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Winghart, Stefan; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Die Reichserntedankfeste auf dem Bückeberg bei Hameln: Diskussion über eine zentrale Stätte nationalsozialistischer Selbstinszenierung — Hameln: Niemeyer, Heft 36.2010

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Wolschke-Bulmahn, Joachim: Zur manipulativen Gestaltung von Landschaft: der Bückeberg im Kontext einschlägiger Anlagen der NS-Diktatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.51156#0050
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Joachim Wolschke-Bulmahn

Zur manipulativen Gestaltung von Landschaft.
Der Bückeberg im Kontext einschlägiger Anlagen der NS-Diktatur

hindurch, und je ernster wir forschen, und je stärker
wir uns bemühen, den Dingen auf den Grund zu
gehen, um so mehr müssen wir erkennen, daß das
Gefühl für eine harmonische Landschaft und daß das
Verwandtschaftsgefühl zu den Pflanzen zu den biolo-
gischen Gesetzen unseres Selbst gehört."12 In seinem
Buch Landschaftsfibel grenzte er 1942 die Angehöri-
gen anderer Völker bzw. Nationen aus dieser quasi
genetisch bedingten „Landschafts-Harmonie" aus:
„Immer ist die Landschaft eine Gestalt, ein Ausdruck
und eine Kennzeichnung des in ihr lebenden Volkes.
Sie kann das edle Antlitz seines Geistes und seiner
Seele ebenso wie auch die Fratze des Ungeistes,
menschlicher und seelischer Verkommenheit, sein. In
allen Fällen ist sie das untrügliche Erkennungszeichen
dessen, was ein Volk denkt und fühlt, schafft und
handelt. Sie zeigt uns in unerbittlicher Strenge, ob ein
Volk aufbauend und Teil der göttlichen Schöpfungs-
kraft ist, oder ob das Volk den zerstörenden Kräften
zugerechnet werden muß. So unterscheiden sich auch
die Landschaften der Deutschen in allen ihren We-
sensarten von denen der Polen und Russen - wie die
Völker selbst. Die Morde und Grausamkeiten der osti-
schen Völker sind messerscharf eingefurcht in die
Fratzen ihrer Herkommenslandschaften."13

Die Anlagen
Die in diesem Beitrag zur Diskussion stehenden An-
lagen, der Bückeberg bei Hameln, der Sachsenhain
bei Verden an der Aller und die Thingstätte Heili-
genberg am Neckar weisen beträchtliche Unter-
schiede u. a. landschaftsgestalterischer Art auf;
gleichzeitig lassen sich durchaus Gemeinsamkeiten
feststellen. Für den Bückeberg als Besonderheit ist
sicherlich auf die Anlage eines umfassenden Straßen-
und Wegesystems sowie auf den Ausbau vorhande-
ner Wege zur Erschließung des Geländes für hundert-
tausende von Menschen hinzuweisen. Noch heute
weisen Lindengruppen an Kreuzungspunkten sowie
Lindenalleen darauf hin. Zu den Gemeinsamkeiten
gehörte sicherlich, dass sie nicht nur durch Propa-
gandaveranstaltungen und die Reden, die dabei
gehalten wurden, zur Exklusion von Menschen aus
dem Konstrukt der Volksgemeinschaft beitrugen,14
sondern dass dies auch durch ihre landschaftliche und
gartenarchitektonische Gestaltung unterstützt wer-
den sollte. Zu den Gemeinsamkeiten gehörte auch die
ideologische Begründung für diese Anlagen an dem
jeweiligen Ort. Die ideologischen Begründungen für
Thingstätten wie den Sachsenhain und den Heiligen-
berg entsprechen durchaus den von Wiepking und

5 Bückeberg, Ldkr. Hameln-Pyrmont. Eine der für das Erntedankfest gebauten „Aufmarschstraßen" am Fuß des
Bückeberges.
 
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