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Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege; Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Mitarb.]
Denkmalinventarisation in Bayern: Anfänge und Perspektiven — Arbeitshefte des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, Band 9: München: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege, 1981

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Petzet, Michael: Vorwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.63237#0007
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Vorwort
„Das Inventarisationswerk soll, wie durch Sorgfalt der Be-
arbeitung, so auch in Form, Anlage, Ausstattung und mög-
lichst niedrigem Preis derart gestaltet werden, daß es wei-
teste Verbreitung findet und so seinen schönsten Zweck er-
füllt, nämlich die Liebe und das Verständnis für die Denk-
mäler der Heimat zu wecken und zu erhalten und an der Er-
ziehung des Volkes zur Denkmalpflege in hervorragendem
Maße mitzuwirken”. Dieser Satz, mit dem die ersten Grund-
sätze von 1904 zur Inventarisation der Kunstdenkmäler in
Bayern zusammengefaßt werden, gewinnt neue Aktualität
durch den großen Erfolg des Reprint-Unternehmens, mit
dem der Verlag R. Oldenbourg die zum großen Teil vergriffe-
nen rund 100 Bände der vom Bayerischen Landesamt für
Denkmalpflege in den vergangenen Jahrzehnten erarbeite-
ten Reihe „Die Kunstdenkmäler von Bayern” wieder der Öf-
fentlichkeit erschließt.
Die eng mit der Person von Generalkonservator Georg Ha-
ger verbundenen Grundsätze, auf denen letztlich die führen-
de Stellung der bayerischen Kunstdenkmälerinventarisa-
tion beruht, stehen auch im Mittelpunkt des mit diesem Ar-
beitsheft vorgelegten Beitrags von Wolfram Lübbeke zur
Geschichte der bayerischen Inventarisation. Zugleich hat er
die von der Öffentlichkeit in den letzten Jahren viel beachte-
te Listenaktion nach dem bayerischen Denkmalschutzge-
setz von 1973 mit der Darstellung der immer wieder neuen
Ansätze zu listenmäßigen Erfassungen in den Jahren 1882,
1904 und 1908 in bisher kaum beachtete historische Zu-
sammenhänge gestellt. Mit der 1978 wenigstens im Ent-
wurf abgeschlossenen Listenaktion, für die seit 1972 zu-
nächst einmal die einem modernen Denkmalbegriff ent-
sprechenden Grundsätze erarbeitet werden mußten, hat
Bayern auch für die anderen deutschen Bundesländer Maß-
stäbe gesetzt. Die Ergebnisse der Listenaktion werden in
die inzwischen von der Kultusministerkonferenz beschlos-
sene Reihe „Denkmaltopographie Bundesrepublik
Deutschland” einzubringen sein, zu der die beiden 1978 er-
schienen Bände Schwabach und Fürstenfeldbruck der Rei-
he „Baudenkmäler in Bayern” als erste Versuche dieser Art
wesentliche Impulse geben konnten. Allerdings kann die
neue Denkmaltopographie, zu der jetzt auch von Nieder-
sachsen und Hessen erste Modelle vorgelegt wurden, in
Bayern nicht die zentrale Rolle spielen, wie in Bundeslän-
dern, die mit der Listenerfassung erst am Anfang stehen.
Bayern wird zwar die Grundsätze, wie sie für die Denkmal-
topographie unter Leitung von Tilmann Breuer von einer
Kommission der Vereinigung der Landesdenkmalpfleger er-
arbeitet wurden, auch in der Reihe „Baudenkmäler in Bay-
ern” nach Möglichkeit berücksichtigen, jedoch eine unkom-
plizierte Form wählen und in Verbindung mit einer reichen
Fotodokumentation die nötigen Kommentare zu den Listen
und Karten auf ein Minimum zu reduzieren versuchen.

Denn die zentrale Rolle sollte in den achtziger Jahren ei-
gentlich wieder die traditionelle Inventarisation spielen, die
sich ja auf Dauer nicht mit dem Erfolg des Reprint-Unter-
nehmens begnügen kann. Die Listenaktion hat in den ver-
gangenen Jahren alle Kräfte der Abteilung Inventarisation
beansprucht und obwohl inzwischen bei einer Gesamtzahl
von 108 987 Einzeldenkmälern (Zählung von 1977) immerhin
ca. 70000 Denkmaleigentümer benachrichtigt und von den
festgestellten Ensembles bereits 512 vom Landesdenkmal-
rat endgültig behandelt worden sind, wird es noch einige
Jahre dauern, bis die sehr ernst zu nehmenden Einwände
der Gemeinden im Rahmen eines sehr zeitraubenden Ver-
fahrens berücksichtigt worden sind. Seit dem Erscheinen
des Bandes Di Hingen im Jahr 1972 konnte unter diesen Um-
ständen kein einziger Band der Reihe „Die Kunstdenkmäler
von Bayern” mehr herausgebracht werden und nur an Bam-
berg (in mehreren Bänden) und Günzburg wird zurZeit gear-
beitet. Inzwischen kann jedoch die von Heinrich Kreisel
1957 begründete Reihe „Bayerische Kunstdenkmale” (Kurz-
inventare) als abgeschlossen gelten; vom Band Nürnberg
ist 1977 sogar eine revidierte 2. Auflage erschienen. Diese
Reihe hat ihren Zweck erfüllt, die „weißen Flecken” auf der
Landkarte der bayerischen Inventarisation vorläufig zu
schließen und auch für die Listenaktion entscheidende Vor-
arbeiten geleistet. Die 1972 begonnene Reihe der „Baual-
terspläne zur Stadtsanierung in Bayern” war in vornherein
nur als Hilfsmittel bei Stadtsanierungen nach Städtebau-
förderungsgesetz gedacht und muß zwar noch für Regens-
burg abgeschlossen werden (demnächst erscheint der
Band Regensburg IV), sollte jedoch auch angesichts der
stark rückläufigen Tendenzen im Bereich der Stadtsanie-
rungen dann nicht mehr weiter verfolgt werden.
In nicht allzu ferner Zeit kann sich also die Abteilung Inven-
tarisation des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege
wieder mehr und mehr auf ihre eigentliche Aufgabe konzen-
trieren. Dabei wird es nicht nur darum gehen, zu versuchen,
die noch vorhandenen Lücken der Reihe „Die Kunstdenk-
mäler von Bayern” in Mittelfranken (bisher 11 Bände), Ober-
franken (bisher 2 Bände) und Schwaben (bisher 8 Bände) zu
schließen, sondern auch in den übrigen Regierungsbezir-
ken, vor allem in Oberbayern, einen neuen Anfang zu ma-
chen. Dies aber kann nur nach Grundsätzen geschehen, die
ausgehend von den seit mehr als einem dreiviertel Jahrhun-
dert gültigen bayerischen Grundsätze neu überdacht wor-
den sind. In diesem Sinn werden hier die von Tilmann Breu-
er, dem Leiter der Abteilung Inventarisation, entworfenen
neuen Grundsätze einer Inventarisation von Kunst- und Ge-
schichtsdenkmälern in Bayern zur Diskussion gestellt. Die
Grundsätze versuchen zugleich, aus allgemeinen Überle-
gungen, welche dem Arbeitsheft einführend vorangestellt
sind, die Konsequenzen zu ziehen.
Michael Petzet

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