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Aber auch völlig abgesehen von der Deutung der beiden Wappen als
bewusste Nachbildungen des Stadtgerichtssiegels, welche Beglaubigung haben
die beiden, auf die man sich in dieser Frage so gern beruft, äusser der ihres
Alters? Beide sind Dekorationsstücke, gemacht von Handwerksmeistern, über
deren heraldische Genauigkeit man durchaus nichts weiss. Es fehlt ihnen
somit der Charakter eines offiziellen Zeugnisses, den beispielsweise ein Siegel
unter allen Umständen hat. Hierbei weiss man, dass die Behörde, die es
führte, es in der dargestellten Form gewünscht hat. Bei Dekorationsstücken
überlässt man noch heute die Ausführung dem Meister und nimmt schliesslich
auch Fehler mit in den Kauf, wenn nur der Gesamtzweck oder der Gesamt-
eindruck erreicht ist.
Unter diesen Umständen wird man den beiden Wappendarstellungen keine
fundamentale Bedeutung beizulegen und von ihnen keine Erschütterung der
Ansicht zu befürchten haben, dass lediglich das Lilienwappen als Stadtwappen
von Wiesbaden zu betrachten ist.
V.
Ergebnisse. Die heraldische Gestaltung des Lilienwappens:
Mauerkrone, Helm.
Am Schluss der Untersuchung sei deren Ergebnis noch einmal kurz zu-
sammengefasst:
Die ältesten Siegel der Stadt kommen für die Frage des Stadtwappens
nicht in Betracht, weil Siegelbilder keine Wappen sind. Der landesherrliche
Wappenschild ist im ältesten Stadtsiegel nur als Siegelbild aufzufassen. Ein
Wappen der Stadt ist erst seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bekannt, doch kenn
es auch schon früher angenommen worden sein. Ein Stadtwappen, das zu blaso-
nieren wäre: blauer Schild mit drei goldenen Lilien belegt mit dem nassauischen
Grafenschilde (steigender, goldener, bekrönter Löwe mit 7 goldenen Schilden in
blauem Felde) ist historisch nicht nachzuweisen. Das hierfür angeführte Stadt-
gerichtssiegel vom Ende des 15. Jahrhunderts hat im Siegelfelde nur ein Siegel-
bild, kein Wappen, und die Wappen der Holztafel von 1609, sowie des Stadt-
brunnens von 1753 sind fehlerhafte Nachbildungen des Stadtgerichtssiegels.
Das einzige, vom Ende des 15. Jahrhunderts an bekannte, vielleicht aber noch
ältere Wappen der Stadt bis zum Jahre 1898 ist immer gewesen: ein blauer
Schild mit drei goldenen Lilien, angeordnet t Beweise in chronologischer
Reihenfolge bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts: das Zeugnis des Grafen
Philipp von Nassau-Idstein vom Jahre 1562, das Sandsteinwappen von 1592,
das Sandsteinwappen am alten Rathause von 1610 sowie die Sekretsiegel des
Stadtgerichts von 1623 und aus dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Eine Ergänzung möge diese historische Untersuchung schliesslich noch
durch eine heraldische Bemerkung erfahren.
Der einfache und heraldisch völlig einwandfreie Lilienschild der Stadt
Wiesbaden hat im 19. Jahrhunderte eine heraldische Verunzierung dadurch
erhalten, dass eine Mauerkrone auf ihn gestellt worden ist. Diese Mauerkronen
Aber auch völlig abgesehen von der Deutung der beiden Wappen als
bewusste Nachbildungen des Stadtgerichtssiegels, welche Beglaubigung haben
die beiden, auf die man sich in dieser Frage so gern beruft, äusser der ihres
Alters? Beide sind Dekorationsstücke, gemacht von Handwerksmeistern, über
deren heraldische Genauigkeit man durchaus nichts weiss. Es fehlt ihnen
somit der Charakter eines offiziellen Zeugnisses, den beispielsweise ein Siegel
unter allen Umständen hat. Hierbei weiss man, dass die Behörde, die es
führte, es in der dargestellten Form gewünscht hat. Bei Dekorationsstücken
überlässt man noch heute die Ausführung dem Meister und nimmt schliesslich
auch Fehler mit in den Kauf, wenn nur der Gesamtzweck oder der Gesamt-
eindruck erreicht ist.
Unter diesen Umständen wird man den beiden Wappendarstellungen keine
fundamentale Bedeutung beizulegen und von ihnen keine Erschütterung der
Ansicht zu befürchten haben, dass lediglich das Lilienwappen als Stadtwappen
von Wiesbaden zu betrachten ist.
V.
Ergebnisse. Die heraldische Gestaltung des Lilienwappens:
Mauerkrone, Helm.
Am Schluss der Untersuchung sei deren Ergebnis noch einmal kurz zu-
sammengefasst:
Die ältesten Siegel der Stadt kommen für die Frage des Stadtwappens
nicht in Betracht, weil Siegelbilder keine Wappen sind. Der landesherrliche
Wappenschild ist im ältesten Stadtsiegel nur als Siegelbild aufzufassen. Ein
Wappen der Stadt ist erst seit dem Ende des 15. Jahrhunderts bekannt, doch kenn
es auch schon früher angenommen worden sein. Ein Stadtwappen, das zu blaso-
nieren wäre: blauer Schild mit drei goldenen Lilien belegt mit dem nassauischen
Grafenschilde (steigender, goldener, bekrönter Löwe mit 7 goldenen Schilden in
blauem Felde) ist historisch nicht nachzuweisen. Das hierfür angeführte Stadt-
gerichtssiegel vom Ende des 15. Jahrhunderts hat im Siegelfelde nur ein Siegel-
bild, kein Wappen, und die Wappen der Holztafel von 1609, sowie des Stadt-
brunnens von 1753 sind fehlerhafte Nachbildungen des Stadtgerichtssiegels.
Das einzige, vom Ende des 15. Jahrhunderts an bekannte, vielleicht aber noch
ältere Wappen der Stadt bis zum Jahre 1898 ist immer gewesen: ein blauer
Schild mit drei goldenen Lilien, angeordnet t Beweise in chronologischer
Reihenfolge bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts: das Zeugnis des Grafen
Philipp von Nassau-Idstein vom Jahre 1562, das Sandsteinwappen von 1592,
das Sandsteinwappen am alten Rathause von 1610 sowie die Sekretsiegel des
Stadtgerichts von 1623 und aus dem Ende des 18. Jahrhunderts.
Eine Ergänzung möge diese historische Untersuchung schliesslich noch
durch eine heraldische Bemerkung erfahren.
Der einfache und heraldisch völlig einwandfreie Lilienschild der Stadt
Wiesbaden hat im 19. Jahrhunderte eine heraldische Verunzierung dadurch
erhalten, dass eine Mauerkrone auf ihn gestellt worden ist. Diese Mauerkronen