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Marschner, Hannelore; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Glaskonservierung: historische Glasfenster und ihre Erhaltung; internationales Kolloquium, München und Nürnberg, 29./30. Oktober 1984 — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 32: München: Lipp, 1985

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Karl Ludwig Dasser

Glaskonservierung - Aufgaben des Zentrallabors
des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege
im Bereich der praktischen Denkmalpflege

Die in den letzten Jahrzehnten rapid angestiegene Umweltbela-
stung mit Schadstoffen hat an historischen Denkmälern zu gra-
vierenden Schäden geführt, wie sie jahrhundertelang durch na-
türliche Alterung und Witterungseinflüsse nicht zu verzeichnen
waren. Stein, Putz, Metall und Glas, die Hauptmaterialien un-
serer Denkmäler, sind einer Zerstörung ausgesetzt, der mit allen
zur Verfügung stehenden Mitteln Einhalt geboten werden muß.
Die zuständigen Behörden, voran die Landesdenkmalämter, ha-
ben bald erkannt, daß hier der Denkmalpfleger und der Restau-
rator überfordert sind. Es war nicht ausreichend, Schäden im-
mer wieder nur zu beheben. Naturwissenschaftliche Grundla-
genforschung war notwendig geworden, um Ursachen und Aus-
wirkungen der Zerstörung sowie die historischen Materialien zu
erforschen und vor allen Dingen nach Mitteln und Wegen zu su-
chen, die eine anhaltende Konservierung des Denkmalbestandes
ermöglichen.
Im Katalog des europäischen Denkmalschutzjahres 1975 «Eine
Zukunft für unsere Vergangenheit» schreibt Johannes Taubert:
«Ob solche Konservierungsmittel und -verfahren jedoch unter
den jeweils besonderen Bedingungen am Baudenkmal einzuset-
zen sind, inwieweit diese Verfahren tatsächlich langfristige Kon-
servierung gewährleisten, wie sie zu verbessern wären, das sind
Fragen, die nur dann befriedigend - d.h. für die Konservierung
der Bau- und Geschichtsdenkmäler positiv - beantwortet wer-
den können, wenn den Denkmalpflegern in der Bundesrepublik
ein eigenes naturwissenschaftliches Laboratorium zur Verfü-
gung stände. Dort müßten die vielfältigen Industrieprodukte
auf ihre Verwendbarkeit entsprechend getestet werden, dort wä-
re in engster Zusammenarbeit mit den «vor Ort» arbeitenden
Restauratoren die Verbindung zu den naturwissenschaftlichen
Spezialinstituten und zur Industrie zu schaffen. Es ist beschä-
mend, daß der Denkmalpflege in der Bundesrepublik, ganz im
Gegensatz zu den Museen, ein solches Laboratorium nicht zur
Verfügung steht. In das neue strategische Programm zur Kon-
servierung unserer Bau- und Geschichtsdenkmäler gehört ne-
ben dem Restaurator neuen Typs der Naturwissenschaftler.»
Ausgehend von diesen Erkenntnissen hat das Bayerische Landes-
amt für Denkmalpflege nach Möglichkeiten gesucht, ein eige-
nes Labor innerhalb der Restaurierungswerkstätten anzusie-
deln. Der Stiftung Volkswagenwerk ist es zu verdanken, daß sie
mit einer Starthilfe von 1,6 Millionen DM die Gründung des
Zentrallabors ermöglicht hat. Mit dieser Starthilfe verbunden
waren ein fünfjähriges Forschungsprogramm zur Steinkonser-
vierung und ein dreieinhalbjähriges Forschungsprogramm zur
Glaskonservierung. Die Ergebnisse der Steinkonservierung sind
bei einem internationalen Kolloquium im März dieses Jahres
dargelegt und inzwischen auch publiziert worden. Die Vorträge
des Kolloquiums gehen in Kürze in Druck.
Bei der Gründung des Labors im Herbst 1978 sind folgende zen-
trale Aufgabenstellungen formuliert worden:

1. Das Labor befaßt sich schwerpunktmäßig mit im Freien ste-
henden Objekten aus Stein und Glas.
2. Es befaßt sich mit der Weiterentwicklung von Steinkonser-
vierungsmitteln und soll sich zu einem Schwerpunkt der
Steinkonservierungsforschung entwickeln.
3. Das Labor sieht seine Aufgabe in einer umfassenden natur-
wissenschaftlichen Betreuung der praktischen Denkmalpfle-
ge im gesamten süddeutschen Raum und soll in weiteren
Ausbaustufen, die seinem Einzugsgebiet Rechnung tragen,
personell und gerätemäßig so erweitert werden, daß die zwei
Forschungsschwerpunkte gezielt in zwei ineinandergreifen-
den Abteilungen betreut werden können.
4. Das Labor erhält einen Status, der es ermöglicht, die Ergeb-
nisse seiner praxisorientierten Forschung breitesten denk-
malpflegerisch arbeitenden Kreisen direkt zugänglich zu
machen.
5. Auf längere Frist ist eine Ausweitung der Forschungstätig-
keit auch auf die Restaurierungsgebiete Holz und Textil an-
zustreben, da bereits beide Bereiche in den Restaurierungs-
werkstätten am Landesamt für Denkmalpflege bestehen.
Die Hauptaufgabe des Zentrallabors liegt im Bereich der natur-
wissenschaftlichen Forschung. Dieses Ziel darf nie aus den Au-
gen verloren werden, denn sonst würde das Labor nur die in der
täglichen denkmalpflegerischen Praxis anfallenden Aufgaben
routinemäßig erledigen, was zwar notwendig ist, aber auftau-
chende Problemstellungen nicht mehr entsprechend hinterfra-
gen und erforschen.
Die Zielvorstellungen im Forschungsbereich Glaskonservierung
hat die zuständige Naturwissenschaftlerin Hannelore Mar-
schner zusammenfassend formuliert: «Das Zentrallabor wird
sich ab 1981 mit dem zweiten Arbeitsschwerpunkt Glasverwitte-
rung und Glaskonservierung befassen. Es sind weitergehende
wissenschaftliche Untersuchungen zum Ablauf der Zerstö-
rungsprozesse und zur Auswirkung der verschiedenen Umwelt-
schadstoffe auf die Beständigkeit der einzelnen Glassorten ge-
plant. Sie sind Voraussetzung für die Entwicklung wirkungs-
voller Konservierungsmaßnahmen.
Die Arbeiten im Zentrallabor werden systematische Untersu-
chungen der einzelnen Reinigungsmethoden auf das zukünftige
Verwitterungsverhalten der Gläser einschließen. Dazu gehören
mikroskopische und rasterelektronenmikroskopische Untersu-
chungen der Glasoberflächen und -querflächen, chemische Un-
tersuchungen der Glasoberflächen, Präzisionsmessungen der
Rauhigkeit der Glasoberflächen und exakte Farbmessungen der
Gläser vor und nach den einzelnen Reinigungsversuchen. Insbe-
sondere muß in Versuchsreihen geklärt werden, ob sich eine un-
vollständige Entfernung der porösen Verwitterungsschichten
beschleunigend auf den weiteren Zersetzungsprozeß der Gläser
auswirkt.

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