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Vorwort.

Wie die zahlreichen Beläge in den nachfolgenden Blättern beweisen,
sind Uebereinstimmungen und Aehnlichkeiten in den Anschauungen und Ge-
bräuchen räumlich weit von einander getrennter und ethnisch verschiedener
Völker häufig so schlagend, dass man auf den ersten Blick an eine gemein-
same Abkunft oder Entlehnung solcher Vorstellungen und Sitten denken
möchte. Es wird uns oft schwer zu glauben, dass ein Gebrauch, ein Aber-
glaube, ein Mythus, der in allen Erdtheilen identisch oder fast identisch
auftritt, nicht der gleichen Wurzel entstammen und von einem Punkte aus
zu allen damit bekannten Völkern gewandert sein solle. Je weiter und ein-
gehender wir aber eine solche gleichartige Sitte oder Anschauung über die
Erde zu verfolgen unternehmen, desto häufiger zeigt sich uns das unab-
hängige Entstehen derselben und wir gelangen zu dem Schlüsse, dass zur
Erläuterung derartiger Uebereinstimmungen, bei denen Entlehnung ausge-
schlossen ist, auf die psychologischen Anlagen des Menschen zurückgegangen
werden müsse.
Wie nicht geläugnet werden kann, dass allenthalben die körperlichen
Eigenschaften und Thätigkeiten der Menschen die gleichen sind, dass sie in
der gleichen Weise sehen, hören, schlafen, essen, so finden wir auch, dass
ihre geistigen Funktionen überall in ihren wesentlichen Zügen dieselben sind,
dieselben Grundformen zeigen, allerdings nach Race und natürlicher Um-
gebung variirend, aber dennoch trotz untergeordneter Abweichungen von
•demselben ursprünglichen Werthe und Gehalt.
Auch der Fortschritt in der Entwicklung des menschlichen Geistes er-
 
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