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2. Im November des Jahres 1816 schreibt der Grossherzog Karl August
an Goethe393): „Wenn man nur den Codex der h. Hildegard geliehen bekommen
könnte, um ihn selbst zu bearbeiten. Über die Jagd nach den Nibelungen
hat man die h. Hildegard vergessen. Es existiert der Original-Codex und eine
Copie desselben in Wiesbaden. Schreibe doch an Minister v. Marschall, er
möchte uns die Copie leihen, er hatte mir dieses schon im vorigen Herbst ver-
sprochen.“ Im Oktober 1815 war der Grossherzog am Rhein; damals mag er
den Minister v. Marschall gesehen und seinen Wunsch mitgeteilt haben, wie
er auch am 22. Oktober sich eine Mitteilung der für Nassau erlassenen Ver-
fassungsurkunde ausbat.394) In wie weit der in obigem Brief ausgesprochene
Wunsch, den Codex der Hildegard zu erhalten, erfüllt wurde, ob Goethe die
nötigen Schritte dazu that, konnte nicht festgestellt werden.
3. Nicht übergehen wollen wir ferner, dass am 16. Oktober 1825 auf
Ministerialbeschluss vom 13. Oktober dem Staatsminister v. Goethe auf Ansuchen
ein Privilegium gegen den Nachdruck einer von ihm beabsichtigten neuen
Ausgabe seiner Werke auf einen Zeitraum von 50 Jahren erteilt und dieser
Beschluss alsbald den Buchdruckern und Buchhändlern in Nassau mitgeteilt
wurde. Die neue Ausgabe erschien im Jahre 1827 und den folgenden Jahren.
Und als im Jahre 1835 ein Nachdruck derselben zu Paris veranstaltet wurde,
so verbot die nassauische Regierung — am 2. April — den Vertrieb desselben
in Nassau.395)
4. Goethe und der Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichts-
forschung.893) Die ersten Anregungen zur Gründung eines Vereins zunächst
zur Erforschung der römischen Altertümer in Nassau gehen in das Jahr 1811
zurück; namentlich betrieb der ältere Habel noch während des Jahres 1812 die
Sache sehr eifrig397), doch traten die politischen Verhältnisse bald hindernd
dazwischen. Indessen muss Goethe von dem Plane unterrichtet worden sein;
denn in dem Aufsatze über die Kunstschätze am Rhein u. s. w. sagt er: „Schon
haben sich mehrere Freunde der Kunst, der Natur und des Altertums [zu
Wiesbaden] unterzeichnet, eine Gesellschaft zu bilden, welche sowohl überhaupt
als besonders für diese Gegend um alles Merkwürdige bemüht wäre. Herr
v. Gerning, der das Taunusgebirg zum Gegenstand seiner Dichtungen und
Betrachtungen vorzüglich gewählt, möchte wohl zu bewegen sein seine reiche
Sammlung hierher zu verlegen und einen Grund zu legen, worauf die Gunst
der Fürsten und die Bereitwilligkeit mancher dankbaren Fremden gewiss mit
Eifer fortbauen würde.“ Diese Wünsche sollten sich verwirklichen, freilich
später als man damals hoffte, indem in der That drei Vereine jetzt die drei
Gebiete der Kunst, Natur und Altertümer zum Gegenstand ihrer Pflege gemacht
haben. Aber die Zeiten, die auf die grossen Kriege folgten, waren diesen fried-
lichen Beschäftigungen nicht hold; gerade in den Rheingegenden und vornehm-
39S-) Briefwechsel II, 77. — 3W) Sauer, Das Herzogtum Nassau in den Jahren 1813—1820,
S. 26. — 3M) Staatsarchiv zu Wiesbaden. S. Hirzel, Verzeichnis einer Goethe-Bibliothek, 1884,
S. 99 ff. — 39e) Die folgenden Mitteilungen beruhen, wo nichts anderes bemerkt ist, auf den
Akten des Vereins. — 39’) Annalen des Vereins XI, 5 und XVII, 65.
