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WILHELM DÖRPFELD
Hier bin ich anderer Ansicht und hoffe den Leser davon
überzeugen zu können, daß erstens von den angeführten Um-
bauten auch nicht ein einziger diesen Zweck sicher bezeugt,
daß ferner ihre Gleichzeitigkeit keineswegs gesichert ist und
daß überdies ihre genaue Datierung auf falschen Voraussetzungen
beruht. Daraus ergibt sich dann von selbst, daß die neue Theorie
der späthellenistischen Bühne unhaltbar ist.
1. Als ersten Beweis für die Verlegung des Spielpiatzes
fiihrt der Verfasser einige späthellenistische Veränderungen des
Skenengebäudes an, die zeigen sollen, daß die Decke des Pro-
skenions damals zum gewöhnlichen Spielplatz der Schauspieler
umgeändert wurde: An Stelle einer hölzernen Außentreppe, die
v. Gerkan am westlichen Ende des frühhellenistischen Pro-
skenions annimmt, soll eine etwas breitere steinerne Treppe
mit einer steinernen Brüstung erbaut worden sein, um die Decke
des Proskenions, die vermeintliche neue Bühne, bequemer zu-
gänglich zu machen und durch die Briistung einen seitlichen
Absturz zu verhiiten. Zugleich soll das Obergeschoß der Skene
an seiner Vorderseite eine neue Wand mit drei großen Öffnungen
zwischen vier breiten glatten Pfeilern erhalten haben und weiter
an beiden Schmalseiten eine kleine Tiir, die in die vorhandenen
Wände hineingebrochen sein soll. Wie ich oben schon dar-
gelegt habe, gebe ich dem Obergeschoß im II. jh. v. Chr. un-
gefähr dieselbe Gestalt wie der Verfasser, leugne aber entschieden,
daß die Vorderwand erst damals ihre großen Tore erhalten
hat, und daß die vorgenommenen Veränderungen den Zweck
hatten, die Decke des Proskenions zur Biihne umzugestalten.
Was zunächst die Erbauung der westlichen Außentreppe
betrifft, so kann der Ersatz einer Holztreppe durch eine etwas
breitere Steintreppe doch nicht als Beweis fiir die Umänderung
des Theologeions zur gewöhnlichen Biihne fiir die Schauspieler
angefiihrt werden. Selbst wenn damals neben der westlichen
Treppe auch im Osten eine entsprechende Außentreppe neu
errichtet worden wäre, was aber nicht der Fall gewesen ist,
wiirde ich die Folgerung v. Gerkans nicht zugeben können Denn
es gibt mehrere griechische Theater, die schon in friiher Zeit,
als auch nach v. Gerkans Ansicht noch in der Orchestra gespielt
wurde, zwei bequeme rampenförmige Zugänge zur Decke des
WILHELM DÖRPFELD
Hier bin ich anderer Ansicht und hoffe den Leser davon
überzeugen zu können, daß erstens von den angeführten Um-
bauten auch nicht ein einziger diesen Zweck sicher bezeugt,
daß ferner ihre Gleichzeitigkeit keineswegs gesichert ist und
daß überdies ihre genaue Datierung auf falschen Voraussetzungen
beruht. Daraus ergibt sich dann von selbst, daß die neue Theorie
der späthellenistischen Bühne unhaltbar ist.
1. Als ersten Beweis für die Verlegung des Spielpiatzes
fiihrt der Verfasser einige späthellenistische Veränderungen des
Skenengebäudes an, die zeigen sollen, daß die Decke des Pro-
skenions damals zum gewöhnlichen Spielplatz der Schauspieler
umgeändert wurde: An Stelle einer hölzernen Außentreppe, die
v. Gerkan am westlichen Ende des frühhellenistischen Pro-
skenions annimmt, soll eine etwas breitere steinerne Treppe
mit einer steinernen Brüstung erbaut worden sein, um die Decke
des Proskenions, die vermeintliche neue Bühne, bequemer zu-
gänglich zu machen und durch die Briistung einen seitlichen
Absturz zu verhiiten. Zugleich soll das Obergeschoß der Skene
an seiner Vorderseite eine neue Wand mit drei großen Öffnungen
zwischen vier breiten glatten Pfeilern erhalten haben und weiter
an beiden Schmalseiten eine kleine Tiir, die in die vorhandenen
Wände hineingebrochen sein soll. Wie ich oben schon dar-
gelegt habe, gebe ich dem Obergeschoß im II. jh. v. Chr. un-
gefähr dieselbe Gestalt wie der Verfasser, leugne aber entschieden,
daß die Vorderwand erst damals ihre großen Tore erhalten
hat, und daß die vorgenommenen Veränderungen den Zweck
hatten, die Decke des Proskenions zur Biihne umzugestalten.
Was zunächst die Erbauung der westlichen Außentreppe
betrifft, so kann der Ersatz einer Holztreppe durch eine etwas
breitere Steintreppe doch nicht als Beweis fiir die Umänderung
des Theologeions zur gewöhnlichen Biihne fiir die Schauspieler
angefiihrt werden. Selbst wenn damals neben der westlichen
Treppe auch im Osten eine entsprechende Außentreppe neu
errichtet worden wäre, was aber nicht der Fall gewesen ist,
wiirde ich die Folgerung v. Gerkans nicht zugeben können Denn
es gibt mehrere griechische Theater, die schon in friiher Zeit,
als auch nach v. Gerkans Ansicht noch in der Orchestra gespielt
wurde, zwei bequeme rampenförmige Zugänge zur Decke des