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Kimpflinger, Wolfgang; Neß, Wolfgang; Zittlau, Reiner; Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Das Fagus-Werk in Alfeld als Weltkulturerbe der UNESCO: Dokumentation des Antragsverfahrens — [Hannover]: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege, Heft 39.2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.51160#0174
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Anhang

Julius Posener hat in seinem Buch „Berlin auf dem Weg zu einer neuen Architektur
(1979) sehr überzeugend von einer „antithetischen Abhängigkeit“ gesprochen, die
sich im Vergleich zwischen der Turbinenhalle und dem Hauptgebäude des Fagus-
Werks manifestiert. Anstelle der mächtigen Pylone lösen sie die Ecken in stützenlose
Gebilde aus Stahl und Glas auf, anstelle der senkrechten Stützen an der Längsseite
der Turbinenhalle findet man am Fagus-Werk in den Bau geböschte Pfeiler und den
bei der AEG geneigten Fensterflächen entsprechen in Alfeld lotrecht ausgebildete,
über drei Stockwerke sich spannende membranhaft dünne Glaswände.
Fälschlicherweise wird immer wieder behauptet, Gropius und Meyer hätten in Alfeld
gleich Behrens in Berlin neue Baumaterialien und Konstruktionen verwendet. Dies ist
nicht richtig. Vielmehr wurde das Fagus-Werk in herkömmlicher Ziegelbauweise
ausgeführt, ohne eine innere Verstärkung durch Stahl oder den Einsatz von Beton.
Dies erklärt sich durch das beschränkte Budget Benscheidts und die damit
verbundene Notwendigkeit, lokale Baugeschäfte beauftragen zu müssen. Die
Anfertigung der großen Fensterelemente bei einer Spezialfirma in Berlin brachte
seine sehr knapp bemessenen Finanzen bereits in eine Schieflage. Ebenso wenig
handelt es sich bei den großen Fensterflächen um eine Curtainwall, die statisch
aufgehängt und über die innere Struktur der Konstruktion gelegt wäre. Diesen Schritt
werden Gropius und Meyer erst in der 1913/14 gebauten Werkbundfabrik in Köln
vollziehen und Gropius (dann ohne Meyer) beim Bauhaus-Gebäude in Dessau zum
Erkennungsmerkmal modernen Bauens ausformulieren. Das Fagus-Werk nimmt in
dieser Entwicklung eine erste wichtige Stufe ein.
Erweiterung 1913/14 und spätere Ausbaupläne
Bereits nach zwei Jahren wird eine Erweiterung des Fagus-Werks um das Doppelte
nötig. Carl Benscheidt wird hierfür nicht mehr auf Eduard Werner zurückgreifen,
sondern nur noch mit Gropius und Meyer arbeiten. Sie verlängern das
Hauptgebäude und versehen es mit zwei weiteren stützenlosen Ecken. In einer ist
das schwebend wirkende Haupttreppenhaus eingebaut - eine Variante der zeitgleich
errichteten runden und völlig verglasten Treppenhäuser in der Kölner
Werkbundfabrik. Das Thema der Glasfassade findet nun auch bei anderen Bauten

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