Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsches Archäologisches Institut / Abteilung Athen [Hrsg.]
Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Athenische Abteilung — 8.1883

DOI Artikel:
Puchstein, Otto: Geburt des Priapos
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.36690#0094

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
80

MlSCELtEN

In der Zuschauerin hat Schöne Athena erkannt; dieselbe
könnte hier wohl gegenwärtig sein, wie sie sonst sich der
kreisenden Leto annahm und sie nach Delos führte*. Freilich
schienen mir am Originale die Aegisspuren nicht deutlich zu
sein. Die Pflegerinnen des missgestalteten Kindes hier, wo
das ländlich-romantische abgestreift und die Scene in ein
anderes, vielleicht feierlicheres Local verlegt ist, statt für
Nymphen für Eileithyien zu erklären liegt kein bestimmter
Grund vor. Leider gestattet die Dürftigkeit der Nachrichten
über die Priaposgeburt überhaupt kein sicheres Urteil über
etwaige Beziehungen zu älteren Geburtsmythen.
Noch auf einen mythologisch nicht unwesentlichen Um-
stand möchte ich aufmerksam machen. Das Kind liegt in der
athenischen Darstellung offenbar auf dem Bauche und wen-
det das Köpfchen seitwärts empor. Obwohl nun Michaelis
auf der Ara aus Aquileja den Contur des heraufgezogenen r.
Knies und Oberschenkels zu erkennen glaubte, so scheint mir
doch auch dort die eigentümliche Stellung des Kopfes bei dem
Kinde nur so zu verstehen zu sein, dass dasselbe auf den
Bauch gelegt den Kopf zur R. wegwendet und daher in ge-
zwungener Lage auf der 1. Wange liegt.Ist das aber wirklich
der Fall,so kann diese Lage des Kindes vom Erfinder des bei-
den Darstellungen zu Grunde liegenden Typus nur gewählt
sein, um die von Michaelis a. a. 0. S. 84 ff. erörterte Ab-
normität des neugebornen Priapos zum Ausdruck zu bringen.
Wir hätten demnach nicht mehr daran zu zweifeln, dass uns
zu Nonnos und von Suidas ein echter Zug der lampsakeni-
schen Sage überliefert wäre.
Die von Schöne a.a.O.citirte Büchse mit Geburt und Erzie-
hung des Dionysos exemplificirt vortrefflich, wie man sich
die Fortsetzung des athen. Fragments denken könnte.
0. PUCHSTEIN.
(April 1883.)

i Eurip. Ion 469. Apottod. 1, 3, 6.
 
Annotationen