2. Im November des Jahres 1816 schreibt der Grossherzog Karl August
an Goethe393): „Wenn man nur den Codex der h. Hildegard geliehen bekommen
könnte, um ihn selbst zu bearbeiten. Über die Jagd nach den Nibelungen
hat man die h. Hildegard vergessen. Es existiert der Original-Codex und eine
Copie desselben in Wiesbaden. Schreibe doch an Minister v. Marschall, er
möchte uns die Copie leihen, er hatte mir dieses schon im vorigen Herbst ver-
sprochen.“ Im Oktober 1815 war der Grossherzog am Rhein; damals mag er
den Minister v. Marschall gesehen und seinen Wunsch mitgeteilt haben, wie
er auch am 22. Oktober sich eine Mitteilung der für Nassau erlassenen Ver-
fassungsurkunde ausbat.394) In wie weit der in obigem Brief ausgesprochene
Wunsch, den Codex der Hildegard zu erhalten, erfüllt wurde, ob Goethe die
nötigen Schritte dazu that, konnte nicht festgestellt werden.
3. Nicht übergehen wollen wir ferner, dass am 16. Oktober 1825 auf
Ministerialbeschluss vom 13. Oktober dem Staatsminister v. Goethe auf Ansuchen
ein Privilegium gegen den Nachdruck einer von ihm beabsichtigten neuen
Ausgabe seiner Werke auf einen Zeitraum von 50 Jahren erteilt und dieser
Beschluss alsbald den Buchdruckern und Buchhändlern in Nassau mitgeteilt
wurde. Die neue Ausgabe erschien im Jahre 1827 und den folgenden Jahren.
Und als im Jahre 1835 ein Nachdruck derselben zu Paris veranstaltet wurde,
so verbot die nassauische Regierung — am 2. April — den Vertrieb desselben
in Nassau.395)
4. Goethe und der Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichts-
forschung.893) Die ersten Anregungen zur Gründung eines Vereins zunächst
zur Erforschung der römischen Altertümer in Nassau gehen in das Jahr 1811
zurück; namentlich betrieb der ältere Habel noch während des Jahres 1812 die
Sache sehr eifrig397), doch traten die politischen Verhältnisse bald hindernd
dazwischen. Indessen muss Goethe von dem Plane unterrichtet worden sein;
denn in dem Aufsatze über die Kunstschätze am Rhein u. s. w. sagt er: „Schon
haben sich mehrere Freunde der Kunst, der Natur und des Altertums [zu
Wiesbaden] unterzeichnet, eine Gesellschaft zu bilden, welche sowohl überhaupt
als besonders für diese Gegend um alles Merkwürdige bemüht wäre. Herr
v. Gerning, der das Taunusgebirg zum Gegenstand seiner Dichtungen und
Betrachtungen vorzüglich gewählt, möchte wohl zu bewegen sein seine reiche
Sammlung hierher zu verlegen und einen Grund zu legen, worauf die Gunst
der Fürsten und die Bereitwilligkeit mancher dankbaren Fremden gewiss mit
Eifer fortbauen würde.“ Diese Wünsche sollten sich verwirklichen, freilich
später als man damals hoffte, indem in der That drei Vereine jetzt die drei
Gebiete der Kunst, Natur und Altertümer zum Gegenstand ihrer Pflege gemacht
haben. Aber die Zeiten, die auf die grossen Kriege folgten, waren diesen fried-
lichen Beschäftigungen nicht hold; gerade in den Rheingegenden und vornehm-
39S-) Briefwechsel II, 77. — 3W) Sauer, Das Herzogtum Nassau in den Jahren 1813—1820,
S. 26. — 3M) Staatsarchiv zu Wiesbaden. S. Hirzel, Verzeichnis einer Goethe-Bibliothek, 1884,
S. 99 ff. — 39e) Die folgenden Mitteilungen beruhen, wo nichts anderes bemerkt ist, auf den
Akten des Vereins. — 39’) Annalen des Vereins XI, 5 und XVII, 65.