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Günther Binding

und überdurchschnittlich begabten jungen Männern"
(ingeniosos pueros et eximiae indolis) auf seinen
Reisen begleiten ließ, „die alles, was im Bereich
irgendeiner Kunst an Wertvollem auffiel, genau stu-
dieren mussten."71 So hat Bernward intensiv für die
Qualität seiner Werkstätten am Hildesheimer Dom
gesorgt.
Die Bauherren beschäftigten Handwerksmeister, wie
beispielsweise Everhelm um die Mitte des 11.
Jahrhunderts berichtet: „Zu der Zeit war ein gewisser
Zimmerer- und Steinmetzmeister (magister carpenta-
riorum vel latomorum) mit Namen Thietmar vorhan-
den, der von dem Gottesmann Poppo [Abt von Stablo
1020-1048] wegen der Erfahrung in seiner Kunst
(propter peritiam artis suae) sehr geschätzt wurde. "72
Vielfach wird in den zeitgenössischen Quellen darüber
berichtet, dass sich die Bauherren um die Beschaffung
von Handwerkern bemühen.
Erfahrungen Bernwards
Bevor Bernward am 15. Januar 993 von Erzbischof
Willigis von Mainz zum Bischof von Hildesheim kon-
sekriert wurde, ist er weit herumgekommen, hat viele
Erfahrungen gesammelt und kam mit vielen hochge-
bildeten Persönlichkeiten zusammen.
Als Jüngling (adulescens) nahm ihn sein Großvater,
der sächsische Pfalzgraf Athalbero (gest. 982), wie
seinen Sohn zu sich.73 „Und da er in ihm einen vor-
trefflichen Ratgeber fand, zog er ihn in sein engstes
Vertrauen und unternahm nicht das Geringste, ohne
ihn um seinen Rat zu fragen. Die Subdiakonsweihe
empfing er von dem ehrwürdigen Bischof Willigis [in
Mainz 975-1011], Danach blieb er noch eine Zeitlang
in seiner Umgebung, und da der Erzbischof an seiner
Sittenreinheit und seinem untadeligen Wandel den
Fortschritt seines religiösen Lebens sah, weihte er ihn
auch zum Diakon. Nicht lange danach erhob er ihn
zur Ehre des Priestertums. Dann kehrte Bernward zum
Pfalzgrafen, seinem Großvater, zurück." Vom 20.
September 977 bis zum 18. Januar 987 ist Bernward
nachweislich als „gelehrter Hofschreiber" (aulicus
scriba doctus), das heißt als ein königlicher Notar,
tätig, vermutlich auf Empfehlung seines Onkels
Folcmar, der von Januar 975 bis Juni 976 Kanzler
Kaiser Ottos II. war, oder durch die Vermittlung von
Erzbischof Willigis, der als Erzkapellan politischer
Berater der Kaiserin Theophanu war.74 Im Herbst 980
begleitete Bernward Otto II. und Theophanu mit
ihrem im Juni geborenen Sohn Otto (III.) nach Italien,
wo Bernward unter anderem Ravenna, Rom,
Benevent und Neapel kennen lernte.75 Thangmar
berichtet weiter: „Als dann sein Großvater gestorben
war [982], ging er [Bernward] an die [Königs]Pfalz (ad
palatium) in den Dienst Kaiser Ottos HL, der, damals

noch ein Knabe von sieben Jahren [987], gemeinsam
mit seiner ehrwürdigen Mutter, der Herrin und
Kaiserin Theophanu, das Reich regierte. [...] In kurzer
Zeit hatte er ihr höchstes Vertrauen erworben, so sehr,
dass die Kaiserin mit Zustimmung aller Großen den
Unterricht und die Erziehung (literis imbuendum mori-
bus instituendum) des Königs in seine Hände legte"
[Ende 987], Nach dem Tod der Kaiserin (16. Juni 991)
„vertraute sich der König gänzlich der Führung seines
treuesten Lehrers an. [...] So hing er mit ganz beson-
derer Liebe an seinem Lehrer und lässt sich von kei-
nem Geringeren mehr leiten als ihm, den er als Zierde
aller Tugenden verehrte." Darauf nimmt Otto III. in
einer Urkunde Bezug, die er für Hildesheim ausgestellt
hat, als gegen Ende des Jahres 1000 Bernward nach
Rom kam und von ihm mit höchst ehrenvollem
Zeremoniell empfangen wurde: „Ein Zögling unserer
Eltern, der erste Gefährte unserer Wiege, der stets
treue Zeuge unserer alten und bis jetzt nicht enden-
den Mühsal, der unserer Kindheit und Jugend so lie-
benswerte Lehrer in Grammatik und Sprachkunst [...].
(Tum etiam parentum nostrorum alumnus nostrarum-
que cunabularum primus sotius nostrique antiqui et
adhuc non cessantis laboris testis semper fidelis nec
non nostrae puericiae ac iuventutis tarn affabilis mul-
timode literationis Informator [...].)"76
Der im Juni 980 geborene Otto III. war dreijährig im
Mai 983 in Verona zum König gewählt und Weih-
nachten 983 in Aachen gekrönt worden, drei Wochen
nach dem zu diesem Zeitpunkt im Norden noch nicht
bekannten Tod seines Vaters in Rom (7. Dezember
983). Als seine Mutter Theophanu aus Rom zurück-
kehrte, wurde Otto III. von Heinrich dem Zänker am
29. Juni 984 in Rohr/Thüringen ihr übergeben und am
Königshof in Aachen erzogen. Hier waren der Kanzler
Bischof Hildebold und der Erzkapellan Erzbischof
Willigis von Mainz als Leiter der Hofkapelle politische
Berater der Kaiserin Theophanu; sie hatte 984 die
Hofkapelle in der bereits unter Otto II. vorhandenen
Besetzung übernommen. Theophanu war zwar keine
byzantinische Kaisertochter, also keine porphyrogeni-
ta, sondern eine Verwandte des erst seit kurzer Zeit in
Byzanz regierenden Ursurpators Johannes I. Tzimiskes
(969-976). Theophanu hatte byzantinische Herr-
schaftsweise, Kultur und Kunst an den Aachener Hof
gebracht.
Neben Bernward, der über fünf Jahre von 987/88 bis
Anfang 993 Erzieher Ottos war, hatte auch der aus
Rossano in Kalabrien stammende Grieche Johannes
Philagathos großen Einfluss auf die Schulung des jun-
gen Otto. Johannes Philagathos begann als Notar bei
der Kaiserin Theophanu, war 980-982 und 991-992
Kanzler für Italien, seit 982 Abt von Nonantola und
seit 988 Metropolit von Piacenza, das für ihn zum
Erzbistum erhoben worden war, sowie Leiter der
 
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