe
des Marienaltares ableiten, der an der Nahtstelle zwi-
schen der ottonischen Westkrypta und der neuen Vie-
rungskrypta unter dem erweiterten Hochchor liegt.
Umgrenzt wurde die Chorerweiterung in der Vierung
nun von einer aufwändig in Stuck errichteten Schran-
kenanlage. Von diesem einzigartigen Ensemble steht
heute nur noch die Nordwand aufrecht (Abb. 1). Dem
Besucher, der die Kirche vom Kreuzgang her betritt,
vermittelt die 6 m hoch aufragende Bilderwand aus
dieser Perspektive immer noch einen greifbaren Ein-
druck von der monumentalen Wirkung der verlorenen
Gesamtanlage.
2 Hildesheim, St. Michaelis, Stuckfragmente (Fundskizze).