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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Contr.]
Der Schwabacher Hochaltar: internationales Kolloquium anläßlich der Restaurierung, Schwabach, 30. Juni-2. Juli 1981 — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 11: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1982

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63234#0052
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Stephanie Kleidt
Die Ergebnisse technologischer
Untersuchungen am Schwabacher
Hochaltar
Die Gemälde

Das Programm der Tafelmalereien des Schwabacher Hoch-
altars umfaßt bei einmal geschlossenem Altar die 1. Wand-
lung mit 8 Tafelbildern, auf denen jeweils vier Szenen aus
dem Leben des hl. Martin und Johannes des Täufers darge-
stellt sind (Abb. 109), sowie eine 2. Wandlung mit 4 Pas-
sionsbildern und den beiden Standflügeln mit den Darstel-
lungen der Kirchenpatrone Martin und Johannes d.T.
(Abb. 107,108). Alle Bildträger sind Nadelholztafeln, die aus
Brettern verschiedener Breite zusammengesetzt sind. Das
Nadelholz wurde bisher noch nicht näher bestimmt. Zur Ka-
schierung, von Brettfugen und anderen Unebenheiten im
Holz wurde relativ viel Werg auf die Maltafeln aufgeklebt,
was zum Teil durch die Malschicht durchgewachsen und


30 Schwabach, Stadtkirche. Hochaltar, Detail aus dem
Gemälde Christus vor Pilatus mit originaler Aus-
flickung im Holz

sichtbar geworden ist. Auf der Maltafel des Bildes „Chri-
stus vor Pilatus“ ist eine Besonderheit in der Bearbeitung
der Maltafel zu beobachten. Ziemlich in der Mitte des Bil-
des befindet sich eine originale Ausflickung im Holz
(Abb. 30). Scheinbar wurde hier eine nicht zu kaschierende
Stelle im Holz flach ausgestemmt und mit einem anderen
glatten Brettchen wieder verschlossen. Die Flickung ist nur
auf dieser Seite der Tafel sichtbar und geht nicht durch die
ganze Maltafel hindurch. Das gut eingepaßte Flickbrett-
chen wurde in den Fugen original gekittet.
Außer den Standflügeln sind fast alle Tafeln am oberen und
unteren Rand vor dem Einsetzen in die Rahmen beschnit-
ten worden. Die zum Teil sehr unordentlichen Sägekanten
sind gut sichtbar. Ebenfalls lassen sich auch außer auf den
Standflügelmalereien keine Malkanten finden. Das läßt dar-
auf schließen, daß die Tafeln nicht in ihren Rahmen grun-
diert und gemalt wurden, sondern daß die Tafeln fertig ge-
malt erst hier in Schwabach in ihre Rahmen eingepaßt wur-
den und beschnitten werden mußten.
Alle Tafeln sind dünn mit weißem Kreidegrund grundiert
und mit einer gelblichen Lösche überstrichen. Die Malgrün-
de sind feinkörnig und glatt.
Schon bei der ersten Untersuchung der Gemälde fiel auf,
daß die auf die grundierten Maltafeln aufgebrachte Vor-
zeichnung der Gemälde zum Teil stark durch die Malschicht
durchgewachsen ist bzw. die Malschichten etwas transpa-
rent geworden sind und nun gut sichtbar geworden ist. Es
waren an einigen Stellen auch Vorzeichnungslinien von Mo-
tiven sichtbar, die dann aber nicht in der Malerei ausgeführt
worden sind. Diese Beobachtungen veranlaßten uns, eine
systematische Untersuchung der Gemälde mit einem Infra-
rotgerät durchzuführen und die Ergebnisse photographisch
festzuhalten.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung scheinen es möglich
zu machen, den Entstehungsprozeß der Gemälde in eine
chronologische Abfolge zu bringen, sowie Hinweise auf
den oder die Maler der Tafeln zu geben.
Deutlich lassen sich im Stil und im Charakter des Zeichen-
strichs der Vorzeichnung zwei verschiedene Zeichner aus-
machen, wobei anzunehmen ist, daß ein zweiter Zeichner
die schon vorhandene Vorzeichnung auf den Tafeln maß-
geblich korrigierte und veränderte. Dieser Zeichner, wohl
identisch mit dem Maler, hat dann auch die malerische
Ausführung eines Teils der Tafeln übernommen.
Als Ausgangsobjekt einer genaueren Betrachtung der Vor-
zeichnung soll die Tafel mit der Darstellung der Predigt des
Johannes dienen (Abb. 126). Die Vorzeichnung ist mit fei-
nen dünnen Linien sehr detailreich ausgeführt (Abb. 31).
Faltenformationen sind präzise angegeben. Schattenpar-
tien sind durch feine, enge Schraffuren gekennzeichnet. Die
malerische Ausführung des Gemäldes weicht kaum von der
Vorzeichnung ab.
Vergleicht man diese Vorzeichnung mit denen der anderen
Gemälde, so fallen zahlreiche und bis in die Komposition
eines Bildes hineinreichende Veränderungen auf.
Bestes Beispiel für eine solche Änderung der ursprüngli-
chen Konzeption eines Gemäldes ist die Tafel mit der Dar-
stellung der Gefangennahme Christi (Abb. 131). Petrus, mit
dem Rücken dem linken Bildrand zugewandt, steht mit er-
hobenem Schwert über dem am Boden liegenden Malchus,
dem er gerade ein Ohr abschlägt. In der Vorzeichnung dage-

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