Anhang
Die Architekten: alte Schule und Avantgarde
Auf dem der Behrens’schen Fabrik gegenüber gelegenen Areal erwarb Benscheidt in
Alfeld an der Leine ein weitläufiges Grundstück mit Bahnzugang, auf dem er sein
eigenes Unternehmen errichten würde: das Fagus-Werk, benannt nach dem
botanischen Namen für die Buche (lat. Fagus silvatica). Mit amerikanischem Kapital
machte er sich vom deutschen Kreditmarkt weitgehend unabhängig und führte die
avanciertesten amerikanischen Leistendrehbänke ein. Seinen Sohn Karl Benscheidt
jr. schickte er für ein Jahr zur Ausbildung in das Zentrum der US-Schuhfabrikation
nach Beverly bei Boston. Nach Alfeld zurückgekehrt sollte er nach amerikanischem
Vorbild technisches Knowhow, effizientes Management und moderne Werbung im
Fagus-Werk einführen.
In bewährter Zusammenarbeit mit dem Architekten Eduard Werner entwickelte
Benscheidt die Fabrikanlage: sie folgt dem produktionstechnischen Ablauf von der
Anlieferung des Rohstoffes (Buchenholz) über die Bahn zur Sägerei, von dort in das
Lagergebäude und die Trockenkammern zum anschließenden Arbeitssaal, wo die
Leisten auf den Drehbänken ihre endgültige Form erhalten. Im sogenannten
Hauptgebäude sind die Modellwerkstatt, die Versandabteilung und sämtliche Büros
untergebracht. Zur Bahnseite liegen das Kessel- und Maschinenhaus sowie der
Spänebunker. Eine eigenständige Abteilung für Metallverarbeitung liegt aus
Feuerschutzgründen durch eine werkinterne Straße vom eigentlichen Fabrikkomplex
getrennt.
Benscheidt und Werner hatten an alles gedacht. Ihr Werk entsprach den technischen
Anforderungen eines modernen Betriebs und war so angelegt, dass eine Erweiterung
ohne Probleme erfolgen könnte. Doch mit der Architektur von Eduard Werner, die
herkömmlichen Vorstellungen entsprach und den vom Werkbund propagierten
Ansprüchen auf eine umfassende Industriekultur nicht gerecht wurde, wollte sich Carl
Benscheidt nicht mehr zufrieden geben. Er hatte in Fachzeitschriften von der AEG
erfahren und wünschte sich etwas Vergleichbares. Doch einen Stararchitekten, wie
*
Peter Behrens ihn in dieser Zeit verkörperte, konnte er sich nicht leisten. Da kam die
Bewerbung von Walter Gropius und Adolf Meyer, den beiden jungen Mitarbeitern von
Behrens, gerade recht. Benscheidt bot ihnen die Möglichkeit, seine in Planung
begriffene Fabrik, gestalterisch umzuarbeiten und sie ergriffen diese Gelegenheit.
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Die Architekten: alte Schule und Avantgarde
Auf dem der Behrens’schen Fabrik gegenüber gelegenen Areal erwarb Benscheidt in
Alfeld an der Leine ein weitläufiges Grundstück mit Bahnzugang, auf dem er sein
eigenes Unternehmen errichten würde: das Fagus-Werk, benannt nach dem
botanischen Namen für die Buche (lat. Fagus silvatica). Mit amerikanischem Kapital
machte er sich vom deutschen Kreditmarkt weitgehend unabhängig und führte die
avanciertesten amerikanischen Leistendrehbänke ein. Seinen Sohn Karl Benscheidt
jr. schickte er für ein Jahr zur Ausbildung in das Zentrum der US-Schuhfabrikation
nach Beverly bei Boston. Nach Alfeld zurückgekehrt sollte er nach amerikanischem
Vorbild technisches Knowhow, effizientes Management und moderne Werbung im
Fagus-Werk einführen.
In bewährter Zusammenarbeit mit dem Architekten Eduard Werner entwickelte
Benscheidt die Fabrikanlage: sie folgt dem produktionstechnischen Ablauf von der
Anlieferung des Rohstoffes (Buchenholz) über die Bahn zur Sägerei, von dort in das
Lagergebäude und die Trockenkammern zum anschließenden Arbeitssaal, wo die
Leisten auf den Drehbänken ihre endgültige Form erhalten. Im sogenannten
Hauptgebäude sind die Modellwerkstatt, die Versandabteilung und sämtliche Büros
untergebracht. Zur Bahnseite liegen das Kessel- und Maschinenhaus sowie der
Spänebunker. Eine eigenständige Abteilung für Metallverarbeitung liegt aus
Feuerschutzgründen durch eine werkinterne Straße vom eigentlichen Fabrikkomplex
getrennt.
Benscheidt und Werner hatten an alles gedacht. Ihr Werk entsprach den technischen
Anforderungen eines modernen Betriebs und war so angelegt, dass eine Erweiterung
ohne Probleme erfolgen könnte. Doch mit der Architektur von Eduard Werner, die
herkömmlichen Vorstellungen entsprach und den vom Werkbund propagierten
Ansprüchen auf eine umfassende Industriekultur nicht gerecht wurde, wollte sich Carl
Benscheidt nicht mehr zufrieden geben. Er hatte in Fachzeitschriften von der AEG
erfahren und wünschte sich etwas Vergleichbares. Doch einen Stararchitekten, wie
*
Peter Behrens ihn in dieser Zeit verkörperte, konnte er sich nicht leisten. Da kam die
Bewerbung von Walter Gropius und Adolf Meyer, den beiden jungen Mitarbeitern von
Behrens, gerade recht. Benscheidt bot ihnen die Möglichkeit, seine in Planung
begriffene Fabrik, gestalterisch umzuarbeiten und sie ergriffen diese Gelegenheit.
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